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Das verlorene Regiment 02 - Jenseits der Zeit

Das verlorene Regiment 02 - Jenseits der Zeit

Titel: Das verlorene Regiment 02 - Jenseits der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William R. Forstchen
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gelöscht, sodass es schien, als wäre sie nur von Geistern bewohnt.
    Wie kam es, dass das Vieh sich für ein solches Leben entschied, zusammengedrängt in stinkenden Hütten, versteckt hinter Mauern, im eigenen Gestank hockend? Die endlosen Steppen Waldennias boten eine solche Schönheit, wenn die sanft gewellten Hügel des Winters im Sonnenaufgang scharlachrot wurden, als stünde die Welt in Flammen, oder wenn sich die Dämmerung über die Lagerstätten legte und die Stimmen der Sänger zum immer währenden Himmel aufstiegen, sobald die ersten Lichter der Nacht am wolkenlosen Himmel sichtbar wurden. Wie konnte das Vieh nur so hausen, wo doch das Gras der riesigen fruchtbaren Ebenen von Constan so hoch aufragte, wie ein Pferd den Kopf trug, sodass es im Reiten den Anschein hatte, als schwämmen die Urnen mühelos durch grüne Wogen?
    Oder wenn eine Umkreisung sich dem Ende näherte und das Dach der Welt aus der endlosen Steppe aufragte, wenn Barkth Num, der Ort, wo die Geister der Ahnen die Welt berühren konnten, zum ersten Mal wieder sichtbar wurde, ein winziger weißer Splitter, der schon aus dem endlosen Grün aufragte, wenn es noch zehn Tagesritte bis dorthin waren.
    Wie konnte dieses Vieh nur leben, fragte sich Tamuka, ohne jemals all die Dinge erblickt zu haben, die er kannte? Seine Gedanken kehrten zu jenem Tag zurück, als er allein in die hohen heiligen Berge von Barkth geritten war – die jetzt wieder eine Viertelumkreisung vor ihm lagen –, wo die Feuer des Himmels zwischen den Gipfeln tanzten und die entblößten Felsenzähne der Welt zum Himmel hinaufstachen.
    Er lächelte beim Gedanken an die Furcht in seinem Herzen, damals, als er sich der heiligen Statte näherte, denn es war die Zeit seines Übergangs gewesen – jene Zeit, wenn alle, die auf der zurückliegenden Umkreisung geboren worden waren und schon Bogen und Lanze zu führen vermochten, jeder für sich auszogen, um dreißig Tage in den hohen Bergen zu verbringen, dort zu fasten und das Ka zu suchen, den inneren Geist des Kriegers. Lächelnd dachte er an die Nacht des Feuers am Himmel, als die Ahnen dort im Glänze ihres Ruhms einherritten, über den endlosen Himmel brausten, dass die Mähnen ihrer Rösser flatterten und tanzten und die Pfeilschäfte mit feurigem Lichtschein zur Welt hinabzuckten. In jener Nacht hatten sie ihm seinen Talisman geschenkt, als das Feuerlicht herabstürzte und die hohen eisbedeckten Berge in seinem Schein badete. Im Schein des Feuers stieg er in die Nacht hinauf und fand das noch warme Fragment des Ahnenpfeils.
    Er griff unter den Lederpanzer und betastete den kleinen Beutel aus gegerbter Viehhaut, in dem der Talisman steckte.
    Hulagar, der neben ihm saß, lächelte.
    »Denkst du an Barkth zurück?«
    Obwohl Tamuka fast eine Umkreisung jünger war als er selbst, betrachtete Hulagar den jungen Schildträger doch mit so etwas wie Ehrfurcht. Das Zeichen der Ahnen war ihm verliehen worden. Schon vor Tamukas zwölftem Geburtstag hatte man ihn zum Schildträger ernannt, in dem Jahr, als sie endlich wieder die hohen Berge erreichten, jene Stätte, wo den Sängern zufolge die Ahnen vor zehntausend Umkreisungen zum ersten Mal Waldennia betreten hatten.
    »In fünf Jahren sind wir wieder dort«, antwortete Tamuka lächelnd. »Es wird seltsam sein, es wiederzusehen, das Dach der Welt, den Ort der Ruhe.«
    »Ich habe oft dafür gebetet, dass ich ihn noch einmal erblicken darf«, sagte Hulagar, »damit ich vielleicht noch jene außergewöhnliche Ehre erfahre und meine Gebeine dort ruhen dürfen, statt verstreut im endlosen Grasmeer zu liegen.«
    »Hulagar, du redest Unsinn! Vielleicht auf der nächsten Umkreisung, wenn wir ein weiteres Mal zurückkehren und dein Pelz grau geworden ist, dann vielleicht.«
    »Unsere Welt wandelt sich«, seufzte Hulagar.
    »Der Krieg gegen die Bantag? Das geht vorüber«, entgegnete Tamuka. »So war es schon immer, aber es geht vorüber. Ja, es stimmt, dass sie uns derzeit schwer zusetzen. Mein Vater hat mir früher immer aus den Tagen seiner Jugend vorgesungen, als die Bantag von Gorgath, dem Großvater Jubadis, niedergerungen wurden und die Steppe rot war von ihrem Blut. So ist es von jeher. Eine Umkreisung zuvor waren es die Tugaren, die uns ebenfalls schwer zusetzten -sogar ich erinnere mich noch an unsere Niederlage bei Orki. Und jetzt sind die Tugaren nur noch Bettler.«
    »Das Vieh hat sie dazu gemacht«, wandte Hulagar ein. »Dort drüben, vor dieser Stadt, wurden sie vernichtet, und

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