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Das verlorene Regiment 02 - Jenseits der Zeit

Das verlorene Regiment 02 - Jenseits der Zeit

Titel: Das verlorene Regiment 02 - Jenseits der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William R. Forstchen
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dort ihre Bahn durch die Fluten. Ein Licht blitzte auf, gefolgt von einer ganzen Reihe solcher Blitze.
    »Was ist das für ein Licht?«
    »Reflexionen der Ruder. Sie wirken im richtigen Winkel fast wie Spiegel.«
    »Also sind es nur Galeeren.«
    »Ich denke, ich erkenne auch ein paar Spuren Rauch. Warten Sie eine Minute!«
    Andrew senkte das Fernglas. Er war richtig fertig. Inzwischen war er das ganze Ritual schon so gewöhnt, dass er sich nicht mal darum scherte, ob ihn jemand sah oder wo es passierte. Er fiel auf die Knie, beugte sich seitlich über den Rand des Geschützturms und achtete wenigstens noch darauf, nicht in die offenen Geschützluken zu kotzen. Schwer atmend rappelte er sich wieder auf.
    Bullfinch sah ihn traurig an.
    »Vielleicht legt es sich ja, sobald alles anfangt.«
    Vielleicht komme ich einfach um und es findet so ein Ende, dachte Andrew. Noch nie im Leben hatte er sich dermaßen elend gefühlt. Als er nach Gettysburg zwischen Leben und Tod schwebte, beschränkten sich die Schmerzen wenigstens auf Arm und Kopf und plagten nicht den Magen.
    »Wissen Sie, die Hölle kennt jetzt die richtige Folter für mich«, stöhnte Andrew. »Der Teufel setzt mich einfach in ein Boot.«
    »Wie läuft es?«
    Emil steckte den Kopf zur Luke heraus und musterte Andrew.
    »Das Übliche.«
    Emil hielt einen großen Becher hoch.
    »Keine Widerrede! Es ist Brühe – trinken Sie sie.«
    »Sie kommt doch nur wieder hoch.«
    »Verdammt, trinken Sie sie und versuchen Sie sie zu behalten! In ein paar Minuten brauchen Sie sie noch.«
    Zitternd nahm Andrew den Becher zur Hand und zwang sich, den Inhalt zu schlucken. Inzwischen wusste er, dass die Übelkeit ihn nach einem ihrer Siege mindestens für kurze Zeit in Ruhe ließ, ehe die Folter erneut einsetzte. Die warme Brühe wirkte beruhigend, und er schluckte sie.
    »Zumindest habe ich jetzt etwas, was ich wieder hervorkotzen kann«, keuchte er und gab Emil den Becher zurück.
    »Ich erkenne mit Bestimmtheit zwei Kanonenboote, Sir, die hinter den Galeeren fahren, sonst nichts. Die feindliche Flotte weicht zurück.«
    »Wo steckt der Rest ihrer Flotte?«
    »Hat er sie vielleicht in Suzdal zurückgelassen?«, überlegte Bullfinch.
    »Das bezweifle ich. Falls er wusste, dass wir kommen, hat er mit Sicherheit alles nach hier draußen abgezogen, um uns zu vernichten.«
    »Vielleicht kennen sie unsere Starke nicht«, überlegte Emil. »Jetzt, wo sie Bescheid wissen, fliehen sie.«
    »Schicken Sie Wassili herauf, Emil.«
    Der Doktor verschwand wieder aus der Luke. Augenblicke später kam der Russeemann heraufgeklettert, gefolgt von Emil.
    »Was liegt voraus, Wassili?«, erkundigte sich Andrew und deutete in Fahrtrichtung.
    Der junge Seemann schirmte die Augen ab und blickte an der Küste entlang.
    »Das Kap St. Gregori, Sir, liegt etwa vier Werst voraus. Wir nennen es so, weil die Felsspitze aussieht wie der Kopf des Heiligen. Das ist eine Tagesfahrt von Rus entfernt, zwanzig Werst hinter dem Strand, an dem Sie zuerst auftauchten. Sehen Sie, die feindlichen Schiffe verschwinden schon hinter dem Kap.«
    Andrew blickte hinüber, konnte jedoch nur hüpfende Punkte erkennen.
    »Auf der anderen Seite des Kaps.«
    »Ah, ein wundervoller Platz für Fische. Sogar die großen Wale findet man dort. Ein tiefer Ankerplatz jedoch, an drei Seiten von steilen Höhen umgeben.«
    »Eine Bucht?«
    »Ja, eine Bucht.«
    »Dort wartet er auf uns«, stellte Andrew gelassen fest. »Der Mistkerl lockt uns schnurstracks hinein, und dann schlägt er zu.«
    Mit abgeschirmten Augen blickte er wieder voraus. Ein leichter Beschlag aus Gischt und Schweiß trübte die Brille, und mit einem Fluch setzte er sie ab und reichte sie Emil. Das war auch so etwas, was er mit nur einer Hand nie richtig gemeistert hatte: die Kunst, selbst die Brille zu putzen. Die letzten Tage waren einfach zu demütigend gewesen, hatten ihn mit zu vielen Schwächen konfrontiert, die er anderen oder sich selbst lieber nicht eingestanden hätte.
    Emil wischte die Gläser sorgfältig ab und gab sie Andrew zurück. Diese Unterbrechung bot ihm Gelegenheit nachzudenken.
    Also spazieren wir gerade direkt in die Falle, die er für uns vorbereitet hat, dachte er. Bislang war Andrew stets bemüht gewesen, den Feind auf das eigene Gelände zu locken, die Bedingungen der Schlacht selbst festzulegen.
    Er wandte sich ab und nahm die eigene Flotte in Augenschein. Sechs Panzerschiffe folgten ihrem Kurs nahe der Küste in Abständen von jeweils knapp

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