Das verlorene Regiment 02 - Jenseits der Zeit
Arschloch möchte, dass du hinuntersteigst. Er möchte dir was zeigen.«
Tobias lief ein kalter Schauer über den Rücken.
»Den Teufel werde ich!«
»Ganz meine Meinung. Falls sie was haben, sollen sie es an Deck holen«, knurrte Jamie und bellte eine kurze Antwort.
Der Delegierte zuckte die Achseln, trat an die Luke und zog sie auf.
Nervös musterte Tobias seine Männer, die das Deck säumten.
»Richtet eure Musketen auf diese Luke!«, rief er und zog selbst den Revolver.
Die Delegierten wichen von der Luke zurück, als eine schattenhafte Gestalt das Halbdunkel dahinter ausfüllte. Wie ein Mann sanken sie alle auf die Knie.
Tobias holte zischend Luft.
Die Gestalt bückte sich; ihr Stachelhelm kam zum Vorschein, und dann richtete sie sich zu ihren vollen zwei Meter vierzig Körpergröße auf.
»Ein Tugare!«, zischte Tobias. Mit zitternder Hand spannte er den Revolver und brachte ihn zum Anschlag. Mit bleichem Gesicht wich Jamie zurück und ließ das Gold aus der Faust rieseln, sodass die Münzen übers Deck rasselten und einige von ihnen unbeachtet ins Meer rollten.
Die riesenhafte Gestalt starrte Tobias an und bleckte die gelben Zähne zu einem bösartigen Lächeln. Ihr Mantel aus Menschenhaut flatterte und wirbelte im zunehmenden Wind. Kohlschwarze Augen bedachten Tobias mit einem Raubvogelblick, kalt, nüchtern, arrogant.
»Du bist der abtrünnige Yankee Tobias?«
Tobias war so benommen, dass er keine Antwort hervorbrachte.
»Ein Tugare«, flüsterte er ungläubig.
»Merki! Die Tugaren sind Schwächlinge, die selbst für die Grube geeignet sind. Ich bin der Künder der Zeit für die Merkihorde und wurde geschickt, um dich aufzusuchen.«
Ungläubig wich Tobias weiter zurück, und der Revolver zitterte in seiner Hand. Der tief geduckte Jamie hob sein Entermesser, und der grinsende Künder musste lachen.
»Rufe deinen Hund zurück, Cromwell«, zischte der Künder auf Rus. »Es wird Zeit, dass wir verhandeln.«
»Mit einem Tugaren?«, flüsterte Tobias. »Den Teufel werde ich!«
»Merki!«, knurrte der Künder, aber dann wurde seine Miene weicher.
»Höre mich an, Cromwell von dem Schiff, das ohne Segel fahrt. Denn es geschah auf Befehl meines Qar Qarth, dass ich dich aufgesucht habe. Dass ich dich sogar auf diesem Meer aufgesucht habe. Vernimm jetzt die Worte von Jubadi Qar Qarth, dem Herrscher über die große mittlere Steppe, denn es ist sein Wille, dass ich dir eine Abmachung anbiete.«
»Eine Abmachung?«
»Nenne sie ein Bündnis«, antwortete der Künder, und ein Grinsen erhellte seine Züge.
»Gegen wen?«, wollte Tobias wissen, und Zuversicht kräftigte seine Stimme wieder.
»Es ist der Wunsch meines Qar Qarth, dass du sein Bundesgenosse wirst. Wir gewähren dir Verschonung von der Grube, und wir gewähren sie ebenso allen, die dir folgen, wie auch den Carthas. Wir haben schon einen Platz für dich in ihrer Stadt vorbereitet. Lehre uns und die Carthas eure Kampfesweise, Tobias Cromwell, und wir erheben dich und deine Gefolgsleute über alle anderen Menschen. Diene uns, und es wird sich ergeben, dass du im Namen der Merkihorde die Herrschaft über das Reich antrittst, das als Rus bekannt ist.«
Benommen senkte Admiral Tobias Cromwell langsam den Revolver und lächelte.
Kapitel 1
Colonel Andrew Lawrence Keane stieg aus dem Zug und sah sich mit einem beifälligen Lächeln um.
»Wir haben einen weiten Weg zurückgelegt, Colonel.«
Andrew warf einen Blick über die Schulter und lächelte Hans Schuder an, seinen alten Sergeant Major aus dem 35. Maine-Regiment und militärischen Oberbefehlshaber der Rus-Republik.
»Das haben wir, Hans, das haben wir wahrhaftig.«
Wie weit genau sind wir nun gekommen?, fragte er sich.
In jüngster Zeit hatte er festgestellt, dass seine Gedanken weniger häufig zur Erde zurückkehrten. Falls sich eine Chance zur Rückkehr eröffnete, wusste er, wie seine persönliche Entscheidung inzwischen ausfiele – und dieser Gedanke schenkte ihm eine tiefe Zufriedenheit. Der Sieg über die Tugaren lag jetzt fast anderthalb Jahre zurück -und welch tief greifenden Veränderungen hatten sie seitdem bewirkt! Und Gott sei Dank herrschte vor allem Frieden, der erste Frieden, den er in über fünf Jahren erlebte.
Er entfernte sich ein Stück weit vom Zug, schirmte die Augen vor dem roten Gleißen der Sonne ab und blickte nach Westen zurück. Obwohl er auf der Erde nie draußen im Westen gewesen war, stellte er sich vor, dass es dort so aussehen musste wie
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