Das Verlorene Symbol
lang am Leben sein«, sagte der Tätowierte. »Wenn Sie kooperieren, werde ich noch Zeit haben, Ihre Schwester zu retten. Wenn Sie sich widersetzen, wird sie hier sterben, ganz allein und im Dunkeln.«
Durch seinen Knebel stieß Peter einen unverständlichen Schrei aus.
»Ich weiß, ich weiß«, sagte der Tätowierte und legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Das fällt Ihnen schwer. Sollte es aber nicht. Schließlich ist es nicht das erste Mal, dass Sie einen Familienangehörigen im Stich lassen.« Er hielt inne, beugte sich herab und flüsterte ihm ins Ohr. »Ich meine natürlich die Episode im Gefängnis von Soganlik.«
Peter zerrte an seinen Fesseln und stieß einen weiteren Schrei aus, der von dem Knebel erstickt wurde.
»Aufhören!«, schrie Katherine.
»Ich erinnere mich sehr gut an damals«, höhnte der Mann. »Ich habe alles gehört. Der Gefängnisdirektor bot Ihnen an, Ihren Sohn freizulassen, aber Sie zogen es vor, Zachary eine Lektion zu erteilen – indem Sie ihn dortließen. Ihr Junge hat die Lektion gelernt, nicht wahr?« Der Mann lächelte. »Sein Verlust war mein Gewinn.«
Jetzt holte er ein Leinentuch hervor und stopfte es Katherine in den Mund. »Das Sterben sollte eine stille Angelegenheit sein.«
Peter wand sich heftig. Ohne ein weiteres Wort zog der Tätowierte den Rollstuhl langsam rückwärts aus dem Raum, um Peter einen langen, letzten Blick auf seine Schwester zu verschaffen.
Katherine und Peter sahen sich noch einmal in die Augen.
Dann verschwand er aus ihrem Blickfeld.
Katherine konnte sie auf der Rampe hören. Die Stahltür fiel zu, und es klickte im Schloss. Die Schritte näherten sich dem Gemälde der Drei Grazien. Kurz darauf hörte sie, wie ein Wagen angelassen wurde.
Dann war es still im Haus.
Katherine lag blutend im Dunkeln.
KAPITEL 108
Robert Langdon schwebte in einem endlosen Abgrund.
Kein Licht. Kein Geräusch. Kein Gefühl.
Nur unendliche, stille Leere.
Weichheit.
Gewichtslosigkeit.
Sein Körper hatte ihn verlassen. Er war aller Fesseln ledig.
Die physische Welt existierte nicht mehr. Die Zeit gab es nicht mehr.
Er war nun reines Bewusstsein … als körperlose Empfindung schwebte er in der Leere eines grenzenlosen Universums.
KAPITEL 109
Der modifizierte Black-Hawk-Hubschrauber zog tief über die weiten Hausdächer von Kalorama Heights hinweg und donnerte den Koordinaten entgegen, die er erhalten hatte. Den schwarzen Cadillac, der vor einem der Herrenhäuser quer auf dem Rasen parkte, entdeckte Agent Simkins als Erster. Das Tor vor der Einfahrt war geschlossen; das Haus lag dunkel und ruhig da. Sato gab Befehl zur Landung.
Hart setzte der Hubschrauber auf dem Rasen zwischen mehreren Fahrzeugen auf. Einer davon war der Wagen eines Wachdienstes mit einer Drehspiegelleuchte auf dem Dach.
Simkins und sein Team sprangen aus dem Helikopter und stürmten auf die Veranda. Als die Haustür sich als verschlossen erwies, spähte Simkins durch ein Fenster. Das Foyer war dunkel, doch der CIA-Agent machte den undeutlichen Umriss eines Körpers aus, der am Boden lag.
»Scheiße«, flüsterte er. »Das ist Hartmann.«
Einer seiner Leute packte einen Verandastuhl und zerschlug damit das Erkerfenster. Im Dröhnen des Hubschraubers hinter ihnen war das Klirren der zerspringenden Glasscheibe kaum zu hören. Sekunden später waren alle im Haus. Simkins eilte ins Foyer, kniete sich neben Hartmann und tastete nach dessen Puls. Nichts. Überall war Blut. Da erst sah er den Schraubenzieher, der aus Hartmanns Kehle ragte.
Oh, verdammt. Simkins sprang auf und bedeutete seinen Leuten, mit einer gründlichen Durchsuchung des Hauses zu beginnen.
Die Agenten schwärmten ins Erdgeschoss aus. Ihre Visierlaser durchschnitten die Dunkelheit. Im Wohnzimmer und im Arbeitszimmer fanden sie nichts; im Esszimmer jedoch entdeckten sie zu ihrem Erstaunen eine erwürgte Frau in der Uniform des Wachdienstes. Simkins gab jede Hoffnung auf, dass Robert Langdon und Katherine Solomon noch lebten. Der brutale Mörder hatte ihnen eine Falle gestellt, und wenn es ihm gelungen war, einen CIA-Agenten und eine bewaffnete Security-Mitarbeiterin zu töten, konnten zwei Wissenschaftler gegen diesen Killer erst recht keine Chance gehabt haben.
Als das Erdgeschoss gesichert war, schickte Simkins zwei Agenten in die obere Etage. Gleichzeitig entdeckte er in der Küche eine Kellertreppe und stieg sie hinunter. Am unteren Ende der Stufen schaltete er das Licht ein. Der Keller war groß und aufgeräumt; er
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