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Das Verlorene Symbol

Das Verlorene Symbol

Titel: Das Verlorene Symbol Kostenlos Bücher Online Lesen
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Stilelemente, weshalb es sich um eine typische normannische Burg aus dem England des 12. Jahrhunderts handeln muss.«
    »Ausgezeichnet«, entgegnete die gesichtslose Stimme. »Da kennt sich aber jemand mit Architektur aus.«
    Leises Ächzen ringsum.
    »Leider«, fuhr der Schatten fort, »haben Sie sich um fast fünftausend Kilometer und ein gutes halbes Jahrtausend vertan.«
    Alles im Saal spitzte die Ohren.
    Das nächste Dia zeigte ein farbiges, modernes Foto derselben Burg aus einem anderen Winkel. Die Burgtürme – errichtet aus Sandstein aus Seneca Creek – beherrschten den Vordergrund, doch im Hintergrund, erschreckend nahe, erhob sich majestätisch die weiße, säulengestützte Kuppel des Kapitols.
    »Moment mal«, rief das Mädchen aus. »Eine normannische Burg in Washington?«
    »Seit 1855«, sagte die Stimme. »Dem Jahr, in dem das nächste Foto aufgenommen wurde.«
    Ein neues Dia erschien – eine schwarzweiße Innenaufnahme, die einen großen, überwölbten Ballsaal zeigte, der mit Tierskeletten gefüllt war sowie Schaukästen mit naturgeschichtlichen Exponaten, Glasbehältern mit biologischen Präparaten, archäologischen Fundstücken und Gipsabdrücken prähistorischer Reptilien.
    »Diese außerordentliche Burg«, fuhr die Stimme fort, »war das erste echte Naturkundemuseum der Vereinigten Staaten, das Geschenk eines wohlhabenden britischen Wissenschaftlers, der wie unsere Vorväter daran glaubte, dass unser junger Staat zum Hort der Aufklärung werden könnte. Er vererbte unseren Vorvätern ein immenses Vermögen und verlangte im Gegenzug, dass im Herzen unserer Nation eine Einrichtung entstehen sollte, die ›der Vermehrung und Verbreitung von Wissen‹ diene.« Er machte eine dramatische Pause. »Wer kann mir den Namen dieses großzügigen Mannes nennen?«
    Eine zaghafte Stimme in einer der vorderen Reihen wagte zu äußern: »James Smithson?«
    Ein Flüstern des Wiedererkennens durchlief die Menge.
    »Ganz recht – Smithson«, sagte der Mann auf der Bühne, und Peter Solomon trat aus den Schatten ins Licht. Seine grauen Augen funkelten verschmitzt. »Guten Morgen. Mein Name ist Peter Solomon, und ich bin Vorsitzender der Smithsonian Institution.«
    Die Studenten applaudierten frenetisch.
    Auf seinem Platz in der letzten Reihe beobachtete Langdon voller Bewunderung, wie Peter die jungen Leute mit einer Diareise durch die frühen Jahre der Smithsonian Institution gefangen nahm. Die Führung begann mit dem Smithsonian Castle, den Labors in seinem Untergeschoss, Korridoren voller Ausstellungsstücke, einem Salon voller Mollusken und mit Forschern, die sich selbst die ›Kuratoren der Krustazeen‹ nannten. Er zeigte sogar ein Foto der beiden beliebtesten Bewohner der Burg – einem Paar längst verstorbener Eulen namens Diffusion und Increase, benannt nach englischen Wörtern für Verbreitung und Vermehrung. Die halbstündige Diashow endete mit einem beeindruckenden Satellitenfoto der National Mall, der Straße, die nun von den gewaltigen Museen der Smithsonian Institution gesäumt wurden.
    »Wie ich bereits zu Beginn sagte«, erklärte Solomon zum Abschluss, »betrachteten James Smithson und die Gründerväter die Vereinigten Staaten als Land der Aufklärung. Ich glaube, dass diese Männer heute stolz wären. Die großartige Smithsonian Institution erhebt sich im Herzen Amerikas als Symbol für Wissenschaft und Fortschritt, ein lebendiger, atmender und arbeitender Tribut an den Traum unserer Vorväter von Amerika – einem Land, das sich auf die Prinzipien von Bildung, Weisheit und Wissenschaft gründet.«
    Begleitet von einem Beifallssturm, stellte Solomon den Diaprojektor ab. Die Saalbeleuchtung wurde hochgefahren. Gleichzeitig hoben sich Dutzende Hände eifriger Fragesteller.
    Solomon rief einen rothaarigen Jungen in der Mitte auf.
    »Sie sagten, Sir«, meldete der Student sich zu Wort, »unsere Gründerväter seien vor der religiösen Unterdrückung in Europa geflohen, um auf der Grundlage des wissenschaftlichen Fortschritts ein Land aufzubauen.«
    »Das ist richtig.«
    »Aber … ich hatte den Eindruck, dass unsere Gründerväter fromme Männer gewesen wären, die Amerika als christliche Nation gründeten.«
    Solomon lächelte. »Meine Freunde, verstehen Sie mich nicht falsch. Unsere Gründerväter waren tiefreligiöse Männer, aber sie waren Deisten – Männer, die an Gott glaubten, aber auf eine universelle, offene Art. Das einzige religiöse Ideal, das sie verfochten, war die

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