Das Verlorene Symbol
Überrascht, mich zu sehen?« Sein Tonfall war gewinnend, strahlte zugleich aber Autorität aus.
Langdon eilte zu ihm und schüttelte ihm herzlich die Hand. »Was um alles in der Welt hat alter Yale-Adel vor Morgengrauen auf dem Crimson Campus verloren?«
»Eine verdeckte Operation hinter den feindlichen Linien«, sagte Solomon lachend. Er deutete auf Langdons Taille. »Die Bahnen zahlen sich aus. Du bist gut in Form.«
»Ich lege es nur darauf an, dass du dich alt fühlst«, neckte Langdon. »Ich freue mich riesig, dich zu sehen, Peter. Was gibt's denn?«
»Kurze Geschäftsreise.« Solomon blickte sich in dem leeren Seminarraum um. »Tut mir leid, dass ich einfach so hereinschneie, Robert, aber ich habe nur ein paar Minuten Zeit. Ich muss dich um etwas bitten … persönlich. Um einen Gefallen.«
Das ist das erste Mal. Langdon fragte sich, was ein einfacher College-Professor für den Mann, der alles hatte, überhaupt tun könnte. »Was immer du möchtest«, sagte er, erfreut, einmal etwas für den Mann tun zu können, der ihm schon so viel gegeben hatte, besonders als Peters glückliches Leben von einer Tragödie überschattet worden war.
Solomon senkte die Stimme. »Ich möchte dich bitten, auf etwas aufzupassen.«
Langdon verdrehte die Augen. »Nicht auf Herkules, hoffe ich.« Langdon hatte sich einmal bereit erklärt, Solomons siebzig Kilo schweren Mastiff zu hüten, wenn Peter auf Reisen war. In Langdons Wohnung hatte der Hund Sehnsucht nach seinem liebsten Lederspielzeug bekommen und einen würdigen Ersatz im Arbeitszimmer entdeckt – eine pergamentene, kalligrafierte und illuminierte Bibelhandschrift aus dem 17. Jahrhundert. ›Böser Hund‹ schien ihm nicht die adäquate Bezeichnung zu sein.
»Weißt du, ich suche noch immer nach einem Ersatz«, sagte Solomon und lächelte betreten.
»Vergiss es. Ich freue mich, dass Herkules Geschmack an der Religion gefunden hat.«
Solomon kicherte, wirkte jedoch abgelenkt. »Ich bin hier, Robert, weil ich dich bitten möchte, ein Auge auf etwas zu haben, das ziemlich wertvoll für mich ist. Ich habe es vor einiger Zeit geerbt, aber es behagt mir nicht mehr, es zu Hause oder im Büro zu lassen.«
Langdon war augenblicklich unwohl. In Peters Welt musste etwas ›ziemlich Wertvolles‹ ein Vermögen wert sein. »Wie wär's mit einem Bankschließfach?« Ist deine Familie nicht bei der Hälfte aller amerikanischen Banken Aktionär?
»Das würde jede Mange Papierkram bedeuten. Ein vertrauenswürdiger Freund ist mir lieber. Und ich weiß, du kannst schweigen wie ein Grab.« Solomon griff in seine Tasche, zog ein kleines Päckchen heraus und reichte es Langdon.
Angesichts der dramatischen Vorrede hatte Langdon etwas Eindrucksvolleres erwartet als eine würfelförmige Schachtel von drei Zoll Kantenlänge, eingeschlagen in verblichenes braunes Packpapier und verschnürt mit Bindfaden. Nach dem Gewicht und der Größe zu urteilen, musste der Inhalt aus Stein oder Metall sein. Das ist es? Langdon drehte die Schachtel hin und her und sah, dass der Bindfaden an einer Seite sorgfältig mit einem Wachssiegel gesichert war wie ein altes Edikt. Das Siegel trug einen doppelköpfigen Phönix mit einer ›33‹ auf der Brust – das traditionelle Symbol des höchsten Freimaurergrades.
»Ach so, Peter«, sagte Langdon, während sich ein schiefes Grinsen auf sein Gesicht stahl. »Du bist also der Meister vom Stuhl, nicht der Papst. Siegelst Päckchen mit deinem Ring, hm?«
Solomon blickte auf seinen goldenen Ring und lächelte. »Ich habe das Päckchen nicht versiegelt, Robert. Das war mein Urgroßvater. Vor fast einem Jahrhundert.«
Langdon hob ruckartig den Kopf. »Was?«
Solomon hielt den Ringfinger hoch. »Dieser Freimaurerring war seiner. Danach gehörte er meinem Großvater, dann meinem Vater … und schließlich mir.«
Langdon deutete auf das Päckchen. »Dein Urgroßvater hat das vor hundert Jahren eingepackt, und bis heute hat es niemand geöffnet?«
»So ist es.«
»Aber … warum nicht?«
Solomon lächelte. »Weil die Zeit noch nicht gekommen ist.«
Langdon starrte ihn an. »Die Zeit für was?«
»Robert, ich weiß, es klingt eigenartig, aber je weniger du weißt, desto besser. Leg es einfach an einen sicheren Platz und sag bitte keinem, dass ich es dir gegeben habe.«
Langdon suchte in den Augen seines Mentors nach einem schelmischen Funkeln. Solomon hatte einen Hang zum Dramatischen, und Langdon fragte sich, ob es nicht irgendeine clevere Masche seines
Weitere Kostenlose Bücher