Das Verlorene Symbol
nach vorn und hielt dem Wachmann den Ausweis hin, den er offenbar durch die Scheibe entgegengenommen hatte.
Der Wachmann legte den Ausweis auf den Scanner seines Systems. Auf dem Bildschirm erschienen die Führerscheindaten eines gewissen Dr. Christopher Abaddon aus Kalorama Heights. Das Foto zeigte einen attraktiven blonden Gentleman in blauem Blazer mit Krawatte und einem Einstecktuch aus Satin in der Brusttasche.
Wer zum Teufel geht mit einem Einstecktuch zur Führerscheinstelle?
Aus dem Lautsprecher des kleinen Fernsehers drang gedämpftes Jubeln, und der Wachmann drehte den Kopf gerade rechtzeitig, um zu sehen, wie ein Spieler der Redskins mit in die Luft gerecktem Finger vor Freude in der Endzone tanzte. »Und ich hab's nicht gesehen …«, murmelte der Wachmann missmutig, wobei er sich wieder zum Fenster wandte.
»Okay.« Er reichte dem Chauffeur den Führerschein. »Sie können passieren.«
Als die Stretchlimousine anfuhr, wandte der Wachmann sich wieder der Sportübertragung zu. Vielleicht gab es ja eine Wiederholung.
Mal'akh musste grinsen. Er saß am Steuer seiner Limousine und lenkte den Wagen über die Zufahrtsstraße zu Peter Solomons geheimem Museum. Es war bereits das zweite Mal innerhalb von vierundzwanzig Stunden, dass Mal'akh unbehelligt in eines von Solomons Privathäusern eindrang. Vergangene Nacht hatte er Solomons Wohnhaus einen ähnlichen Besuch abgestattet.
Obwohl Solomon einen prachtvollen Landsitz in Potomac besaß, verbrachte er einen Großteil seiner Zeit in seinem Penthouse-Apartment im obersten Stock des exklusiven Dorchester Arms. Das Gebäude war – wie die meisten Häuser der Superreichen – eine regelrechte Festung. Hohe Mauern. Bewachte Tore. Gästelisten. Gesicherte Parkplätze in der Tiefgarage.
Mal'akh war in genau dieser Limousine bis zum Wachhaus vorgefahren, hatte seine Chauffeursmütze gezogen und verkündet: »Ich bringe Dr. Christopher Abaddon. Er ist bei Mr. Peter Solomon eingeladen.« Er hatte die Worte ausgesprochen, als wäre Solomon der Duke of York.
Der Wachmann hatte einen Blick in ein Journal geworfen und dann auf Abaddons Ausweis geschaut. »Ja. Mr. Solomon erwartet Dr. Abaddon bereits.« Er drückte einen Knopf, und das Tor öffnete sich. »Sie finden Mr. Solomon im Penthouse-Apartment. Dr. Abaddon soll bitte den rechten Aufzug benutzen, der fährt bis ganz nach oben.«
»Danke sehr.« Mal'akh tippte sich an den Mützenschirm und fuhr durchs Tor.
Während er den Wagen die Rampe hinunter in die Tiefgarage lenkte, hielt er nach Sicherheitskameras Ausschau. Keine da. Anscheinend gehörten die Leute, die hier wohnten, entweder zu der Sorte, die nicht in Autos einbrach, oder zu der, die nicht gerne beobachtet wurde – oder beides.
Mal'akh parkte in einer dunklen Ecke in der Nähe der Aufzüge, ließ die Trennscheibe zwischen Fahrerabteil und Passagierabteil herunter und zwängte sich durch die schmale Öffnung in den hinteren Teil der Limousine, wo er seine Mütze abnahm und sich die blonde Perücke aufsetzte. Nach einem letzten prüfenden Blick in den Spiegel, um sich zu überzeugen, dass sein Make-up nicht verschmiert war, stieg er aus und zupfte sein Jackett zurecht. Mal'akh wollte keinerlei Risiko eingehen. Nicht an diesem Abend.
Dazu habe ich viel zu lange auf diesen Moment gewartet.
Sekunden später trat Mal'akh in den privaten Aufzug. Die Fahrt nach oben verlief glatt und lautlos. Als die Tür zur Seite glitt, fand er sich in einem eleganten privaten Foyer wieder. Sein Gastgeber erwartete ihn bereits.
»Dr. Abaddon. Willkommen.«
Mal'akh blickte in die grauen Augen seines Gegenübers und spürte, wie sein Puls sich beschleunigte. »Mr. Solomon, ich freue mich, dass Sie Zeit für mich haben.«
»Bitte sagen Sie Peter zu mir.«
Die beiden Männer schüttelten sich die Hände. Als Mal'akh die Hand des älteren Mannes ergriff, fiel sein Blick auf den goldenen Freimaurerring an Solomons Ringfinger. Es war die gleiche Hand, die einst eine Waffe auf Mal'akh gerichtet hatte. Eine Stimme aus Mal'akhs ferner Vergangenheit meldete sich. Wenn Sie abdrücken, werde ich Sie Ihr Leben lang verfolgen.
»Bitte kommen Sie näher«, sagte Solomon und führte seinen Gast in ein elegantes Wohnzimmer, dessen breite Fensterfront einen atemberaubenden Blick auf die Skyline von Washington bot.
»Rieche ich frisch aufgesetzten Tee?«, fragte Mal'akh beim Betreten des Zimmers.
Solomon schien beeindruckt. »Meine Eltern haben Gäste stets mit Tee begrüßt. Ich
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