Das Vermachtnis der Sternenbraut - Unter dem Weltenbaum 05
Mord verhindert hatte. Wie böse der
Mann ausgesehen hatte. Und wieviel mehr Teuflisches
von ihm ausgegangen war. Bei den Göttern, dachte sie,
das gleiche Böse habe ich verspürt, als sie damals kamen,
um meine Großmutter zu holen.
Die Bäuerin seufzte. Sie hatte Faraday nichts von dem
Vorfall erzählt, denn sie wollte sie nicht beunruhigen.
Wie erleichtert Frau Renkin sich gefühlt hatte, als sie
Arken endlich hinter sich ließen. Keine überfüllten
Markthallen mehr, in denen man ihrer Herrin auflauern
konnte. Nur noch frische Luft, klarer Himmel und die
Musik der Bäume.
Frau Renkin spähte hierhin und dorthin und gelangte
immer tiefer in das Tal hinein. Da drüben! Klauenblattminze. Sie hatte doch gewußt, daß sie sie hier finden
würde. In diesen Hügeln wuchsen Kräuter in Hülle und
Fülle. Wie schön, daß sie hier herumschlendern und sich
alles ganz genau ansehen konnte. Die Bäuerin richtete sich
auf und schaute sich um. Ein strahlender Ausdruck trat auf
ihr Gesicht. Der schlanke Weidenlieb. Der würde Faraday
sicher Linderung verschaffen, wenn sie einmal …
Ein wohlgezielter Stein traf Frau Renkin am Hinterkopf. Sie brach auf dem Boden zusammen und regte sich
nicht mehr. Acht Mönche sprangen aus ihren Verstecken
und liefen in großen Sprüngen die Abhänge des Berges
hinunter. Das Freudengeheul mußten sie sich versagen,
aber sie stießen voller Triumph die Fäuste in die Luft.
Sie hatten den Feind überwältigt!
Frau Renkin war nur betäubt, und das auch nicht
lange, aber ihr blieb dennoch nicht die Zeit aufzustehen.
Schon waren die acht Brüder über ihr, und die beiden
schwersten unter ihnen setzten sich der drallen Bäuerin
auf den Rücken.
Die Frau konnte nur noch röcheln, als einer ihr Gesicht auf den Boden drückte.
Faraday!
»Und was fangen wir jetzt mit ihr an?« fragte einer der
acht, als ihre Erregung über den Erfolg im Abklingen
begriffen war.
Sie dachten angestrengt nach, bis einer von ihnen den
rettenden Einfall hatte: »Wir warten, bis der Bruderführer
uns ruft.«
Faraday bemerkte Gilbert erst, als sie den letzten Setzling
aus dem Wagen nahm. Er stand auf der anderen Seite,
das Gesicht stark gerötet und verschwitzt, und in seinen
Augen stand der fanatische Blick eines Eiferers.
Der Bruderführer zischte, und Faraday fuhr erstaunt
einen Schritt zurück.
»Gilbert?« Die Edle konnte es kaum fassen. Sie hatte
den Mann seit ewigen Zeiten nicht mehr gesehen, seit …
Da mußte Bornheld noch gelebt haben, dessen war sie
sich sicher. Aber was führte den Bruder ausgerechnet
hierher? »Gilbert?«
»Hexe!«
»Aber Gilbert!« Sie klang nun doch etwas besorgt,
und ihr Blick huschte immer wieder zu dem letzten
Bäumchen auf dem Wagen. Faraday spürte selbst aus
dieser Entfernung, wie sehr es sich ängstigte.
»Was treibt Ihr da, Herrin?« fuhr der von Artor ernannte Bruderführer sie an, und Faraday erschrak vor
dem Abscheu in seiner Stimme. Und noch etwas anderes
ging von ihm aus …
Was soll ich nur tun? dachte die Edle verzweifelt.
Erwartete Gilbert etwa von ihr, daß sie ihm Sinn und
Zweck ihrer Arbeit darlege? Aber das konnte er doch
sehen. Und er mußte auch wissen, was sie damit bezweckte, schoß es ihr durch den Kopf, als ihr die
Warnungen vor Gilbert und Moryson wieder einfielen.
Faraday hatte Aschures Warnung vor den beiden schon
halb vergessen gehabt. Aber jetzt spürte sie, wie recht die
junge Frau mit ihren Worten gehabt hatte. Von diesem
Mann ging eindeutig Gefahr aus.
Wo blieb denn nur Frau Renkin? Sie drehte rasch den
Kopf zur Seite und spähte in die Hügel.
»Die Teufelin haben wir bereits ausgeschaltet«, erklärte ihr der Kirchenmann, und Faradays Kopf ruckte zu
ihm herum.
»Die Teufelin?« flüsterte sie fassungslos. Man hatte
sie bereits ausgeschaltet?
»Nun sind nur noch wir beide hier.« Gilbert lief um
den Wagen herum, und Faraday atmete erleichtert auf. Er
schien den letzten Schößling gar nicht bemerkt zu haben.
»Und damit ist der Zeitpunkt gekommen, wo Ihr sterben
müßt.«
Weniger die Wahl seiner Worte als vielmehr die Art,
wie er sie hervorstieß, versetzten die Edle in höchsten
Schrecken.
»Nein.« Faraday versuchte zu lächeln und wich vorsichtshalber einen Schritt zurück. »Gilbert, Ihr müßt
müde und hungrig sein. Das hat Euch sicher den Geist
ein wenig verwirrt. Warum laßt Ihr Euch nicht ein wenig
hier nieder und eßt mit uns?«
Gilbert näherte sich ihr langsam und unaufhaltsam.
»Eine Teuflin,
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