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Das Vermachtnis der Sternenbraut - Unter dem Weltenbaum 05

Das Vermachtnis der Sternenbraut - Unter dem Weltenbaum 05

Titel: Das Vermachtnis der Sternenbraut - Unter dem Weltenbaum 05 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglass Sara
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tückischen Eisschicht erkennen. Timozel musterte kurz
die Eisklippen, die hinter dem Strand aufragten und den
Blick auf das dahinter liegende Land versperrten. Dann
schaute er wieder Freund an.
    »Wir werden ausrutschen und uns die Knöchel brechen, ehe wir noch fünf Schritte getan haben, Freund.
Wißt Ihr genau, wohin Ihr mich führt?«
    »Aber sicher, mein lieber Junge«, antwortete der
Dunkle. »Ich weiß immer, wohin ich gehe.«
Sobald der Bootskiel über den Strand knirschte, erhob
sich der Dunkle, schob sich an Timozel vorbei und stieg
aus dem Kahn. »Da uns dieses getreue Gefährt über die
tückischen Wasser des Iskruel Ozeans getragen hat, bin
ich mir sicher, daß Eure Füße Euch auch über diese
Gestade tragen werden.«
Schon wieder Zauberei, dachte der Jüngling. Obwohl
ihm der Seneschall von Geburt an beigebracht hatte, jede
Art von Magie zu verabscheuen, dämmerte es Timozel
allmählich, daß die Zauberkünste der Unaussprechlichen
ebenfalls nur durch Magie aufgehoben werden konnten.
Vielleicht bewiesen das ja auch seine Visionen. Vorsichtig trat er auf den eisbedeckten Strand. Zu seiner
Überraschung fanden seine Stiefel festen und sicheren
Halt, genau so, wie Freund es vorausgesagt hatte. Nun,
welche Art von Magie Freund auch immer angewendet
haben mochte, um ihn an diesen entlegenen Ort zu
bringen, sie schien milde und harmlos zu sein. Vielleicht
war Zauberei nur dann böse, wenn sie von den Unaussprechlichen und ihrem Geschmeiß benutzt wurde.
Für eine Weile wanderten sie durch eine Schlucht,
deren Grund allmählich anstieg. Die Wände rückten
immer enger zusammen, je weiter sie vorankamen.
Timozel holte mit kurzen, angestrengten Stößen Luft,
und sein Atem gefror augenblicklich in der eisigen Luft.
Erst jetzt nahm er die Kälte wahr und wickelte sich fester
in seinen Umhang. Freund war ihm einige Schritte
voraus. Sein Umhang blähte sich auf, als er, anscheinend
unbeeindruckt von der Kälte, vorwärts eilte. So wie sein
Mantel zurückweht, ist er vollkommen ungeschützt,
dachte Timozel und bemühte sich, seine Schritte zu
beschleunigen. Er wollte den Fremden einholen und sein
Gesicht sehen.
Aber als Timozel nur noch einen Schritt von Freund
entfernt war, stieg der Boden vor ihnen jäh an, und
Timozel mußte sein Tempo verringern und beide
Hände zu Hilfe nehmen, um sich beim Klettern
festzuhalten. Der Himmel über ihren Köpfen verschwand fast völlig, als sich die Wände aus Eis
verengten. Nach kurzer Zeit stellte der Jüngling fest,
daß er fast senkrecht durch eine enge, eisige Kluft
kletterte. Über ihm lösten Freunds Stiefel eine ständige
Kaskade kleiner Felsbröckchen und Eissplitter aus, die
ihm ins Gesicht fielen, und hätte Timozel genug Atem
gehabt, so hätte er geflucht.
Irritierenderweise pfiff Freund ein kleines Liedchen
vor sich hin. Wo nimmt er denn die Luft dazu her? fragte
sich Timozel. Dann rutschte eine seiner Hände ab, so daß
er beinahe den Halt verlor. Sein Herz raste, und er fühlte
Schweiß über sein Gesicht strömen – wenn er jetzt die
Kluft hinunterstürzte, würde er auf den eisbedeckten
Felsen dort unten zu Tode kommen. Der Jüngling
knirschte mit den Zähnen. Wenn Freund so mühelos zu
klettern vermochte, dann konnte er es auch.
Als spüre er, daß Timozel seine Bemühungen verstärkte, rief ihm Freund beruhigend zu: »Wir sind fast da,
Timozel. Nur noch ein paar Minuten.«
Das habt Ihr bereits vor Stunden im Boot behauptet,
dachte Timozel.
Der Dunkle lachte fröhlich. »Zeit bedeutet mir wenig,
Timozel. Aber schaut nur, ich habe gleichwohl das Ende
dieses Eistunnels erreicht.«
Noch während er sprach, verschwanden Freunds
Stiefel über dem willkommenen Rand der Klippe, und im
nächsten Augenblick ergriff die Hand des Mannes
Timozel, und er ließ sich von ihm herausziehen.
»Seht Ihr sie?« rief der Dunkle. »Das ist die Eisfestung!«
Timozel blinzelte, kniff die Augen zusammen und
schaute sich um. Über ihm wölbte sich ein wolkenloser
Himmel, und die Strahlen der Sonne ließen den Schnee
so hell glitzern, daß der Jüngling beinahe geblendet
wurde. Sie standen auf einem flachen, schneebedeckten
Plateau, das sich von den Klippen aus, die den Iskruel
Ozean säumten, anscheinend endlos nach Norden und
Westen erstreckte.
»Die Eisfestung«, wiederholte Freund und wies Timozel die Richtung.
Im Osten, vielleicht zwei oder drei Meilen entfernt,
erhob sich die Eisfestung. Sie war aus Blöcken schieren
Eises

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