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Das Vermachtnis der Sternenbraut - Unter dem Weltenbaum 05

Das Vermachtnis der Sternenbraut - Unter dem Weltenbaum 05

Titel: Das Vermachtnis der Sternenbraut - Unter dem Weltenbaum 05 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglass Sara
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flüsterte sie, und der Händler folgte dem
Blick ihrer Augen und schaute über die Schulter. Zwei
der ikarischen Frauen, den Ringen an ihren Fingern und
ihren Macht ausstrahlenden Augen nach zu schließen,
Zauberinnen, beugten sich über das ihnen am nächsten
stehende Schaf und tauschten überraschte Rufe aus.
    »Habt Ihr bislang noch keine Vogelmenschen kennengelernt?« fragte Dewes, und mit vor Erstaunen großen
Augen schüttelte die Bäuerin den Kopf. »Nun, sollen wir
sie fragen, warum sie Eure … meine Schafe so faszinierend finden?«
    Ohne auf eine Antwort zu warten, ergriff Dewes die
Frau am Ellbogen und zog sie zu den beiden Ikarierinnen
hinüber. Die Frauen trugen Gewänder, welche die
exquisitesten Farben und die feinste Stoffart aufwiesen,
die die Bäuerin je gesehen hatte, und ihre Flügel und
Augen leuchteten in der schwachen Morgensonne wie
Juwelen.
Der Händler verneigte sich vor den beiden und stellte
sich und Bäuerin Renkin vor.
    Die Zauberinnen blieben stehen, und diejenige, die
ihnen am nächsten stand, lachte und streckte ihnen die
Hand entgegen. »Ich heiße Sternenschein, und dies ist
meine Begleiterin Bleichstern.« Die andere Ikarierin
nickte und lächelte, während die erste fortfuhr: »Und ich
entschuldige mich aus ganzem Herzen, wenn wir Eure
feinen Schafe durcheinandergebracht haben, Händler
Dewes und Bäuerin Renkin.«
    »Ich wundere mich nur, daß Ihr solch gewöhnlichen
Geschöpfen so viel Aufmerksamkeit entgegenbringt«,
entgegnete Symondus, während die Bäuerin keinen Ton
herausbrachte und fasziniert die Ikarierinnen anstarrte.
    Sternenschein schüttelte dem Mann die Hand. »Wir
saßen so lange in unserer Bergheimat fest, Händler
Dewes, daß Dinge, die Ihr für unbedeutend halten müßt,
Freude und Aufregung für uns bedeuten. Schafe sind uns
so gut wie unbekannt, und die Euren haben solch feine
elfenbeinfarbene Wolle, daß wir der Versuchung nicht
widerstehen konnten, sie zu berühren. Und ihre Augen,
von flüssiger Dunkelheit erfüllt, erinnern uns an unsere
Vettern, die Awaren.«
    »Die Awaren?« brachte Mutter Renkin endlich hervor.
»Wer sind die Awaren?« Sie errötete auf der Stelle vor
Verlegenheit, solch edlen Geschöpfen gegenüber einfach
so plump herausgeplatzt zu sein.
    Aber Sternenschein lächelte freundlich und ergriff die
Hand der Bäuerin. »Sie sind das Volk des Horns, Bäuerin
Renkin, und sie leben hoch im Norden in Awarinheim.
Eines Tages, wenn die Wälder neu angepflanzt sind,
werden sie nach Süden ziehen.« Die Zauberin hielt
verwirrt inne, runzelte leicht die Stirn und knetete die
Hand der Bäuerin sanft mit der ihren.
    Ihre Begleiterin musterte aufmerksam Sternenscheins
Miene, dann wandte sie sich jäh zu der Bäuerin um und
starrte sie an.
»Stimmt etwas nicht?« wollte Dewes wissen.
    Der Griff von Sternenscheins Hand wurde fester, aber
ihr Blick wanderte zu dem Händler, und sie lächelte den
Mann strahlend an. Ihr Gesicht erschien ihm so schön,
und ihre grünen Augen strahlten eine solche Macht aus,
daß er unwillkürlich einen Schritt zurücktrat. Musik,
leise wie ein Hauch, schwebte über die kleine Gruppe
hinweg.
    »Haben wir etwa Euer Geschäft mit Frau Renkin
gestört, Händler Dewes?«
»Äh, nein«, stammelte der. »Ich war gerade im Begriff, sie für ihre Schafe zu bezahlen, als Ihr Euch uns
nähertet.«
»Das fügt sich gut«, erklärte die Zauberin, »denn das
bedeutet, daß Frau Renkin jetzt ihrer Pflichten ledig ist.
Verhält es sich nicht so?« wandte sie sich an die Bäuerin.
Ganz bezaubert von den Ikarierinnen, konnte diese nur
nicken.
»Und so«, fuhr die Zauberin fort, »könntet Ihr Euch
doch mit Bleichstern und mir zusammenzusetzen und uns
Geschichten über Eure Schafe zu erzählen. Würde Euch
das gefallen, Frau Renkin?«
Wieder nickte die Bäuerin.
Sternenschein gab ihre Hand frei. »Dann sammelt
Euer Gepäck ein, Bäuerin Renkin. Sagt Euren Schafen
Lebewohl, und kommt mit uns und schenkt uns ein
wenig von Eurer Zeit.«
    So kam es, daß sich Mutter Renkin unter dem schützenden Vordach eines Speisehauses nahe dem Markt von
Tare beim Mittagessen mit den beiden ikarischen
Zauberinnen wiederfand. Die Vogelfrauen knabberten
zierlich an den Speisen, die der Gastwirt ihnen serviert
hatte. Die Bäuerin starrte die beiden die ganze Zeit an,
während ihr eigenes Essen unberührt blieb.
    Sternenschein und Bleichstern aßen eine Weile
schweigend und ohne ein Wort zu sagen, aber sie teilten

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