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Das Vermächtnis

Das Vermächtnis

Titel: Das Vermächtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathryn Lasky
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spürte einen kleinen Stich im Magen, aber ich wollte ihn immer noch abwimmeln. „Das hier habe ich von niemandem gelernt“, entgegnete ich und deutete auf das Feuer.
    „Das ist ja wohl keine Antwort“, erwiderte er. Es klang nicht überheblich, sondern nur tief enttäuscht. Er schaute mich mit seinen gelbbraunen Augen bekümmert an. Dieser Blick brach meinen Widerstand.
    „Na schön“, sagte ich seufzend. „Meinetwegen kannst du als mein Gehilfe arbeiten. Aber es gibt da ein paar Regeln, an die du dich halten musst.“
    „Ich mache alles, was du willst. Versprochen!“ Vor lauter Freude und Aufregung flatterte er mindestens drei Mal in die Höhe und landete wieder. „Ich werde ein fleißiger, gehorsamer Gehilfe sein.“
    „Das will ich dir auch geraten haben. Erste Regel: Während deiner Lehrzeit ist es dir strengstens untersagt, die Insel zu verlassen.“
    Er nickte.
    „Zweitens: Du beschäftigst dich mit Feuer und mit nichts anderem. Verstanden?“
    „Womit könnte ich mich denn sonst noch beschäftigen?“
    Ich traute meinen Ohren nicht. Diese Dreistigkeit!
    „Die zweite Regel bedeutet, dass du deinen Schnabel nicht in Dinge zu stecken hast, die dich nichts angehen.“
    „Sprichst du vielleicht von dem Ei?“
    Es verschlug mir die Sprache. „Das Ei?“, fragte ich, als ich mich wieder erholt hatte. „Du weißt von dem Ei?“
    Er blickte zu Boden und scharrte verlegen mit den Füßen. „Na ja … ich habe gesehen, wie du Moos gesammelt hast. Da dachte ich mir, dass du vielleicht ein Schneddenfyrr baust.“
    Ich hätte ihn am liebsten gefragt, wie lange er mich schon beobachtete. Aber womöglich hätte er geantwortet: „Ach, schon zehn, zwölf Tage“, und sich über mich lustig gemacht, weil ich nichts gemerkt hatte. Diese Genugtuung gönnte ich ihm nicht. Darum hüstelte ich nur und erwiderte: „So, so. Ich hüte das Nest nur für ein befreundetes Paar, das sich nicht selbst um sein Gelege kümmern kann. Die beiden nehmen an einer Schlacht teil.“
    „Dabei fällt mir etwas ein“, entgegnete er unvermittelt.
    „Was denn?“, fragte ich.
    „Ich kämpfe nicht.“
    Ich blinzelte verdutzt.
    „Ich bin magenstörrisch“, fuhr er fort. „Ich glaube nicht, dass Krieg eine Lösung ist. Es gibt andere Mittel und Wege, seine Streitigkeiten beizulegen. An Zauberei glaube ich übrigens auch nicht.“
    „Bist du etwa ein Glaux-Bruder?“
    „Wäre ich gern. Aber die Brüder sind der Meinung, dass ich noch nicht so weit bin.“
    „Warum hast du sie nicht überredet, dich trotzdem schon mal aufzunehmen?“ Dann müsste ich mich jetzt nicht mit dir herumärgern! , hätte ich ihn beinahe angefahren.
    „Das ist schwer zu erklären. Glauben kann man nicht erzwingen.“
    „Ich glaub’s nicht!“
    „Was denn?“
    „Das ist schwer zu erklären. Du bist wohl nie um Worte verlegen, was, Theo?“
    Er ließ sich nicht ablenken. „Wie lauten denn die anderen Regeln?“
    „Es gibt nur diese beiden. Ansonsten lege ich Wert auf Ordnung und Sauberkeit. Such dir eine eigene Höhle.“
    „Vielen, vielen Dank noch mal! Ich werde der beste Gehilfe sein, den du je hattest.“
    „Ich hatte noch nie einen.“
    „Dann können wir ja beide etwas lernen. Ich als Gehilfe und du als Lehrer. Und wenn du mal jemanden brauchst, der beim Brüten einspringt, kannst du mich jederzeit fragen.“
    Ich funkelte ihn ärgerlich an. „Ich habe dir doch schon gesagt, dass dich das Ei nichts angeht! Ich bringe dir etwas über Feuer und über Metalle bei, und damit Schluss.“
    „Verstanden. Ich freue mich schon aufs Lernen!“
    Er lernte tatsächlich schnell. Wir legten die rötlichen Steine ins Feuer. Das Metall, das sie enthielten, war härter als alle Metalle, die in den Hinterlanden vorkamen. Theo beherrschte bald die Kunst, daraus tödliche Waffen herzustellen, deren Klingen es mit jedem Eisdolch aufnehmen konnten.
    Irgendwann ersetzte ich dann das zungenbrecherische „smiouden“ durch ein Wort, das ich besser aussprechen konnte, nämlich „schmieden“. Ausgerechnet der Kriegsverweigerer Theo wurde der erste Waffenschmied, so wie ich selbst der erste Glutsammler war.

Die letzten Bilder, die mir das Feuer von Siv gezeigt hatte, waren so schrecklich gewesen, dass ich mich nicht mehr getraut hatte nachzuforschen, was aus ihr geworden war. Später vertraute sie mir an, dass sie beim Anblick der Hägsdämonen plötzlich Angst bekommen hatte selbst zur Dämonin zu werden.
    Das gelbe Licht hatte sie in seinen Bann geschlagen.

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