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Das Vermaechtnis

Das Vermaechtnis

Titel: Das Vermaechtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angela Scherer-Kern
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lachte Burgon-Amenophis III erleichtert, denn er merkte, dass er leicht übertrieben hatte mit seiner Reaktion. Dennoch blieb diese Ahnung, eine ständig ihn begleitende Angst, er könne ihn verlieren…
    „Wo fange ich da am besten an? Beim Nil. Du weißt, der Nil hat regelmäßig seine Überschwemmungen. Der wunderbare Nil mit seinem Papyrusdickicht an seinen Ufern und den Wasserflächen voller weißer und blauer Lotusblüten. Der Nil ist das wichtigste für die Menschen in Tameri neben dem Sonnengott Re, Amun-Re, ja und auch Aton . Die Überschwemmungen sind wichtig für unser aller Überleben, denn ohne sie können wir nicht säen, nicht ernten, unser Essen ist nicht gesichert und Zeiten des Hungers können kommen.
    Die Zeit der Überschwemmung oder auch Achet ist ein Segen für unser Land, jedes Jahr aufs Neue. Nach den Überschwemmungen bleibt der fruchtbare Schlamm auf dem Land liegen und wir können beginnen zu säen, also die Zeit des Aussaat und des Sprießens oder Peret folgt. Darauf folgt die Zeit der Hitze und der Ernte oder auch Schemu . Jahr für Jahr in diesem Rhythmus. Priester erkannten diese jährliche Wiederkehr und fanden Zeiteinteilungen, damit wir genauer wussten, wann wir was zu erwarten haben. Um von dem Hochwasser nicht überrascht zu werden, entwickelten die Priester einen Kalender. Den Zeitpunkt, wann die Nilüberschwemmung sich ankündigt, erkannten die Priester zum Beispiel im Zusammenhang mit dem Stern Sirius , denn in die Zeit, dass man ihn das erste Mal nach 70 Tagen wieder am Morgenhimmel erblickt, fällt ungefähr die Nilüberschwemmung.
    Neben der Sicherung unserer Nahrung für das kommende Jahr, vor allem des Getreidevorrats, ist das Wissen um die zeitliche Einteilung auch wichtig für unsere baulichen Tätigkeiten. Denn die Monate, an denen die Menschen nicht auf ihren Feldern arbeiten können, können wir sie für unsere großen Tempelbauten und Bauten an den Grabanlagen einsetzen oder was auch immer die Götter uns in Auftrag geben.
    Wir haben speziell ausgebildete Priester, die durch das Führen von Sternenlisten, übrigens schon seit vielen Jahren, genau berechnen können, wann welche Zeit ist, und auch welcher Tag und welche Stunde. Bei Tag ist es auch uns möglich, durch den Stand der Sonne die Zeit in etwa zu bestimmen, doch bei Nacht können es nur die sternkundigen Priester. Wir nennen diese auch Stundenpriester, denn sie sitzen des Nachts auf dem Dach des Tempels und versuchen, die zwölf Nachtstunden festzulegen. Die Sterne, die wir das ganze Jahr über sehen können, nennen sie die Unvergänglichen .“
    „Das können sie einfach so, wenn sie in den Himmel schauen?“, fragte Gimra-Thutmosis ungläubig. Seine Wangen waren schon wieder rosig durchblutet.
    „Nein, dazu haben sie noch ein ganz spezielles Werkzeug, ein Gnomon . Das Gnomon setzt sich aus einem Lineal mit rechtem Winkel, an welchem ein Lot befestigt ist und einem Visierstab mit Schlitzvisier zusammen. Dieses Werkzeug richtig angewendet, können sie die genaue Stunde bestimmen. Wenn du möchtest, kann dir Rosuran-Eje ein solches Werkzeug einmal zeigen!“
    Natürlich wollte der junge Sohn des Pharao das gern, am liebsten sofort. In diesem Moment kam Rosuran-Eje zurück, ohne den Arzt. Er warf sich, alsbald er vor den beiden Hoheiten angelangt war, vor ihnen auf den Boden und sprach, mit dem Gesicht zum Boden gewandt:
    „Ich bin untröstlich, großer Pharao, doch den Arzt habe ich um weniger als eine halbe Stunde verpasst. Ich habe nach ihm schicken lassen, auf dass er auf das Schnellste zum königlichen Sohn kommen mag. Wie geht es euch, lieber Gimra-Thutmosis , die lebendige Farbe eures Gesichts ist zurückgekehrt. Eure Augen flackern vor Aufregung und Freude. Es ist schön, euch so zu sehen. Oh bin ich froh! Oder trügt der kurze Anblick, den ich von euch soeben erhaschen durfte, sodass ich Peitschenhiebe dafür bekommen muss, dass ich den königlichen Arzt nicht antraf.
    Glaubt mir, ich rannte, so schnell ich konnte, fast einer Antilope gleich. Gekämpft hätte ich wie ein Löwe, wenn es hätte sein sollen…“
    „So erhebe dich Rosuran-Eje , es geht Gimra-Thusmosis deutlich besser. Er hatte sich wohl in seinem kindlichen Leichtsinn zu sehr verausgabt. In seinem Kopf schwirrte wieder ein ganzer Schwarm Fragen herum, die ihn schneller vorwärts trieben, als seine kindlichen Beine ihn zu tragen vermochten und ihm keine Ruhe gönnten oder, wie er so schön sagt, er könne nicht aufhören zu denken.

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