Das Vermaechtnis
Prozessionen.
Da es nicht lebensbedrohlich ist, so würde ich gern die Tage des Neujahrsfestes noch hier verbringen und werde sofort nach dem Ende des Festes zu ihm kommen. Dann hat auch er seine Pflichten als König für diese Zeit erfüllt und wir haben etwas mehr Ruhe, gemeinsam nach der Ursache zu suchen. Wenn er allerdings sofort meiner Hilfe bedarf, dann werde ich auch sofort kommen. Bitte richte ihm auch das aus, es ist wichtig, dass er das weiß. Nebukadnezar , mögen die Götter sein Leben so lange verlängern wie es ihnen möglich ist!“
„Ja, mögen die Götter Nebukadnezars Leben so lange verlängern, wie es ihnen möglich ist!“
Damit verabschiedet er sich und geht mit einem Beutel mit mehreren kleinen gefüllten Tongefäßen zurück zum Palast.
Auf dem Markt ist viel los, obwohl doch viele der Bürger beim Neujahrsfest sind und zuschauen. Wahrscheinlich denken sich das viele und erhoffen einen gemütlichen Einkauf auf dem Markt. Nun, ganz so eng, wie sonst üblich, ist es tatsächlich nicht, wenn nicht gerade Nomaden ihre Ziegen- oder Schafsherden über den Markt treiben, von denen sich die meisten Stadtbewohner mit rümpfender Nase abwenden. Solche sind in ihren Augen gottlos, denn sie leben in Zelten, nehmen keine Opferrituale vor, essen rohes Fleisch und begraben ihre Toten nicht ordentlich. Außerdem sehen sie wild aus. Sie wiederum sagen, sie wären betrübt, wenn sie in einem Haus leben müssten und nicht frei atmen könnten.
So kann man eine Weile seinen Blick schweifen lassen, über die bunten Marktbesucher, hin und wieder zu seinen Nachbarn oder den gegenüber liegenden Ständen.
Alle Händler sind emsig beschäftigt zu verkaufen. Elieanor-Adda-Guppi schaut nach nebenan:
„Wo ist Gimra , deine Frau“, ruft sie zum Nachbar, der damit beschäftigt ist, neue Krüge auszupacken. Das ist das erste Mal, dass sie sieht, dass auch er einmal etwas tut. Ansonsten ist er entweder gar nicht da; wo er dann ist, das kann sie sich denken, denn er ist bekannt bei den schönen Mädchen, die ihre Körper den Männern freigeben. Oder er sitzt einfach da und schaut den jungen Blumen hinterher, während seine Frau arbeitet wie eine Sklavin. Je mehr er schaut, desto schneller dreht sich ihre Töpferscheibe. Es ist schwer, dies mit anzusehen, doch es ist ihr Leben. Die Götter wollen nicht, dass man sich überall einmischt.
„Sie ist im Haus und bereitet das Essen vor.“
Schnell schaut er wieder weg, denn er weiß genau, was sie denkt. Bei ihrem Blick fühlt der Schamlose doch tatsächlich so etwas wie Schuld. Das hält aber nicht lange an. Sie schaut lieber weg.
Da erblickt sie den Propheten Salana-Daniel, der langsam und nachdenklich wie immer über den Markt schlendert. Seine Gedanken und seine Fragen um alles scheinen für viele etwas sonderbar, doch er ist stets freundlichen Gemüts und daher stört er niemanden.
Er kam als junger Mann aus Jerusalem ins babylonische Exil. Da Nebukadnezar Menschen wie ihn sehr schätzt, ließ er ihn mit seinen drei Freunden im Palast wohnen. Salana-Daniel durfte dort eine Ausbildung als Diener im Königspalast genießen. Sie lebten sich schnell ein, doch einige Besonderheiten behielten sie sich bei. Das heißt, sie durften sie beibehalten, denn Nebukadnezar ließ alle frei walten, solange dieses sich innerhalb der Gesetze Babylons befand. Das wiederum galt schließlich für alle Bewohner Babylons .
So ließ und lässt Salana-Daniel nicht nach in seinem Eifer, die Judäer in Babylon an ihren Glauben und an Jehovah zu erinnern und ihre innere Gemeinschaft zu fördern. Sie neigen sehr schnell dazu, sich mit den Bewohnern Babylons zu vermischen, auf dass man wahrscheinlich ihre eigene Kultur irgendwann nicht mehr erkennen würde. Durch Salana-Daniel jedoch werden sie stets erinnert, dass sie die Kinder Jehovahs sind, und sie erhalten sich ihren Kult um ihren Gott auch in der Fremde. Höchstwahrscheinlich leben sie ihren eigenen Gottes-Kult in Babylon noch viel intensiver, als sie ihn in Jerusalem je gelebt hatten. Sie verstoßen nicht gegen die Gesetze der Stadt Babylon und auch nicht gegen die Gesetze Marduks .
Sie sind allerdings ein Dorn im Auge Rosuran-Amel-Marduks , dem Hohepriester von Äsagila , Marduks Tempel. Es ist einer der vielen ewigen Streitpunkte mit seinem Vater König Nebukadnezar , denn er will die in seinen Augen Ungläubigen aus der Stadt haben oder sie alle mehr und härter knechten. Dabei ist der Tempel sehr in Handelsbeziehungen mit
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