Das Vermaechtnis
vielen von ihnen verflochten, das vergisst er gerne immer wieder in seinem Eifer. Sein Vater erinnert ihn stets daran, dass sie eben indirekt für Marduk arbeiten mit ihrem großen Talent, Handel zu betreiben, und somit einem erheblichen Teil zu den Steuern beitragen. Über diese Steuern fällt wiederum viel Silber an den Tempel Marduks und für Erneuerungen und Wiederaufbauten vieler alter Tempel in Babylon .
Dagegen kann Rosuran-Amel-Marduk nichts einwenden, ist er doch einer der größten Nutznießer dieses Systems. So lässt er es meistens auf sich beruhen, bis zum nächsten Wutanfall, wenn ein Judäer mit im Spiele ist.
Den etwas sonderbaren Propheten Salana-Daniel mögen viele Babylonier , denn es redet sich gut mit ihm. Er wechselt gern hier und da ein paar Worte, während er in Gedanken versonnen durch die Straßen Babylons zieht.
„Prophet Salana-Daniel , wie schön dich zu sehen“, begrüßt Elieanor-Adda-Guppi den älteren Mann mit einem langen, grauen Bart und langen, grauen und zu einem Zopf gebundenen Haaren.
„ Elieanor-Adda-Guppi , mögen all die Götter, die wir kennen, dein Leben verlängern“, grüßt er sie freundlich und unverfänglich zurück.
„In der Stadt ist zu viel los durch das Neujahrsfest. So dachte ich, ich geh ein wenig durch die Straßen des Außenbezirks und vergaß, dass der Markt in diesen Tagen an dieses Tor verlegt wurde. Aber so ist es auch schön. Den guten alten Tanobakt werde ich auch gleich begrüßen, er ist gerade in Verkaufsverhandlungen mit der Köchin des Palastes. Zu dir wollte ich auch. Außerdem duftet es bei dir immer so gut nach Weihrauch, den auch wir im Tempel und beim Gebet verwenden. Hier bei dir erinnert mich der Geruch ganz besonders an unseren großen Tempel in Jerusalem .“
Er nimmt ein paar tiefe wohlige Atemzüge. Elieanor-Adda-Guppi muss lachen:
„ Salana-Daniel , großer Prophet, die ganze Stadt duftet doch in diesen Tagen besonders nach Weihrauch und köstlichen Düften, nicht nur bei mir! Aber es freut mich, es ist auch ein besonders guter Weihrauch, aus dem fernen Indien.
Was verschafft mir die Ehre deines Besuches, großer Prophet?“ Sie lächelt neugierig, doch ahnt sie schon wie zuvor, um welches Thema es sich handelt.
„Bitte, geschätzte Elieanor-Adda-Guppi , es ist zwar eine große Ehre für mich, dass du mich einen großen Propheten nennst, doch will ich erst 100 Jahre sein, und bis dahin rechtschaffen im Dienste Jehovahs gestanden haben, um allein diese Bezeichnung zu verdienen“, sagt Prophet Salana-Daniel bescheiden.
„Ich erinnere mich noch, wie der gute alte Prophet Hesekiel , als ihr noch vor nicht allzu langer Zeit zu seinen Lebzeiten zusammen durch die Straßen gewandelt seid, stets zu sagen pflegte, du seiest ein Musterbeispiel an Gerechtigkeit und Weisheit. Soweit ich etwas in der Zukunft lesen kann, wird dies dein Leben lang anhalten. Für mich bist du auch jetzt ein großer Prophet, egal, wie weit du in die Zukunft sehen kannst und egal, ob du deine Botschaften direkt von Gott, wie auch bei Prophet Hesekiel geschehen, oder über die Boten Gottes vermittelt bekommst. Ihr sagt doch, Engel übermitteln die Botschaften eures Gottes Jehovah an besondere auserwählte Menschen, so wie du. Deine Worte sind stets bedacht und klug.
Wenn ich dich so benenne, dann steht hierin nur meine große Wertschätzung deiner Worte. Es sind immer wieder Gedanken dabei, über die ich lange nachdenke, und den einen oder anderen beziehe ich mit ein in mein Leben. Das widerspricht nicht meinem Glauben an den großen Mondgott Sin und auch nicht an unseren Herren Marduk , dessen Kult ja mancherorts recht extrem betrieben wird!“, spricht sie vermittelnd zu dem Propheten.
„Danke, gute Elieanor-Adda-Guppi . Ja, die Zeit mit Hesekiel war für mich eine sehr reifende Zeit, denn vieles von unserem Gott Jehovah habe ich durch ihn erfahren. Ich war jung, als ich in diese Stadt kam, und verwirrt durch den Zorn Jehovahs über uns, seinem eigenen auserwählten Volk. Dagegen diese überaus gastliche Aufnahme in eine Stadt, in der wir eigentlich Gefangene waren. Doch über Hesekiel fand ich zu dem Glauben zurück. Ich halte es auch so wie du: Die Nähe zu anderen Glaubensrichtungen mit anderen Göttern lässt einen stets aufs Neue über den eigenen Glauben nachdenken. Es bestätigt sich dadurch so manches, doch ergänzt es auch vieles.
Daher spreche ich so gern mit den Bürgern dieser Stadt, da sie sehr offen sind und sich nicht angegriffen
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