Das Vermaechtnis
begleitet Tanobakt , während dieser weitererzählt.
Er erzählt, dass der kluge Ea die Absichten von Apzu erkannte. Als keiner der anderen Götter etwas unternehmen wollte, schritt er zur Tat und tötete Apzu. Auf Apzu schlug Ea zusammen mit seiner Gemahlin Damkina seinen neuen Wohnsitz auf. Schließlich zeugte der Allwissende Ea mit Damkina den Herrn Marduk. Marduk wurde also im Schoß des reinen Apzu geboren und er wurde an den Brüsten der Göttinnen gestillt. Er war von glanzvoller Gestalt und bereits von Geburt an erwachsen. Anu, sein Großvater, war über dessen herausragende Göttlichkeit so erfreut, dass er ihm sogar doppelte Kräfte verlieh.
Vierfach war fortan sein Gehör, vierfach sein Blick auf dass er mit seinen Augen alles erkennen konnte. Vierfach war auch sein Verständnis. Aus seinen Lippen kam Feuer. Er erstrahlte in dem Glanz von zehn Göttern und war größer, als je ein Gott gewesen war. Seine Stärke wuchs noch mehr durch die Kraft der vier Winde. Und mit der Kraft des Sturmes ließen sie Tiâmat aufwirbeln.
Das störte natürlich Tiâmat und die Götter, die mit ihr wohnten. Diese wiegelten sie gegen die Unruhestifter auf. Sie brachten sie soweit, dass sie sich rächen wollte, dass sie seit Apzus Tod allein leben musste. Also schufen sie furchterregende Ungeheuer mit entsetzlichen Waffen: Schlangen, Drachen, Hunde, Löwen, Skorpionmenschen, Vipern, Sphinx und andere Kreaturen, elf Sorten an der Zahl. Dieses Heer sollte gegen die anderen Götter kämpfen. Tiâmat vertraute die Führung Kingu an und verkündete in der Ratsversammlung, dass er als ihr Gemahl höchstes Gehör finden sollte, über alle Anunnaki, denn seine Worte richteten sich nach den Schicksalstafeln. Somit besaß Kingu die höchste Anuschaft und bestimmte über alles und alle.
Ea kam aber zu Ohren, dass Tiâmat Streit suchte…
Plötzlich werden sie von verzweifelten Rufen von Gimras Mann gestört.
„ Elieanor-Adda-Guppi ! Komm schnell, bitte… Gimra … Gimra geht es sehr schlecht, sie sagt nichts mehr! Bitte komm schnell!“
Alle starren ihn an wie versteinert, Elieanor-Adda-Guppi , die sich leise zu der Zuhörerschaft gestellt hatte, reagiert schnell:
„ Tanobakt , fahre fort mit dem Enûma elîsch , der große Bel Marduk wird es nicht mögen, wenn seine große Geschichte unterbrochen wird“, nickt ihm zu und läuft zu dem Mann, dessen Gesichtsfarbe so bleich ist wie sein Gewand. Zusammen eilen die beiden an sieben Hausmauern vorbei durch die Tür des Hauses der Töpferfamilie. Überall steht Töpferware. Mitten im Hof liegt sie auf dem Fußboden, mitten in zerbrochenen Tonschalen und Bechern. In ihrer rechten Hand hält sie noch einen Becher.
Elieanor-Adda-Guppi kniet sich zu ihr und redet sie an, dreht ihr Gesicht und sieht ihre verdrehten Augen. Sie fühlt ihren Hals. Kein Herzschlag ist mehr zu spüren. Sie schließt ihre Augen und sagt nur:
„Lass ihr den Becher in der Hand. Das war ihr Leben. Es war zu kurz.“
Der Mann schreit laut auf: „Ich bin der Sünder vor dem Herrn! Warum bestraft er sie? Warum nicht mich? Warum nicht mich? Warum nicht mich? Warum sie? Oh ihr Götter Babylons !“
Er zerreißt sich sein Kleid und rennt los und holt Asche von der Feuerstelle und streut sie auf sein Haupt und ruft immer wieder: „Warum sie und nicht ich?“
Elieanor-Adda-Guppi geht. Als sie an der Tür ist, ruft er: „Nie wieder werde ich eine Frau anfassen, nie wieder! Das gelobe ich vor dem Herrn, vor allen Göttern, so lange, bis ich neben meiner Frau liege. Keinen Trost werde ich je mehr finden. Das Leben ist eine Strafe. So lange bis ich zu ihr gehen darf. Oh, warum habt ihr Götter nicht mein unwürdiges Leben genommen und sie verschont? Warum habt ihr mein erbärmliches Leben mit diesem bösen Gebahren nicht einfach herausgerissen aus Babylon , damit sie leben kann, damit sie frei sein kann. Oh nein!“ Er lässt sich neben ihrem toten Körper fallen und weint bitterlich. Es ist zu spät für seine Wandlung, zu spät für seine Reue. Sie hat nichts mehr davon.
Elieanor-Adda-Guppi sagt nichts und geht auf die Straße. Sie fühlt Bitterkeit und Traurigkeit und Ohnmacht, denn sie kann ihr jetzt nicht mehr helfen.
Sie wendet sich nach links, sie braucht jetzt erst einmal kurz Ruhe. Sie muss warten, denn noch einmal darf der Vortrag des Enûma elîsch nicht gestört werden. Die Folgen würde auch sie nicht abwenden können. Die einmalige Störung ist schon unheilvoll. Sie muss sich reinigen und wendet
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