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Das Vermaechtnis

Das Vermaechtnis

Titel: Das Vermaechtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angela Scherer-Kern
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legte er seinen strahlenden Helm nieder…
     
    Während Tanobakt noch erzählt, wie die Götter Marduk feierten, ihm Geschenke darbrachten und ihn lobpreisten und dass Marduk den Göttern in Babylon einen Ruheplatz auf Erden bauen wollte, nimmt Tanobakt kurz wahr, dass Elieanor-Adda-Guppi zurückgekehrt ist. Er sieht, dass sie im hinteren Teil ihres Standes sitzt und räuchert.
    Kyr ist ganz und gar in die Geschichte eingetaucht, und er, Tanobakt , kann und darf sie auch nicht unterbrechen. Also fährt er mit der Beschreibung von Marduks Plan fort, wie aus Blut und Gebein ein neues Wesen erschaffen werden sollte, das er Mensch nennen wollte. Die Menschen sollten den Göttern zu deren Erleichterung dienen. Ea war einverstanden und so suchten sie einen Gott aus, aus dessen Körper der neue Mensch entstehen sollte. Er fragte die Annunaki nach dem Urheber der Streitigkeiten, wer es war, der Tiâmat aufgehetzt hatte. Kingu wurde benannt und wurde vor Ea gebracht. Und so geschah es, dass Ea, der Weise, die Menschen erschuf, nach dem Rat von Marduk.
    Dann wurden die Annunaki in zwei Gruppen aufgeteilt. Dreihundert sollten als Wächter an den Himmel unter Anus Befehl. Sechshundert in die Unterwelt und auf die Erde.
    Schließlich baten die Götter, auch für Marduk etwas tun zu dürfen. Und so begannen sie, Babylon zu bauen, als Wohnstädte für die Götter auf Erden.
    Fast ein ganzes Jahr lang strichen sie Ziegeln für den Bau der Stadt. Im zweiten Jahr errichteten sie Äsagila, als Nachbildung des Apzu mit seinem hohen Tempelturm. Sie errichten dort Sockel als Ruhestätte für Anu, Enlil und Ea. In Äsagila versammelten sich alle Götter zu einem großen Festmahl. Sie priesen Marduks Waffen und sie erhoben Marduk auf seinen rechtmäßigen Thron. Sie schworen mit Wasser und Öl und legten die Hand an die Kehle und somit bestätigten sie ihn als Herrn der Götter von Himmel und Erde und als Hirte über alle Schwarzköpfigen, die stets von seinen großen Taten erzählen sollten. Sie sollten den Göttern und Göttinnen dienen, ihnen Speiseopfer darbringen und die Heiligtümer pflegen. Und Marduk selbst sollte der Gott für alle sein, auch wenn sie noch andere Götter verehrten…
    Elieanor-Adda-Guppi hört das Enûma elîsch nicht und hört auch nicht die Aufzählung aller fünfzig Namen Marduks , und damit die herausragende Stellung, die sie ihm damit verliehen. Auch nicht die drei Namen, mit denen die Götter ihn verehren: Dem heldenhaften Sohn, dem Rächer und dem Versorger. Und auch nicht die Schlusspreisung Marduks . So sehr ist sie noch versunken und starrt auf den aufsteigenden Rauch ihrer Räucherung. Der lange Weg zum Fluss hat ihr gut getan. Nun räuchert sie Weihrauch mit etwas Mastix und Zypresse.
    Sie löst sich nur langsam wieder aus ihren Gedanken um Gimra , die sie wenig kannte, doch genug, um sie doch zu kennen. Sie dachte über den Sinn nach und die Strafe der Götter und die vielen Vorzeichen, die sie wohl nicht gesehen hatte. Aber vielleicht wollte sie diese Zeichen nicht sehen, vielleicht hatte sie es nicht geschafft, sich zu lösen von dem Leid, das ihr Mann ihrer Seele angetan hatte. Denn sie hätte es tun können. Wenn eine Frau in Babylon doch dem Mann lange nicht gleichgestellt ist, so ist es Unrecht, sie so zu behandeln. Unter Bezeugungen vor dem Gericht konnte eine Frau, die sich züchtig und fehlerfrei betrug, während ihr Mann ausging und sie höchst unehrerbietig behandelte, sich aus ihrer Ehe befreien und zum Haus ihres Vaters zurückkehren. Warum sie das nicht getan hat, wissen allein die Götter.
    Zu viele Frauen handeln wie sie, denn sie nehmen solch einen Ehemann wiederum als Strafe der Götter für irgendwelche Fehlhandlungen, von denen sie nichts wussten und die sie sicher auch nicht begangen hatten, einfach als gegeben an. Die meisten fügen sich dem angeblichen Los der Götter.
    Es ist mühselig, sich weiter darüber Gedanken zu machen.
     
    Tanobakt ist fertig mit dem Enûma elîsch . Keiner von den Zuhörern erinnert sich an den Zwischenfall, sie sind noch alle im Banne der Geschichte Marduks . Der Klang des Harfenspiels hat sie besonders vergessen lassen, was um sie herum passiert. Kyr hat es geschafft, auch den letzten Zuhörer in den Zauber der Geschichte zu ziehen.
    Langsam lösen sie sich aus den Bildern und bedanken sich bei den beiden herzlich. Natürlich sind es die Kinder, die sich nicht so schnell trennen wollen und aus denen wie immer Fragen sprudeln:
    „Wer waren noch die

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