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Das Vermaechtnis

Das Vermaechtnis

Titel: Das Vermaechtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angela Scherer-Kern
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„Selbst, wenn sie freikämen und zurück dürften in ihre geliebte Stadt Jerusalem , so würden tatsächlich nicht viele dorthin zurückkehren, haben sie mir selbst gesagt.
    Nichts wollten sie aufgeben, was sie hier an Wohlstand erreicht haben, denn dort müssten sie wieder hart im Staube der zerstörten Mauern arbeiten und würden es längst nicht so weit schaffen wie hier bei uns. Hier sind sie angesehene Leute. Das ist gut für unseren Handel. Manch einer ist ein Halsabschneider unter ihnen, doch die gibt es hier wie dort. Das sind Leute, die schon den einen oder anderen rechtschaffenen Mann in die Knechtschaft geführt haben, weil dieser sich durch unglückliche Ernteausfälle hat Geld ausleihen müssen. Die Zinsen fressen den Unglückseligen nun das Fleisch vom Leibe.“ Jaskula ergänzt aufgebracht:
    „Gleich Geiern sind diese Herren Geldverleiher. Ich weiß, wir gehören selbst dazu, aber so, wie mein Mann, so werden auch wir immer auf der gerechten Seite bleiben. Das andere Prinzip ist verlogen und stinkt wie… Ich kann nur versuchen, dass es in unserem Geschäft ehrlich zugeht, und das lehre ich meine Söhne. Vielleicht kümmert sich der König einmal um diese schlechten Machenschaften und setzt dem Treiben einen Riegel vor, möge Marduk sein Leben verlängern. Er hat einen gerechten Verstand, doch es gibt für einen wie ihn bis in die Nacht hinein Verpflichtungen, denen er nachkommen muss. Aber wer weiß.
    Jedenfalls können sich die Sklaven bei uns nicht beklagen. Sie werden zwar manches Mal hart angetrieben, doch die Antreiber müssen aufpassen, dass sie ihnen kein Haar krümmen. Das kann sie sonst teuer zu stehen kommen. Wenn man so durch die Straßen schaut, werden die Sklaven nicht schlechter als Vieh behandelt, nicht so, wie in anderen Städten und den Fremdländern. Sie brauchen sich nur zu erinnern, wie es sich dort um ihren niedersten Stand verhält. Da leben Sklaven wie Tiere und werden gar schlechter als ein Wurm behandelt.
    Wir können uns daran erinnern, wie es uns unter der assyrischen Herrschaft erging. Das war ja auch kein Wunder, denn sie hatten unsere Tempelanlagen zerstört und die Mauern geschleift. Das Schlimmste, was man einer Stadt oder Land antun kann, das taten sie: Sie zerstörten die Statuen der Götter oder brachten sie nach Assyrien , vor allem die Statue unseres Stadtgottes Marduk – weg – ohne die Götter waren wir hilflos.
    Sie hatten einfach unseren großen und gütigen Herrn Marduk ersetzt, durch ihren Stadtgott Assur und nicht mehr Babylon war das Zentrum des Himmels, sondern Assur . Zack. Einfach so, von heute auf morgen. Einfach ein neuer Gott.“
    Jaskula merkt nicht in ihrem Eifer, wie Elieanor-Adda-Guppi versonnen auf den aufsteigenden Rauch des Räucherwerks starrt.
    „Aber unser Stadtgott ließ uns auch in der Ferne nicht im Stich: Für diesen an Babylon begangenen Frevel wurde dieser Assyrer durch Gottes Hände bestraft. Der nächste Assyrerkönig zeigte Einsicht und begann mit dem Wiederaufbau unserer geliebten Stadt. Sein großer Nachfolger Assurbanipal war es endlich, der die Marduk -Statue nach Babylon zurückbrachte. Er kümmerte sich darum, dass alles wieder war wie gewohnt, das schätzte das Land Babylon sehr an ihm. Ein großer Herrscher war er, Assurbanipal .“
    „Danke, dass du das so sagst, denn wie du ja weißt, ich komme aus Assyrien und bin meiner Heimat noch sehr verbunden, auch wenn ich hier mit hohem Respekt behandelt werde und tun kann, was ich möchte, als Priesterin und als Frau. Diese besondere Stellung weiß ich sehr zu schätzen und nutze sie nicht aus. Sie morden hier und zerstören da, alle sind sie gleich, ich weiß. Auch ich habe mit zusehen müssen, wie das Heiligtum des Sin , meines Stadtgottes, dem ich diente, zerstört wurde…“
    „Bitte entschuldige, was rede ich da ohne zu denken, wie ein Schaf, blöke wie eine Ziege, so eigensinnig bin ich. Oh bitte verzeih, ich wollte dich nicht kränken und dich der alten Wunden erinnern, die man dir zugefügt hat. Mit ansehen zu müssen, wie der Stadtgott verschwindet, das ist hart, denn alle wissen ob des Zusammenhangs. Eine Stadt ist ohnmächtig ohne ihren Gott, wie auch ich es eben erzählt hatte, es ist überall das gleiche, nicht wahr?“ Jaskula sieht erschrocken über ihre unbedachten Worte zu Elieanor-Adda-Guppi , die ihr allerdings schon während sie spricht, die Hand sanft auf den Arm legt.
    „Es kränkt nicht mehr, im Gegenteil, ich kann dein Reden sehr gut verstehen. Da

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