Das Vermaechtnis
konnte er Götter, Menschen und sogar Tiere, Pflanzen und Steine betören. Wilde Tiere zähmte er, Felsen weinten und Bäume neigten sich zu ihm. Und so gab ihm Hades die Erlaubnis, sie mitzunehmen, nur umsehen dürfe er sich nicht beim Verlassen der Unterwelt. Er konnte sie nicht hören, da drehte er sich um. Sie verschwand auf immer.
Jeder Augenblick kann eine Wende bringen.
Apollon war ihm sehr zugeneigt. Er ist der Gott der Musen. Doch Dionysos , der Gott des Weines, der Fruchtbarkeit und des Theaters, aber auch der Gott des Rausches und der ausschweifend-wilder Umzüge und Gesänge, mochte Orpheus nicht. Er wurde von den wild tanzenden und berauschten Begleiterinnen des Dionysos in Stücke gerissen.
Er ist nicht berechenbar, der Gott Dionysos , der Zweimalgeborene, mit Efeu und Wein behangen. Obwohl bei den Göttern, wie es uns vor allem von Zeus bekannt ist, recht freizügig geliebt wurde, war Hera , die betrogene Gattin, mit dem unehelichen Sohn Dionysos ganz und gar nicht einverstanden. Sie überredete die mit Dionysos schwangere Sterbliche Semele , dass Zeus sich ihr doch in seiner wahren Gestalt zeigen solle, was er tat und als Blitz erschien. Sie verbrannte augenblicklich. Zeus rettete das ungeborene Kind und nähte es in seinen Schenkel ein, bis es richtig zur Welt kam. Durch seine zweite Geburt über Zeus erlangte Dionysos seine Göttlichkeit und Unsterblichkeit.
So entstand der Kult um Dionysos . Ihm zu Ehren, der gewaltsam ermordet wurde, wieder auferstanden ist und damit unsterblich wurde, fanden Erinnerungsfeiern statt. Sie begannen mit langen Reinigungszeremonien, begleitet von wildem Geschrei und dauerten die ganze Nacht an, mit Gesang und Tanz. Dazu zerstückelte man einen Stier und trank in großen Mengen Wein.
Viele Feste und Festspiele sind dem Gott geweiht, weil sie alle gern feiern, die Menschen, tanzen, singen und sich berauschen. Im Rausch fühlen sie sich den Göttern gleich, sodass das Glück oft nur einen kurzen Augenblick verweilt, um dann im Unglück zu enden.
Mythen um Dionysos gibt es viele. Je mehr Wein getrunken wird, desto furchtbarer werden sie.
Ihm geweiht sind die jährlichen Festspiele in Athen , die Dionysien . Aus Gesängen, Tänzen und Opferriten zu Ehren des Gottes gingen die hervorragenden Theatervorführungen hervor, die jetzt dort stattfinden. Anfangs setzten sie sich in ihren Aufführungen mit dem Schicksal des Gottes auseinander, nun ist es das Schicksal im Allgemeinen, ob Gott, ob Mensch.
Dionysos hat sich angekündigt, um auf das Théatron und auf das Theaterstück einzustimmen, das heute zu sehen ist, auf die Tragödie und ihren Aufbau. Verwundert euch das nicht? Es ist nämlich sonst nicht seine Art, ernst zu reden – er ist der Gott der Feste…
Wir lassen uns überraschen, denn wir wissen, er ist nicht berechenbar. So kann alles anders enden als man vorher denkt. Nichts scheint, wie es wirklich ist.
Chorführer: Seht dort! – Nicht Dionysos zeigt sich uns, wie erwartet! Es ist Poseidon in seiner vollen Größe! Schnell zur Seite!
(Poseidon kommt herab, groß und mächtig und wütend. Laut stößt er seinen Dreizack in den Boden mit dröhnendem Donner und feurigen Blitzen!)
Poseidon Es ist genug! Nicht ewig kann Böses geduldet werden! Schlimm ist es, wenn einer versucht, die Götter zu hintergehen!
Ungehorsam verbunden mit Feigheit geht nicht unbestraft am Himmel der Götter vorbei!
Ich rufe Artemis als Beschützerin der Frauen und Kinder! Es ist Zeit, du wirst gebraucht mit meiner vollen Unterstützung!
(Poseidon verschwindet wieder unter Donner und Blitz.)
Chorführer Unheil hat sich angekündigt; Vorsicht ist geboten. So oder so, die Götter bestimmen den Verlauf aller Leben.
5. Akt 1. Szene
(Unterbrechung durch lautes Klirren aus dem Nebenraum. Gimraios sitzt für Sekunden wie erstarrt, als ahnte er ein großes Unglück.)
Chorführer Gimraios, was ist los, es waren doch nur ein paar Teller? Du siehst aus, als hätte man jemanden ermordet.
Gimraios Schlimmer ist es für mich und ich warte, damit ich meine Gedanken unter Kontrolle bekomme, sonst geschieht heute noch ein Mord. Ich bin gleich wieder zurück.
(Gimraios steht auf, greift einen Stock, der neben der Tür lehnt und verschwindet im Nu im Nebenraum. Ein Schlag, ein lauter, entsetzter Schrei, viele Schläge, viele Schreie, verzweifelte Stimmen von Frauen, eine Männerstimme. Verzweiflung, Schreien, Flehen. Stille. Gimraios betritt wieder den Raum des Gastmahls. Ruhig
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