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Das Vermaechtnis

Das Vermaechtnis

Titel: Das Vermaechtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angela Scherer-Kern
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Hütte. Aber, wie gesagt, es geht nicht um mich und meine Zukunft.
    Es ist schon ungewöhnlich, dass eine Frau in meinem Alter allein lebt. Wenn dann noch zwei Frauen, die beide heiraten könnten, nicht aus ihrer Hütte herauskämen, das wäre, auch wenn wir hier jeden nehmen, wie er ist, aber das wäre schon ein wenig sonderbar. Wir würden bestimmt die entsprechenden Namen dafür bekommen. Nicht böse, aber sie wären mit Recht treffend. Bei mir können sie es machen, ich habe mein Leben schon vor längerer Zeit so gewählt. Und auch ich lebte einst nicht allein in dieser Hütte. Du bist im heiratsfähigen Alter, hast du das noch nicht gemerkt?“ Uhala’an sieht Alēi’na ernst, aber liebevoll in die Augen.
    „Ich? Heiraten? Nein, das will ich nicht! Ich will so leben wie du! Das bringt doch sonst nur Unglück. Ich sehe es überall, bei dir, bei Elieano’os Eltern, bei meinen Eltern.“
    Sie wehrt sich mit Händen und Füßen. Uhala’an lacht.
    „Wenn du weiter so abwehrend bist, wachsen noch Dornen an meiner Haut, wie bei den jungen Blättern, die sich damit vor den großen nēnē schützen, bis die jungen Erd-Vögel so groß gewachsen sind, dass ihre gefräßigen Schnäbel sie nicht mehr erreichen. Siehst du bei uns irgendein Paar, das wahrhaft unglücklich ist?
    Doch, wenn ich so darüber nachdenke, vor nicht allzu langer Zeit gab es einmal ein Paar. Die beiden waren sich einfach zu gleich, sie fingen an zu streiten, was es selten bei uns gibt. Sie stritten um die einfachsten Dinge: An der Kette fehlte eine Blüte, es waren die falschen Farben, die Blüten waren zu klein oder zu groß oder dufteten nicht, wie sie sollten. Dann waren die Fische zu klein, der Korb zu groß und die Matte zu klein und so weiter. Da sagte Kahuna - Koī , dass es besser sei für beide und für den Frieden im ganzen Dorf, denn keiner konnte ein Auge zutun in der Nacht, wenn sie wieder anfingen mit diesen Streitereien, was sie nämlich mit Vorliebe nachts taten. Kahuna - Koī sagte, dass es doch zum Besten sei, wenn sie sich trennten und jeder in eine eigene Hütte ziehen würde. Natürlich weit auseinander. Dann würde man sehen, ob sie sich von dort aus wieder anfreunden können, oder ob es besser für alle Beteiligten ist, wenn jeder mit einem anderen Partner neu anfangen würde.“
    „Und, wie war es bei den beiden? Wer waren sie, kenne ich sie?“ Neugier ist doch die beste Ablenkung, denkt Uhala’an bei sich.
    „Nun, sie freundeten sich wieder an, aber nicht mehr als Mann und Frau, sondern eher wie Geschwister, denn sie kannten einander sehr gut. Und sie fanden die Partner, die besser zu ihnen passten. Jetzt ist Kim’a mit Kui zusammen und ‘Lo’ulan war es mit Ia’kula . Du kennst sie gut, da bin ich sicher.
    Kim’a ist Fischer und ist von klein auf in manchen Momenten sehr aufbrausend. Er ist selbst erschrocken über sich, besonders dann, wenn seine Frau oder seine Tochter aus Versehen etwas fallen lassen. Das kommt glücklicherweise sehr selten vor und seine Frau ist ihm deswegen nicht böse. Sie weiß, dass er ansonsten ein sehr fürsorglicher Mann ist und ganz tief in ihm etwas ist, was sie nicht betrifft.
    Kui hat auch eine besondere Eigenheit, denn sie isst kein Fleisch und bereitet es auch nicht zu. Sie will einfach kein Lebewesen essen. Als kleines Mädchen schlug sie einmal verzweifelt und voller Tränen auf ihre Eltern ein, als diese eine nēnē töteten, um die Federn dann zu rupfen und das Fleisch zum Essen im Erdofen vorzubereiten. Sie taten es mit dem entsprechenden Dank dem Tier gegenüber. Dennoch, Kui war außer sich und isst seitdem weder Fleisch noch Fisch. Sie ist auch sonst eine besondere Frau, ihre Haare sind sehr hell und ihre Augen fast blau. Siehst du, du bist nicht die einzige, die anders aussieht, als wir es von hier gewohnt sind.“
    „ Kui hat eine wundervolle Stimme. Sie verzaubert uns alle, wenn sie singt. Auch die Wale!“, sagt Alēi’na anerkennend.
    „Ja, sobald sie am Strand singt, kommen Wale von weit draußen an die Wasseroberfläche und sprühen eine Willkommensfontäne hoch in die Luft. Sie schwimmen meist, so weit es für sie geht, Richtung Strand und so, wie es aussieht, hören sie von dort aus ganz ruhig ihrem Gesang zu. Immer, wenn sie aufhört, tauchen sie wieder ab und verschwinden in den Tiefen des Meeres“, sagt Uhala’an .
    „Ja, ich bin gern mit ihren Töchtern zusammen. Mit Kanopak’ verbindet mich die Liebe zum Wasser. Sie will auch lieber zum Fischen

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