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Das Vermaechtnis

Das Vermaechtnis

Titel: Das Vermaechtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angela Scherer-Kern
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jedenfalls neben der Esel-Karawane das Interessanteste für die Kinder aus Ur . Viele kennen die Geschichten schon, besonders die Geschichte von Gilgamesch , doch zu Hause werden selten Geschichten erzählt und wenn, dann eher kurz oder nur halb so spannend. So sind sie immer wieder von neuem aufgeregt, wenn Sa-La-Na kommt. Die Geschichten sind auch immer ein bisschen anders, und so muss man gespannt auf jedes Wort achten.
     
    „Vor nicht allzu langer Zeit lebte in Uruk ein großer König. Er war wirklich groß, der König, größer als jeder bei uns in der Stadt, und kräftiger. So kräftig, dass es keinen Mann weit und breit gab, der ihn schlagen konnte. Sein Name war Gilgamesch und alle fürchteten ihn, denn er war grausam und er kannte keine Gnade. Er hatte keine Freunde, doch er war der König und so befahl er, Freund zu sein. Er brauchte Freunde zum Spielen. Spielte er mit ihnen und sie verloren, was sie immer taten, dann ließ er sie schlagen oder schlug sie oft auch gern selbst zur Strafe und manch einer starb dabei. Er liebte Spiele, keiner wollte mit ihm spielen, aber er zwang sie dazu. Er war der König, nachdem sein Vater gestorben war.“
    „Was spielten sie denn, großer Sa-La-Na ?“, fragt ein kleiner Junge neugierig. Die anderen schauen ihn böse an, denn er hat es gewagt, die Erzählung zu stören.
    „Das macht nichts, fragt ruhig… Aber am besten erst, wenn ich die Geschichte fertig erzählt habe“, lächelt Sa-La-Na und streicht dem Jungen über den Kopf, der sich von den Blicken der anderen gar nicht beirren lässt.
    „Meistens waren es sportliche Wettkämpfe, denn dort konnte er besonders seine große Kraft zur Schau stellen. Oft spielten sie Stockball oder sie machten einen Ringkampf oder boxten. Seine Stärke ist die Gabe seiner Mutter, der Göttin Ninsun . Sein Vater war Lugalbanda , ein Mensch und König. Sie sagen, er war zu zwei Teilen Gott und zu einem Teil Mensch. Auch soll er besonders schön gewesen sein, denn die Schönheit hatte er vom Sonnengott Schamasch . Und sein großer Mut war ein Geschenk des Sturmgottes Adad . So kämpfte er und schlug sie alle. Seine Untertanen behandelte er wie Sklaven, seine Härte kannte keine Grenzen. Doch all das genügte ihm nicht, seine Grausamkeit war noch schlimmer den Frauen gegenüber.
    Und als es nicht mehr zum Aushalten war, betete das Volk um Hilfe – die Frauen und auch ihre Männer flehten die Götter um Hilfe in ihrer Not.“
    …Die Geschichte von Gilgamesch , die sie auch als Kind so gern gehört hatte, immer wieder und wieder – und da ist er wieder, nach all den Jahren, mit seiner beruhigenden Stimme, die sie schon damals so liebte. Sie spürt eine Wärme in ihr aufsteigen und ihre Traurigkeit, dann wiederum lächelt sie. In diesem Moment schaut er zu ihr und erkennt sie. Lange sehen sie sich in die Augen und die Kinder schauen verwirrt und neugierig von dem einen zu der geheimnisvollen Person im Schatten.
    Sie spricht zu ihm: „Erzähl deine wunderbare Geschichte ruhig weiter, oh großer Geschichtenerzähler Sa-La-Na , ich habe sie so lange nicht mehr gehört und höre sie so gern.“
    Jetzt erkennen die Kinder Encheduanna-Kyr und freuen sich, dass sie bei ihnen ist. Sie ist beliebt bei den Kindern in der Stadt, denn oft dürfen sie zu ihr in den Vortempel kommen, um gemeinsam mit ihr zu musizieren.
    „Nun, dann geht es jetzt weiter“, löst sich Sa-La-Na wieder von Encheduanna-Kyrs Blick und wendet sich seiner Kinderschar zu.
    „Und die Götter erhörten die Hilferufe der Menschen und sie ließen sich etwas einfallen, um Gilgameschs Treiben ein Ende zu setzen. Sie erschufen Enkidu , ein wildes, menschenähnliches Wesen, das in der Steppe vor Uruk lebte. Ein Jäger sah ihn und berichtete König Gilgamesch von diesem Mann, der stark war wie ein Tier. Das interessierte Gilgamesch natürlich sehr. Er wollte dieses starke Wesen in die Stadt locken und schickte ein Mädchen zu ihm, damit er die Tiere vergessen würde.
    Sieben Tage und sieben Nächte verbrachte sie bei Enkidu . Enkidu verliebte sich in das Mädchen und vergaß darüber langsam seine Herkunft, die Wildnis. Er lebte bei Hirten, die ihm das Leben eines Mannes zeigten. Und wie sollte es auch anders kommen – er wollte das Mädchen heiraten.
    Als Gilgamesch das hörte, wollte er von seinem Recht Gebrauch machen, welches er sich natürlich selbst ausgedacht hatte, dass er als König die erste Nacht mit der Braut verbringen durfte. Enkidu ließ sich das

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