Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Vermaechtnis

Das Vermaechtnis

Titel: Das Vermaechtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Bold
Vom Netzwerk:
Beklemmung hinunter und fuhr vorsichtig mit dem Finger über die Klinge, die Angus mir präsentierte.
    „Nimm ihn in die Hand, prüfe sein Gewicht und seine Balance“, forderte er mich auf und band seine Haare, die ihm bis auf die Schultern reichten, am Hinterkopf zusammen. Ermutigend nickte er mir zu, als ich seiner Aufforderung nur zögernd nachkam.
    Das war doch verrückt! Ich war ein Tollpatsch – mir eine Waffe in die Hand zu geben, glich einer Ermunterung zur Selbstverstümmelung. Ich hatte noch nicht vergessen, was geschehen war, als ich zuletzt versuchte, mich mit einem Dolch zu verteidigen. Ganz im Gegenteil. Ich brauchte nur die Augen zu schließen und schon spürte ich wieder, wie mir Ross Galbraiths Blut warm über die Finger rann – der Blick seiner sterbenden Augen würde mich bis an mein Lebensende verfolgen. Dennoch wollte ich mich nie wieder so hilflos fühlen. Ich brauchte eine Waffe. Besonders, wenn ich den Weg weiterging, den ich nun eingeschlagen hatte.
    Der Dolch lag kalt in meiner Hand, und Angus zeigte mir, wie ich ihn am besten halten sollte. Nach ein paar Minuten gewöhnte ich mich daran, und wie sich das Metall in meiner Hand erwärmte, so erwärmte ich mich für die Waffe.
    „Danke, Angus. Er ist perfekt“, bestätigte ich ihm, von den Stichübungen außer Atem gekommen. „Nur noch die Gravur, dann bin ich zufrieden.“
    „Ich wollte erst sehen, ob die Waffe zu dir passt, ehe ich die Gravur anbringe. Aber das geht schnell, du kannst es morgen abholen. Was hättest du denn gerne, Miss America?“
    Er zückte den Stift und wartete auf meine Antwort, aber mein Mund war mit einem Mal so trocken, dass ich Mühe hatte, zu sprechen. Ich legte den Dolch zurück in die Kiste und schloss den Deckel.
    Dies ist keine lebensverändernde Entscheidung, versuchte ich mich zu beruhigen. Ich lenkte selbst mein Schicksal!
    „Ich hätte gerne: Cuimhnich air na daoine o'n d' thanig thu . Ist das möglich?”
    Angus notierte es bereits und nickte.
    „Sicher! Ein schöner Spruch. Entsinne dich derer, von denen du abstammst, richtig?“
    „Stimmt. Es ist ein Clansmotto. Das Motto der Camerons“, erklärte ich.
     

    Paytons Gedanken waren so finster wie eine mondlose Nacht, als er am Fuß des Stuart Monuments amCalton Hill wartete. Er hatte sich wieder einmal wie ein Idiot verhalten, aber das schien ihm in Sams Nähe einfach immer wieder zu passieren. Dabei war das Letzte, was er wollte, sie zu verletzen.
    Er saß im Gras, drehte einen Grashalm zwischen seinen Fingern und sah auf Edinburgh hinunter. Die Metropole des Nordens strahlte in der Mittagssonne, die die Dächer der Häuser vergoldete. Das Castle am Horizont sah vor dem leuchtenden Himmel wie gemalt aus, und der Uhrturm des Balmoral Hotel vor ihm zeigte, dass beinahe Mittag war.
    Täuschte er sich, wenn er annahm, Sam würde herkommen, obwohl sie nicht noch einmal darüber gesprochen hatten?
    Es kam ihm vor, als könnte er den Widerhall eines jeden ihrer Herzschläge spüren, so verbunden fühlte er sich mit ihr, aber in den letzten Wochen hatte er den Eindruck, als reichte dies nicht länger.
    „Hi!“
    Erleichtert drehte er sich um. Er hatte sie nicht kommen hören. Ihre Wangen waren gerötet vom Aufstieg, und der Wind spielte mit ihren Haaren. Sam wirkte nervös, als sie sich neben ihn setzte und ihm einen Kuss auf die Wange hauchte.
    „Wartest du schon lange?“, fragte sie mit einem Blick auf das niedergedrückte Gras.
    Payton zuckte die Schultern.
    „Seit dem Morgen. Ich brauchte Zeit, um nachzudenken.“ Er sah wieder auf den Uhrturm. Die Zeiger schlichen unmerklich weiter.
    „Wir hatten ja nichts vereinbart“, rechtfertigte sie sich leise.
    Payton nahm ihre Hände in seine und hauchte einen Kuss auf den Handrücken, ehe er ihr ins Gesicht sah.
    „Schon in Ordnung … diesmal hast du mich ja keine zweihundertsiebzig Jahre warten lassen!“
    Er hatte einen Scherz machen wollen, aber selbst in seinen Ohren klang deutlich ein Vorwurf mit. Was war nur mit ihm los? Warum wuchs von Tag zu Tag seine Wut über die unendlich lange Zeit des Fluchs? Er hatte ihn doch nun endlich überwunden! Es könnte doch alles so wunderbar sein. Es musste an den Erinnerungen liegen. An seinen neuen Erinnerungen.
    „Entschuldige, mo luaidh . Ich habe das nicht so gemeint“, versuchte er, seine Worte ungeschehen zu machen, aber Sams verkniffene Lippen zeigten, dass er sie erneut verletzt hatte.
    „Lass gut sein, Payton! Ich versteh schon!“, wehrte sie

Weitere Kostenlose Bücher