Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Vermaechtnis

Das Vermaechtnis

Titel: Das Vermaechtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Bold
Vom Netzwerk:
Schotten, und nur, um der dunkelhaarigen Schönheit zu huldigen, erhob er sein Schwert.
    Er hatte ihr mit seinem Körper dienen wollen, ihr in jenem Moment das Versprechen gegeben, sie mit all seiner Kraft zu ehren.

Alasdair zog bedächtig die lange, todbringende Klinge aus der Scheide und legte sie mit beiden Händen vor sich auf den Altar. Er holte den glänzenden Anhänger unter seinem Hemd hervor, küsste das warme Silber und legte es vor sich auf den Opfertisch, ehe er den kleinen Lederbeutel an seinem Gürtel öffnete. Runen. Seit Hunderten von Jahren hatte er die Steine nicht mehr befragt, weil er sein Schicksal kannte. Doch nun, wo er an einem Punkt seines Lebens stand, an dem ihm sein Weg unklar war, brauchte er ihren Rat.
    Seine Hand glitt in den Beutel und fühlte die kühlen, ovalen Steine. Samtig erschien ihm die glatte Oberfläche mit den eingeritzten Symbolen.
    Seine Finger schlossen sich um die Rune, die ihm sein Leben zeigte.
    Das Wachs der Kerzen rann an dem Brigidskreuz vorbei, über den steinernen Altar, auf dem er sein Schicksal ausbreitete.
    Eoh, die Eibe – die Rune, die ihm die Augen für seine Situation öffnete. Einen Atemzug lang verschmolzen Alasdairs Gedanken mit der Stimme der Rune. So war es immer gewesen, wenn er das Orakel befragt hatte. Ihre Bedeutung hallte wie die Worte einer Mutter durch seinen Kopf.
    Die Zeit der Veränderung hat begonnen.
    Der zweite Stein lag schon in seiner Hand, und er legte ihn links neben den ersten.
    Peord, der Würfelbecher – der Rat, den ihm die Runen erteilten.
    Wer bereit ist, eigene Entscheidungen zu treffen, der hält sein Schicksal in Händen.
    Vertrauensvoll zog er den letzten Stein aus seinem Beutel und legte ihn an die linke Seite.
    Ken, die Fackel – seine Bestimmung, sollte er dem Rat des Orakels folgen.
    Die Erleuchtung weist neue Wege.
    Lange stand Alasdair da. Das heiße Wachs der schrumpfenden Kerzen umfloss die drei Symbole seines Schicksals.
    Er würde dem Orakel vertrauen und dem Rat der Steine folgen. Er nickte und steckte die Runen zurück in den Beutel, küsste den silbernen Anhänger erneut und legte ihn sich wieder um den Hals.
    Imbolc. Das Fest des wiedererwachenden Lebens und der Rückkehr des Lichtes. Nathaira war sein Licht gewesen, aber sie würde nicht zurückkehren, niemals wieder erwachen. Seine Hand glitt an sein Schwert, und sein Blick verlor sich in den Flammen der Kerzen.
    Was er vor sich sah, hatte er schon fast vergessen geglaubt. Als würde er sterben, rasten die Bilder seines Lebens an ihm vorbei. Bild um Bild, Hölle und Verdammnis, Kälte und Einsamkeit und dann …
    Ein einzelner Lichtstrahl, der durch die verglasten Bogenfenster fiel, beleuchtete die steinernen Platten bis zur Tür. Die Stille in den leeren Bankreihen war ihm Zuspruch und das über der Tür angebrachte Clansmotto der Stuarts bekräftigte ihn in seiner Entscheidung.
    Amat Victoria Curam
    Der Sieg liebt die Vorbereitung
    Die Runen hatten ihm gezeigt, was kommen würde. Sein Weg war klar. Er würde ihn, ohne zu zögern, beschreiten. Wie in Trance steckte er das Brigidskreuz unter sein Hemd, fühlte es auf seiner Haut wie die zärtliche Berührung seiner Liebsten und griff sein Schwert. Ohne einen Blick zurück, ging er seinem Glück entgegen.

    Die weißhaarige Frau hielt sich gerade, obwohl sie die Last ungezählter Jahre auf ihren alten Schultern trug. Ihre Haut war weiß und faltig wie die Schriftrollen, für deren Schutz sie sorgte. Sie war die ewige Hüterin alter Geheimnisse, die es normalerweise nicht erforderlich machten, dass sie den Ort ihres Vermächtnisses verließ.
    Aber dieses eine Mal lagen die Dinge anders. Sie musste die Ordnung wieder herstellen. Ein längst vergessenes Unrecht sühnen. Seit vielen Hundert Jahren hatte sie den Atem angehalten und gewartet, ob es nötig sein würde. In der letzten Nacht jedoch hatte die Vision ihre schlimmsten Befürchtungen bestätigt und sie zum Handeln gezwungen.
    Das Mädchen, es rennt, es kämpft und es weint,
    weil es in sich Schuld und Unschuld vereint.
    Doch am Ende in den Armen des Bösen es stirbt,
    weil die Last der Schuld ihre Liebe verdirbt.
    Beathas atmete tief die ihr unbekannte Luft der Neuzeit ein und versuchte zu ergründen, woraus sie bestand. Ihr Aroma war so anders als das in ihrem feuchten Refugium, so fremdartig, und sie wünschte sich schnell wieder dorthin zurück. Aber vor langer Zeit hatte der Rat der Weisen entschieden, dass es ihre Aufgabe wäre, falls nötig, den

Weitere Kostenlose Bücher