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Das Vermaechtnis

Das Vermaechtnis

Titel: Das Vermaechtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Bold
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würdig erwiesen zu haben. Aber nun erinnere ich mich, dass ich wünschte, … das alles wäre nie passiert.“
    Ich war zu keinem klaren Gedanken mehr fähig. Als müsste ich eine Schularbeit schreiben, auf die ich mich nicht vorbereitet hatte, wollte mir keine Antwort darauf einfallen. Die Sekunden verstrichen und dehnten sich in meinem Kopf zu Jahren. Eine Fliege neben meinem Ohr erschien mir wie ein Hubschrauber, und die Helligkeit der Sonne ließ Lichtpunkte hinter meinen Augenlidern tanzen, als ich blinzelte. Ich kam mir vor, als würde mich gerade ein Schnellzug überfahren.
    „Begreif doch, Sam. Ich konnte, nachdem du mich damals verlassen hattest, nicht mit Sicherheit wissen, dass wir einander wirklich wieder begegnen würden. Ich konnte auch nicht wissen, ob es dir gelingen würde, mich in der Zukunft mit Vanoras Blut am Dolch zu retten. Das Einzige, was ich wusste, war, dass ich dich verloren hatte und mit jedem Tag meine Zweifel an der Wahrhaftigkeit unserer Liebe wuchsen.“
    Ich spürte zwar, wie wichtig es Payton war, dass ich ihn verstand, aber mein Herz weigerte sich, seinen Worten Glauben zu schenken. Ich hatte so viel riskiert, um sein verfluchtes Leben zu retten! Er schuldete es mir verdammt noch mal, mich im Hier und Heute glücklich zu machen!
    Payton umschlang mich mit seinen Armen und zog mich an seine Brust. Sein Duft versprach Sicherheit, die ich nicht empfand, und ich wünschte, wir könnten noch einmal ganz von vorne anfangen.
    Er war mein Leben, und ich wollte nicht wahrhaben, dass es unsere eigene Vergangenheit war, die unser Glück zu zerstören drohte. War uns die Liebe tatsächlich nicht vergönnt? Gab es keinen Weg, für immer beisammen und glücklich zu sein?
     

    Ich hatte ordentliche Kopfschmerzen, als ich mich am nächsten Tag auf dem Weg nach Aviemore befand. Zum Glück war wenig Verkehr, denn ich merkte selbst, dass ich unkonzentriert war. Payton und ich hatten die ganze Nacht geredet und waren doch kein Stück weitergekommen. Was vermutlich zusammen mit dem Schlafmangel verantwortlich für meinen pochenden Schädel war.
    Der Gedanke, der mich schon vor unserem Gespräch beschäftigt hatte, dröhnte hinter meiner Stirn wie der Bass aus meinen Boxen, aber die Frage blieb: War ich bereit, um der Liebe Willen Dinge zu tun, die Payton niemals gutheißen würde?
    Ich sah hinüber zu der Schachtel auf dem Beifahrersitz, und mein Puls beschleunigte sich. „Silver Highland Swords“ war in den Deckel geprägt. War ich bereit, alles aufs Spiel zu setzen? Wie sollte ich nur den Mut aufbringen?
    Nebel war aufgekommen und benetzte die Windschutzscheibe wie Sprühregen. Der Himmel vor mir sah eher nach einer Wetterverschlechterung aus. In den Spitzen der Bergkämme zu beiden Seiten der Straße hingen graue Schleier, die von Meile zu Meile dichter wurden. Es war, als führte mich mein Weg in den undurchdringlichen Atem eines riesigen grünen Ungeheuers. Waren die Berge tatsächlich Berge, oder hatte sich ein drachenähnliches Wesen zum Schlaf niedergelegt? Die schroffen Felsen verwandelten sich im Dunst in zackige Stacheln, und das saftige Gras wurde zu glänzenden Schuppen. Der Nebel schien mich einzuschließen, und ich fuhr langsamer – auch, um das Ungeheuer nicht zu wecken.
    Scheiße, ich hasste meine Fantasie!
    Kim, meine beste Freundin aus der Highschool, würde jubeln, wenn dies wirklich ein Monstrum wäre – der Pulitzerpreis wäre ihr mit so einer Story auf jeden Fall sicher. Da ich aber kein Interesse am Sensationsjournalismus hatte, konnten mir übernatürliche Geschöpfe auch gerne gestohlen bleiben. Und Nebel auch!
    Ich griff nach meinem Handy und wählte Alison Learys Nummer. Bisher hatte ich sie noch nicht erreicht, hoffte aber, dass sie in dem kleinen Rosengarten am Haus werkelte und nur deshalb das Telefon nicht hörte. Gerade jetzt, wo ich fürchtete, auf dem besten Weg in den Schlund des felsigen Ungeheuers zu sein, wäre mir ihre Stimme ein guter Trost gewesen.
    Wieder klingelte es, aber keiner nahm ab. Nach einer Weile gab ich auf und bereute meinen spontanen Entschluss zu dieser Fahrt. Ich hatte gehofft, Alisons mütterliche Art und Roys Gelassenheit würden helfen, mir meiner Gefühle bewusst zu werden. Immerhin stand ich vor einer gewaltigen Entscheidung.
    Etwas später hatte ich, ohne dass es mir auffiel, den unheilvollen Nebel hinter mir gelassen, und der zurückkehrende Sonnenschein hatte das Drachenwesen vertrieben und meine Fantasie in ihre Schranken

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