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Das Vermaechtnis

Das Vermaechtnis

Titel: Das Vermaechtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Bold
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verwiesen. In Schottland gab es für mich jedenfalls kaum noch etwas, was nicht vorstellbar war! Hexen, verfluchte, unsterbliche Krieger, Druiden, zu Stein verwandelte Mädchen, Zeitreisen … und das waren nur die Dinge, die ich selbst erlebt hatte.
    Es gab nicht viele Menschen, denen ich meine Geschichte erzählen konnte, ohne dass sie mich in die Psychiatrie einweisen lassen würden. Alison und Roy waren zwei dieser wenigen, und insgeheim fragte ich mich, ob sie nicht selbst Teil einer Legende waren. Roy, der rothaarige Berg von einem Mann, dessen Wurzeln zurück zu den Hexen von Fair Isle reichten. Der mehr altes Wissen, wie er es nannte, besaß, als irgendwer sonst. Und sein Gegenstück, die zarte, elfengleiche Alison, bei der ich mich vom ersten Moment an sicher und geborgen gefühlt hatte und die immer eine Ahnung zu haben schien, was kommen würde.
    So wunderte es mich nicht wirklich, dass sie mir freudig winkend entgegenkam, als ich den Wagen vor dem winzigen Haus parkte. Der Duft der Kletterrosen, die das Haus unter dem Gewicht der unzähligen Blüten zu beugen schien, hieß mich willkommen. Alisons blonder Zopf war unter einem Kopftuch verborgen, eine geblümte Schürze um ihre Hüfte gebunden. Frische Grasflecken an ihrer Jeans bestätigten meine Vermutung, sie bei der Gartenarbeit zu stören.
    Ich eilte den geschotterten Weg entlang und umarmte sie. Alison reichte mir gerade bis zu den Schultern, und das Aroma von Gebäck, das ihrer Kleidung entstieg, erinnerte mich an den tröstlichen Geruch meiner Kindheit.
    „ Fàilte !“, grüßte sie mich.
    „Hallo, Alison. Ich hatte schon Angst, du wärst nicht zu Hause.“
    Sie lächelte und führte mich durch den Rosenbogen zur Hintertür.
    „Ich hab dich doch erwartet. Du kommst genau richtig, der Tee ist gerade fertig. Komm herein und erzähl mir, was dich so weit in den Norden führt.“
    Hallo? Sie hatte mich erwartet? Da waren sie wieder, die Legenden und das Mysteriöse – und meine inzwischen zum Dauerzustand gewordene Gänsehaut!
    „Äh … erwartet? Was meinst du damit? Wie konntest du wissen, dass ich …“
    Alison warf mir über die Schulter einen amüsierten Blick zu und kicherte.
    „Da meine Kristallkugel äußerst unzuverlässige Zukunftsvisionen liefert, hab ich das Display meines Telefons befragt. Ich hab versucht, dich zurückzurufen, aber du hattest wohl kein Netz – also hab ich Payton angerufen, und der sagte, du wolltest mich besuchen.“
    Na super, sicher hielt Alison mich jetzt für bescheuert! Ich musste ja selbst schon über mich und meine verrückten Gedanken lachen. Allmählich gingen mir echt die Nerven durch. Ich hätte vielleicht doch lieber in Delaware bleiben sollen, wo das Merkwürdigste überhaupt der smarte Quarterback war, der eine Schwäche für mich unscheinbares Mauerblümchen entwickelt hatte.
    „Ah, ja klar!“, versuchte ich, meine dumme Frage abzutun, und folgte Alison in das winzige Häuschen.
    Ein duftender Strauß Schnittblumen auf dem Tisch brachte den Spätsommer in die kleine Küche, und buntes Geschirr wartete regelrecht darauf, dass von ihm gegessen wurde. Das alles war so schön irdisch, dass ich mich sogleich entspannte. Der Teekessel auf dem Herd, der heiße Earl Grey in den Tassen und die noch warmen Muffins und das Shortbread auf der altmodischen Etagere verströmten den Zauber absoluten Friedens.
    Ich setzte mich, während Alison sich die Erde von den Händen wusch und ihre Schürze abnahm. Es war nur für zwei gedeckt.
    „Wo ist denn Roy?“, fragte ich, weil ich unbedingt mit ihm sprechen wollte. Was ich plante, konnte durchaus schiefgehen. Wenn jemand etwas über die Risiken wusste, dann der sanfte Riese.
    „Der hilft drüben im alten Pfarrhaus. Ein Teil des maroden Gebälks wurde erneuert, weil der National Trust die Erhaltung des alten Hauses unterstützt. Kirchenregister aus ganz Schottland treffen nun hier ein, denn es sollen Abschriften angefertigt werden, um den Besuchern einen Einblick zu ermöglichen. Jeden Tag kommen neue Kirchenbücher an, aber die Bauarbeiten sind noch im Gange.“
    Alison schüttelte den Kopf über diese schlechte Organisation. „Roy hilft nun, wo er kann. Du weißt schon, staubige Bücher, uralte Kirchenregister … Er konnte es kaum erwarten, seine Hilfe anzubieten. Ich hoffe, du hast noch nichts gegessen, denn die Schokoladenmuffins kommen direkt aus dem Ofen.“
    „Nein, ich bin seit heute Morgen unterwegs, und mein Magen knurrte schon, als ich durch

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