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Das Vermaechtnis

Das Vermaechtnis

Titel: Das Vermaechtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Bold
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seine Vergangenheit sein heutiges Glück überschattete? Dass er dumm genug gewesen war, Sam zu gestehen, er wünschte, das alles wäre nie so geschehen? Und nun? War er vielleicht selbst schuld daran, dass sie derart aufgebracht war? Sie würde doch hoffentlich nicht aufgrund seiner unbedachten Worte wieder einmal impulsiv und leichtsinnig handeln?
    Ashley schnaubte.
    „Du bist echt doof, Payton!“, meinte sie verärgert. „Ihr beide liebt euch doch – warum könnt ihr nicht einfach diese Scheiße aus der Vergangenheit hinter euch lassen und im Hier und Jetzt leben? Das ganze Getue mit Schicksal, Bestimmung und Schuld ist doch Bullshit! Warum macht ihr es euch so schwer?“
    „Was hat sie zu dir gesagt?“, beharrte Payton, der erstaunt war, wie genau Ashley über ihre Probleme im Bilde war.
    „Vielleicht solltest du sie das selbst fragen?“
    „Ashley, Ifrinn ! Jetzt sag schon, was du weißt!“, fuhr er sie an. Dafür erntete er von Sean einen bösen Blick, woraufhin er sich zu einem nachträglichen „Bitte“ genötigt fühlte.
    „Na schön. Aber nur, weil ich mir ebenfalls Sorgen mache. Sam redet in letzter Zeit immer davon, dass sie diese Schuld auf sich geladen habe. Sie sagt, das erdrücke sie … und sie hat mich gebeten, in Nathairas Büchern nach einem Hinweis zu suchen, Kyles Leben zu retten“, fügte sie schnell hinzu und senkte beschämt den Blick.
    Beide Brüder sahen sie erschrocken an.
    „Kyles Leben retten? Das ist unmöglich! Was stellt sie sich denn vor …? Warum hast du mir das nicht gesagt?“, verlangte Payton schroff zu wissen.
    Seine Befürchtungen wuchsen ins Unermessliche, und er fragte sich, wie er so blind hatte sein können, ihren Kummer derart zu übersehen. Er fühlte sich, als täte sich der Boden unter seinen Füßen auf und reiße ihn in die Tiefe. Haltlos trudelte er durch seine Schuldgefühle, weil er nur mit sich und seinen Problemen beschäftigt gewesen war. Warum hatte Ashley ihm keinen Wink mit dem Zaunpfahl verpasst, wenn ihr Sams Unglück ja offensichtlich bekannt war?
    „Weil sie nicht wollte, dass ich mit dir darüber spreche. Hast du Esel denn wirklich nicht gemerkt, wie schlecht es ihr geht?“
    Payton sah aus dem Fenster in die Nacht. Die schwarzen Hügel zogen an ihm vorbei wie Mahnmale der Vergangenheit. Sie waren stumme Zeichen dessen, woran er felsenfest glaubte – niemand konnte den Lauf der Dinge ändern, genau, wie man Berge nicht verschieben oder das Wasser aufhalten konnte, welches an ihnen herabrann. Vielleicht konnte man kleine Brocken herumtragen, einzelne Steine mitnehmen oder herausbrechen, aber nie den ganzen Berg versetzen. Vielleicht konnte man das Wasser umleiten, ihm Steine in den Weg legen oder geringe Mengen in Eimern auffangen, aber verhindern, dass es von oben ins Tal floss, konnte man nicht. Das hatte ihn die Vergangenheit gelehrt. Auf schmerzhafte Weise.
    Warum gab sich Sam also die Schuld für etwas, was zweifellos der Lauf der Dinge war? Wie konnte sie sich für Kyles Tod verantwortlich fühlen?
    „Hast du denn etwas gefunden, was Kyle retten könnte?“, hakte Sean nach und brach so das erdrückende Schweigen, als er eine Weile später in den schmalen Weg einbog, der zum Friedhof führte. Es ging bereits auf Mitternacht zu, und je näher sie der abgeschiedenen Grabstätte kamen, umso greifbarer wurde die Anspannung.
    Ashley seufzte und atmete aus, so, als wäre sie froh um die Frage.
    „Nein, natürlich nicht. Selbst wenn in den Büchern etwas Derartiges zu finden wäre … die meisten sind in gälischer Sprache oder Latein.“
    Payton wusste nicht, ob er erleichtert sein sollte oder nicht. Er wäre – genauso wenig wie Sean – auf die Idee gekommen, das Schicksal erneut herauszufordern, um Kyles Leben zu retten, sollte es überhaupt möglich sein. War Sam so stark, diese Herausforderung zu suchen? Wie weit würde sie gehen, um das, was sie für ihre Schuld hielt, zu sühnen?
    Er schüttelte den Kopf, und ein gälischer Fluch ging ihm leise über die Lippen. Dieses sture Frauenzimmer! Er musste sich eingestehen, dass er Samantha unterschätzt hatte. Als er sie zum ersten Mal gesehen hatte, war sie nicht mehr als ein einfaches Mädchen, das einen ziemlich verlassenen Eindruck während ihres Schüleraustausches gemacht hatte. Heute war von diesem Mädchen nicht mehr viel übrig – und das war vermutlich ihren Erlebnissen mit ihm und Seinesgleichen geschuldet.
    Aber würde sie sich freiwillig in unermessliche Gefahr bringen?

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