Das Vermaechtnis
zu Fuß zu bewältigen.
Himmel, ich brauchte ein Pferd! Ich sah mich auf der Lichtung um, die schon bald ein Friedhof werden würde, aber, wie ich schon geahnt hatte, stand nicht zufällig eines herum.
Ich musste mir wohl etwas einfallen lassen.
Kapitel 8
Burg Galthair, 1741
Wolken zogen auf. Der Wind hatte gedreht. Nathaira stand auf den Zinnen der Burg und atmete diese neue Brise. Tief sog sie die Luft in ihre Lunge und wusste dennoch nicht, was es zu bedeuten hatte. Sie hob ihre Hände in den Nachthimmel und fühlte die Kälte des Mondlichts auf ihren Fingern. Ihr schwarzes Gewand umfloss ihren schlanken Körper wie ein Wasserfall aus glänzendem Obsidian. Trotz des funkelnden Glanzes blieb ihr die Erleuchtung verwehrt.
Warum hatte der Wind gedreht? Schon vor Jahren hatte sie die Zukunft gesehen. Hatte in ihren Visionen jeden Lufthauch kennengelernt, der sie ihrem Schicksal näher brachte – und bis zu diesem Tag hatte sich alles so ereignet, wie sie es vorhergesehen hatte.
Sie war eine Fair-Hexe, eine Tochter des Meeres, Gebieterin über die Kräfte der Natur, genau wie ihre Mutter. Sie kannte ihr Schicksal genauso gut wie den Wind, der ihr dieses wie ein altes Lied ins Ohr flüsterte. Also – warum sang der Wind heute ein so fremdes Lied? Wo kam sie her, diese unbekannte Melodie?
Da ihr der Himmel keine Antwort gab, ließ sie die Hände sinken und schloss die Augen.
Befreit vom Leid für die Ewigkeit,
wird ein Fluch zum Segen der Unendlichkeit
In all den Jahren hatte der Wind diese Zeilen geflüstert, doch in dieser Nacht lauschte Nathaira anderen Worten.
Imbolc wird kommen, und all dein Schmerz
wird dir genommen durch des Wikingers Herz.
Kapitel 9
Friedhof bei Auld a´chruinn, heute
Die Anspannung im roten Mini war greifbar. Obwohl Sean das Gaspedal durchtrat und beinahe jede Geschwindigkeitsbegrenzung missachtete, ging es Payton nicht schnell genug. Seit Sams rätselhaftem Anruf war seine Laune im Keller. Am liebsten hätte er den Wagen selbst gesteuert, aber da Ashley ebenfalls mitgekommen war, bestand sein Bruder darauf, jemanden am Steuer zu haben, der seiner Meinung nach nicht einem emotionalen Wrack glich.
„ Bas mallaichte , Sean, du fährst wie ein Mädchen. Geht das nicht schneller?“, fluchte Payton ungeduldig.
„Nein – geht es nicht. Willst du uns vielleicht endlich erzählen, warum wir in diesem lebensbedrohlichen Tempo durch die Highlands brettern müssen?“
Payton schnaubte und schlug mit der Hand gegen das Armaturenbrett. Wenn er doch nur wüsste, was eigentlich los war. Sam hatte sich kaum etwas entlocken lassen, aber selbst durchs Handy hatte er gespürt, wie aufgewühlt sie gewesen war.
„Irgendwas stimmt da nicht. Ich habe Sam noch nie so erlebt. Dieser Anruf … und der verdammte Friedhof … sie ließ sich nicht davon abbringen, dorthin zu fahren. Ifrinn , Sean, ich fürchte, sie macht eine große Dummheit. Es sieht ihr überhaupt nicht ähnlich, ihr Telefon auszuschalten.“
Das war es auch, was Payton so aufregte. Klar stand zurzeit nicht gerade alles zum Besten zwischen ihnen, aber dass sie einfach auflegen und ihn damit aus ihren Entscheidungen aussperren würde, hatte er nicht erwartet.
„Was meinst du?“, fragte Ashley und streckte ihren Kopf zwischen den beiden Sitzen nach vorne. „Was hat sie denn genau gesagt?“
Payton zuckte mit den Schultern und fuhr sich in einer hilflosen Geste durchs Haar.
„Sie hat nicht sagen wollen, was eigentlich los ist, nur dass sie etwas Unglaubliches gefunden hat und sich deshalb auf den Weg zum Friedhof von Auld a´chruinn machen wollte.“
Payton presste seine Lippen aufeinander. Es fiel ihm noch immer sehr schwer, auch nur an den Friedhof – und das, was sich dort zugetragen hatte, zu denken. Aus diesem Grund wurde er auch von Meile zu Meile wütender auf Sam. Warum hatte sie ihn ausgerechnet an diesen Ort bestellt, ohne ihm eine Erklärung zu geben?
„Ich will mich sicher nicht bei euch beiden einmischen, Payton, aber irgendwas läuft doch bei euch nicht rund.“
Ashley schien sich unwohl dabei zu fühlen, ihn darauf anzusprechen, und unter normalen Umständen hätte er mit ihr auch nie über Sam gesprochen, aber seine Sorge um sie überwog.
„Hat sie etwas zu dir gesagt, Ashley? Ich weiß momentan nicht, was in ihr vorgeht … wir hatten in den letzten Tagen … nun, nicht gerade Streit, aber … aber … es ist schwierig.“
Wie sollte er denn vor Sean und Ashley erklären, dass
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