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Das Vermaechtnis

Das Vermaechtnis

Titel: Das Vermaechtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Bold
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kalten Haut wie glühendes Eisen an, und – hätte er die Kraft aufgebracht –, hätte er sie zurückgestoßen, aber er konnte sich nicht regen. Seine Glieder gehorchten ihm nicht, als er wie eine Marionette, deren Fäden man durchtrennt hatte, zu Boden sackte.

Kapitel 10
    Schottland, 1741
     
    Seit Payton Burragh und seinen Bewohnern den Rücken gekehrt hatte, atmete er leichter. Jetzt, nur in Gesellschaft seiner düsteren Gedanken, war es ihm, als wäre er befreit. Befreit davon, so zu tun, als hätte er Gefühle.
    Er hatte die Verachtung seines Vaters für das, was er und Sean auf Befehl ihres Bruders Blair getan hatten, erkannt, und er wünschte, Fingal könnte ihnen vergeben. Was geschehen war, würde sich nicht ändern lassen und auch Kyle nicht wieder lebendig machen. Aber so sehr Payton auch wünschte, der enttäuschte Ausdruck möge aus seines Vaters Gesicht weichen, so gleichgültig war er doch gegenüber der verdienten Verachtung. Zwar wusste er um seine Schuld, aber Vanoras Fluch verhinderte den dazugehörigen Schmerz. Ebenso wenig empfand er Scham und Trauer. Und er ahnte, dass sein Vater sie vielleicht dafür sogar noch mehr verachtete als für ihre blutige Tat.
    Payton strich über das warme Fell seines Pferdes, während er überlegte, welchen Weg er einschlagen sollte. Allein mit sich selbst, kamen ihm seine erdrückenden Gedanken weniger schwer vor, und er glaubte sogar, eine Ewigkeit ohne jeden anderen Menschen leichter ertragen zu können als in Gesellschaft, denn dann spürte er die verheerenden Auswirkungen des Fluchs nicht so sehr.
    Glück, Freude, Liebe und Leid waren immerhin Gefühle, die durch menschliche Nähe ausgelöst wurden. Blieb er also für sich, musste er all dies auch nicht vermissen.
    Er führte das Pferd auf die Hügelkuppe und sah hinab auf die Weiten, die ihn umgaben. Einsamkeit war etwas, was man im Hochland sehr leicht erreichen konnte, und das erschien ihm wie ein Geschenk. Hier konnte er sein, was er war, ohne jemanden zu enttäuschen, ohne seinem alten Leben hinterherzutrauern und ohne die Zukunft zu fürchten – eine Zukunft, die ebenso trist sein würde wie dieser Moment.
    Gefangen in der Ewigkeit des Seins …
    In seinen Ohren klang das merkwürdig, und er fragte sich wieder einmal, warum Vanora genau diesen Fluch gewählt hatte. Wenn sie sie nur hatte strafen wollen, warum ihnen dann ewiges Leben geben? Ewiges Leben war ein Geschenk. Auch Blair, Cathal und Nathaira schienen den Fluch nicht wirklich zu bedauern. Sie hatten, wie er und Sean, ihr Lachen verloren und ihr Hass war verblasst, aber ansonsten lebten sie beinahe unverändert weiter. Cathal hatte durch das Massaker seine Stärke bewiesen und führte nun, da er seine Halbbrüder los war, unbehelligt den Clan. Er hatte erreicht, was er und Nathaira sich immer erträumt hatten.
    Payton fragte sich nur, wie lange sie alle so weitermachen konnten, denn irgendwann würden sich die Menschen um sie herum darüber wundern, dass sie keinen Tag alterten. Was blieb ihnen dann anderes, als ihrem Zuhause den Rücken zu kehren und sich zu verstecken?
    Sein Blick glitt über die felsige Landschaft mit den blaugrauen Bergen im Hintergrund. Er zog an den Zügeln und ließ das Pferd gemächlich seinen Weg in Richtung Norden nehmen. Ein milder Windhauch fuhr ihm unter den Kilt, und er hob sein Gesicht der Sonne entgegen. Früher hätte sie ihn gewärmt, hätte rot hinter seinen geschlossenen Lidern ihre Kraft entfaltet und seine Seele gestreichelt. Noch immer blendete es ihn, selbst wenn er die Augen schloss – nur brachte es ihm keinen Frieden.
    Es war ein schöner Tag. Und Payton wünschte, es wäre sein letzter.

    Ich lobte mich selbst für meine gute Idee, das Loch auf der Suche nach einem Dorf zu umrunden. Schließlich erinnerte ich mich noch genau daran, wie Payton mir die Legende der Fünf Schwestern von Kintail erzählt hatte. Ich konnte ihn beinahe sprechen hören:
    „Die Legende der fünf Schwestern handelt von einem Mann, der vor langer Zeit mit seinen fünf Töchtern in der Nähe von Kintail lebte. Man sagte ihm nach, er sei ein Druide gewesen. Er soll seine Töchter so sehr behütet haben, dass sie voll Unschuld, aber auch unwissend heranwuchsen. Sie seien alle ausnehmend schön gewesen, so schön, dass kein Mann aus der Umgebung es jemals wagte, die Mädchen anzusprechen, auch aus Angst vor dem Vater.“
    Kein Mann aus der Umgebung – im 21. Jahrhundert gab es ganz in der Nähe einen Ort. Auld a´chruinn. Und

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