Das Vermaechtnis
menschenleer, und er trieb dem Pferd die Fersen in die Seiten.
Der Schmerz drohte ihn zu überwältigen.
Daingead , was war das? Was geschah mit ihm?
Sein Herz donnerte schneller als die Hufe seines Pferdes, als er Craig Liath Wood im Galopp hinter sich ließ.
Kapitel 13
Friedhof bei Auld a´chruinn, heute
Das waren die längsten vier Tage seines Lebens gewesen. Payton hatte schon geglaubt, die Zeit würde rückwärts laufen, so unendlich lang war ihm das ewige Warten vorgekommen. Nun waren sie erneut auf dem Weg zum Friedhof und er bereit, Sam zurückzuholen.
War er wirklich bereit? Unsicher strich er über das Muster seines Plaids. Die Farben waren ihm so vertraut, dass es ihm vorkam, als hätte er nie aufgehört, sie zu tragen. In Wahrheit jedoch hatte er schon vor langer Zeit den Tartan der McLeans abgelegt, obwohl ihn sein Treueeid durch den Fluch zu einem ewigen Gefolgsmann seines Bruders Blair gemacht hatte. Seine Ehre hatte ihm in all den Jahren geboten, zu diesem Eid zu stehen. Aber den Glauben an die Clans, ihre Anführer und das Clanswesen an sich hatte er längst verloren und damit auch seine Farben abgelegt.
Nun würde er zurückkehren in eine Zeit, in der die Menschen für nichts anderes als ihren Laird und ihren Clan lebten. In der im Namen des Clans gekämpft, geheiratet und gemordet wurde. Würde er sich überhaupt noch in dieser längst vergangenen Zeit zurechtfinden?
Unwillkürlich fuhr seine Hand an den Knauf des Breitschwertes. Er war ungeübt. Natürlich war er ungeübt! Ein unsterblicher, unverwundbarer Schotte brauchte kein Schwert zu führen, und ohne Gefühle hatte es auch nur wenig gegeben, um das sich zu kämpfen gelohnt hätte. Erst Sam hatte seinen Kampfgeist wieder geweckt.
Sean bog von der Straße ab und ließ das Auto langsam das letzte Stück auf dem Feldweg bis zum Friedhof rollen.
Es war ein typischer Tag in Schottland. Die Sonne kämpfte gegen die schnell dahin wehenden Wolken, die schwer vom Regen waren, und die Luft war klar wie nach einem Schauer.
Als das Motorengeräusch erstarb, herrschte drückendes Schweigen im Wagen, aber keiner öffnete die Tür. Obwohl er es in den letzten Tagen nicht hatte erwarten können, zögerte Payton nun.
Sein Gespräch mit Sam ging ihm durch den Kopf.
„Ich weiß, dass ich nicht mehr der Mann bin, den du damals verlassen hast. Wa nn immer ich dich ansehe, frage ich mich, ob du mich damals nicht mehr geliebt hast als heute. Ich wünschte selbst, der Mann zu sein, der ich war. Zu fühlen, was ich damals gefühlt habe, denn dich in jenem Moment gehen zu sehen, hat etwas in mir sterben lassen. Ich liebe dich mehr als mein Leben, aber ich wünschte, wir hätten uns nicht so einfach aufgegeben“ , hatte er Sam gestanden.
Nun fragte er sich, ob er nicht recht gehabt hatte. Hatte Samantha ihn verlassen, um zu seinem alten Ich zurückzukehren? Hatte sie sich für den Mann entschieden, der er einst gewesen war?
„Ich habe dich nicht aufgegeben, Payton! Ich habe dich gerettet! Wäre ich nicht zurückgekommen, würdest du längst nicht mehr leben! Du hast mich damals fortgeschickt.“
Was, wenn sie nie zu ihm hatte zurückkehren wollen? Wenn sie in Wahrheit lieber in der Vergangenheit geblieben wäre?
Payton stieg, wütend auf sich selbst, aus dem Wagen und ging mit schnellen Schritten durchs Gras.
Er war tatsächlich eifersüchtig auf sich selbst! Gab es etwas, das noch dümmer war?
Sam gehörte zu ihm. Ins 21. Jahrhundert. Hier sollte sie sein. Hier bei ihm ihr Glück finden und ihm nicht in anderen Zeiten hinterherjagen.
„Payton!“, rief Sean, der ihm hektisch gefolgt war. „ Bràthair , warte. Wenn du …“, er zögerte und schien nach den richtigen Worten zu suchen, „… wenn du Vater sehen solltest …“
Sean rang sichtlich mit seinen Gefühlen. Schließlich umarmte er Payton einfach fest und murmelte dabei an dessen Ohr: „… sag ihm, ich liebe ihn und hoffe jeden Tag meines Lebens auf seine Vergebung.“
Paytons Kehle war wie zugeschnürt. Sein Vater. Daran hatte er nicht gedacht. Er hatte nur darüber nachgedacht, Sam wiederzusehen, aber die Möglichkeit, seiner Familie noch einmal zu begegnen, dabei völlig übersehen.
Fingal. Sein Vater. Konnte er es über sich bringen, sich dessen Verachtung zu stellen? Weil er keine Antwort auf diese Fragen hatte, nickte er nur und zog seinen Dolch.
„Pass auf dich auf, Kleiner!“, verabschiedete sich Sean.
„Keine Sorge. Wir sehen uns wieder, wenn ich Samantha nach
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