Das Vermächtnis der Feen (German Edition)
leider noch ziemlich nüchtern …«
Josie wischte ihre nervös feuchten Hände am Cape ab. »Und dann?«
Ein kleiner rothaariger Troll mit winzigen Ohren sprang auf die Bank, wohl, damit er größer wirkte. »Man hat nicht lang herumgemacht und sie in den Wald gebracht. Gebunden auf ein schwarzes Schwein, sprengte sie elend und allein nach Ombragon, den Wald der Schatten. Tupan jedoch und seine Brüder erfuhren dieses von den Ratten und eilten rasch und ohne Zagen, dem Schweine wieder abzujagen, das Schepselweib …«
»Tapan, Tipan und Tupan?«, unterbrach ihn Josie erstaunt.
»Unsre tapf’ren Waffenbrüder!«, sagte Torun stolz.
»Die drei wirken recht grob und unhöflich, aber sie haben Mumm in den Knochen«, bestätigte Edna. »Sie haben das abscheuliche schwarze Schwein niedergerungen und mich in einer mehr als gewagten Aktion hierhergebracht. Seither verstecken mich die Trolle in ihrem verborgenen Höhlensystem, wo sie das Freiheitslicht bewachen. Trolle sind ein unbeugsames … nichts für ungut …«, sie warf Torun einen entschuldigenden Blick zu, »man könnte fast sagen, starrköpfiges Volk. Sie haben sich nicht, wie viele andere, Dykeron unterworfen. Das Freiheitslicht gibt ihnen die Kraft dazu.«
»Liberatis Lux«, murmelte Josie und blickte zu der Laterne. »Diese Funzel?«
»Sicher ist euch schon aufgefallen, dass es hier kein warmes Licht gibt«, fuhr Edna fort. »Dykeron und seinesgleichen ertragen es nicht. Nach der Spaltung der Welten ließ der Fürst der Finsternis von seinen Schergen sämtliche Feuer löschen. Doch gelang es den Trollen, diese kleine Flamme hier, die sich noch aus Solaria speist, zu retten.« Edna deutete auf die Laterne. »Liberatis Lux – die Flamme der Freiheit. Die Flamme der Hoffnung.«
»Libertatis Lux! – Liberatis Lux!«, riefen die Trolle im Chor. Schaurig und dennoch hoffnungsvoll hallte es von den Wänden wider.
Nachdem der Freiheitsruf der Trolle verklungen war, herrschte für einen Moment versonnenes Schweigen.
»Und Amy?«, brach Josies bange Frage in die Stille. »Ist sie noch immer im Kerker?«
Edna schüttelte traurig den Kopf. »Dykeron hat sie in sein Glaciorum bringen lassen.«
»Glaciorum?«, wiederholte Arthur. »Nie gehört!«
Der Trollkönig übernahm es, ihm zu antworten. »Vor Kälte diese Kammer starrt, kein Hauch von Leben darin weht. In klirrend Eis darin verharrt wie tot, gefroren fortbesteht, was Dykeron, in finst’rer Lust, um sich geschart. Mit eis’gen Pfeilen lässt er frier’n der Herzen Schlag, der Seelen Sein, und weidet sich am Kollektier’n von Elfchen, Nixen, raren Wesen. Denn schon allein, sie zu besitzen, ist ihm jeher Genuss gewesen.«
Arthur hob die Augenbrauen. »Hab ich das richtig verstanden? Dykeron sammelt seltene Elfen und Nixen und friert sie ein?«
»So wie andere Briefmarken«, bestätigte Edna und fuhr mit rauer Stimme fort: »Ich hab das Glaciorum nie mit eigenen Augen gesehen. Aber wie man mir erzählt hat, hat dieser Schurke Amy buchstäblich kaltgestellt, damit sie ihm bis zum Drachenopferfest nicht doch noch abhandenkommt. Und leider reichen die Mittel der Trolle nicht aus, sie von dort zu befreien.« Sie hob in einer hilflosen Bewegung die Hände und ließ sie wieder sinken.
Josie überfiel ein Gedanke, der ihr das Herz abschnürte. »Ich hab es gespürt«, murmelte sie. »Ich hab genau gespürt, dass ich den Zugang zu ihr verloren hab. Wie abgeschnitten.«
Edna senkte den Kopf. »So ging es mir auch. In ihrem jetzigen Zustand empfindet Amy gar nichts. Keine Erinnerung, keine Freude – aber glücklicherweise auch keinen Schmerz und keine Angst. Das tröstet mich etwas.«
Sichtlich um Haltung bemüht richtete sie sich auf und blickte Josie an. »Aber jetzt musst du erzählen!«
Josie räusperte sich und begann. Außer dem geräuschvollen Schnaufen der Trolle und einem gelegentlichen Quieken unter ihren Füßen, das Josie noch immer Missbehagen bereitete, war es ganz ruhig in der Höhle. Alle folgten ihr mit großer Aufmerksamkeit. Als dann die Sprache auf Wolf kam, übernahm es Arthur, die Geschichte seines Vorfahren zu erzählen, da die Trolle Wolfs Gedanken nicht wahrnehmen konnten. Nachdem er zu guter Letzt noch seine Begegnung mit Myrddin geschildert hatte, hob Edna, die ihnen mit geschlossenen Augen zugehört hatte, den Kopf. Sie blickte in die Laterne, als sei sie aus einem tiefen Traum erwacht.
»Wie verworren das alles ist«, sagte sie gedehnt und mehr zu sich selbst als
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