Das Vermächtnis der Feen (German Edition)
Monster? Josie ging schneller. Wie ein Priester, der mit einem Kreuz Dämonen vertreibt, hielt sie den Bestien die sprühende Drachenfibel entgegen. Unsicher winselnd, aber dennoch nicht bereit, ihre Beute herauszugeben, drängten sie sich zusammen. Dann erreichte der Funkenregen die Ersten. Jammervolles Jaulen hob an. Die Biester wanden sich, zuckten, Schaum quoll aus ihren Lefzen. Dann wurde Josie Zeuge einer atemberaubenden Verwandlung. Aus den borstigen Wolfsköpfen kristallisierten sich die Züge menschlicher Gesichter, die Tierleiber streckten sich und richteten sich auf. Verstört ihre Körper abtastend, standen drei Männer vor ihr. Finstere Gestalten in deren Blick dieselbe Boshaftigkeit lag, die Josie schon in den Wolfsaugen gesehen hatte. Winselnd wie verletzte Hündchen, zogen die anderen Werwölfe die Schwänze ein. Dann machte der Erste kehrt und jagte davon, die anderen rasten ihm wie von Sinnen nach.
Die verwandelten Kerle ließen den regungslosen Wolf unbeachtet liegen und wankten stumm auf Josie zu. Ihre verzerrten Gesichter verhießen nichts Gutes. Hoffentlich reichte ihre magische Kraft noch aus! Josie hielt ihnen verkrampft die Fibel entgegen, während sie Schritt für Schritt zurückwich. Was für Schauerfiguren! Das narbige Gesicht des Größten zeugte von erbitterten Kämpfen. Der Nächste trug Patronenhülsen und zwei altertümlichen Pistolen am Gürtel. Der Letzte umklammerte mit blutbeschmierten Händen ein Messer. Doch noch ehe die geisterhaften Unholde Josie erreicht hatten, knickten einem nach dem anderen die Beine weg. Noch während sie sich unter jammervollem Stöhnen aufzurappeln versuchten, registrierte Josie unversehens eine erneute Veränderung. Die Gesichter der Wolfsmenschen alterten. Ihre Haut welkte in Sekundenschnelle, wurde runzlig und schwarz wie die einer Dörrpflaume. Gleichzeitig ermatteten ihre Bewegungen und erstarben zuletzt ganz. Ihre maroden Körper verfielen. Rapide, gespenstisch und vollkommen geräuschlos. Für einen kurzen Moment sah Josie noch Skelette. Dann fegte eine plötzliche Böe drei Staubwolken über den Burggraben.
Josie schoss zu ihrem vierbeinigen Freund, der bewegungslos am Boden lag. Seine Zunge hing schlaff aus dem Maul, er blutete aus unzähligen Bisswunden. Tränen liefen über ihr Gesicht.
»Du darfst nicht sterben! Doch nicht jetzt!«, flüsterte sie und strich ihm bang über den Kopf. Entsetzt registrierte sie, dass sich der Brustkorb ihres Freundes kaum mehr hob. Laut aufschluchzend warf sie sich über ihn. »Du bist so nah daran, den Kreislauf zu durchbrechen. Wenn du jetzt aufgibst, wirst du wieder als Hund geboren werden. Aber – Nárbflaith erwartet dich doch!«
Als Wolf den Namen der Geliebten vernahm, zuckte er zusammen. Josie fuhr hoch. Ihre Gedanken schwirrten wie ein Wespenschwarm. Mund-zu-Mund-Beatmung? Mit einem Blick auf Wolfs riesige Schnauze verwarf sie diese Idee gleich wieder. Jetzt erst kam ihr der entscheidende Geistesblitz. MoDains Zauberfläschchen! Hastig löste sie den kleinen Flachmann von der Silberkette und träufelte ein paar Tropfen auf Wolfs Zunge. Schon nach wenigen bangen Sekunden begann er wieder tiefer zu atmen. Er zog die Zunge ins Maul zurück und öffnete die Bernsteinaugen. Ein schmerzvolles Stöhnen folgte. Erlöst strich Josie über seine Stirn. Dann gab sie etwas von dem Wundermittel auf eine böse Fleischwunde, die am rechten Oberschenkel klaffte. Wolf jaulte auf. Nur Augenblicke später begann sich die Wunde zu schließen.
»Es wirkt!«, jubelte Josie und machte sich eiligst daran, eine Blessur nach der anderen zu verarzten. Zuletzt verpasste sie Wolf noch einen Schluck zur Stärkung und verstaute das Fläschchen wieder an seinem Platz. Dann erhob sie sich. »Wie fühlst du dich?«
Wolf sprang auf wie ein junger Hund. Er schmiegte seinen großen Kopf eng an ihre Beine. »So gut wie neugeboren!« Seine dunkle Stimme in ihrem Bewusstsein klang bewegt. »Wie soll ich dir nur danken? Du hast mich gerettet, trotz größter Gefahr für dein eigenes Leben.«
Josie lächelte verlegen. »Das muss man MoDain lassen. Sein Whiskey hat es wirklich in sich.«
»Josie! Wo bleibt ihr bloß?«
Josie blickte sich um. Arthur rannte auf sie zu. Er fuchtelte aufgeregt mit ihrem Umhang. »Hast du deinen Mantel verloren? Seid ihr wahnsinnig! Bernhard und Bianca sind überzeugt, dass euch die Werwölfe bereits zerrissen haben.«
»Hätten sie auch fast«, antwortete Josie knapp.
»Bloody Hell!« Arthur starrte
Weitere Kostenlose Bücher