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Das Vermächtnis der Feen (German Edition)

Das Vermächtnis der Feen (German Edition)

Titel: Das Vermächtnis der Feen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Endres
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reichte es ihr.
    Amy nahm es wortlos an und wischte sich über die Wangen.
    Josie räusperte sich. »Aber ein Mensch kann sich doch nicht in Luft auflösen, einfach so – nicht mal durch einen Tornado. Du hast sie doch sicher gesucht.«
    Amy nickte unglücklich. »Klar, aber du kannst dir das nicht vorstellen. Man hat die Hand nicht vor Augen gesehen. Ich hab mir die Seele aus dem Leib gebrüllt. Dann ist ein Nachbar mit einer Taschenlampe gekommen, mehr schon ein Flutlicht, du weißt schon, diese Riesendinger. Der hat alles abgeleuchtet, aber Edna war wie vom Erdboden verschluckt.« Amys Stimme bebte. »Ich – ich glaub, sie ist …«, sie zögerte, »weggeflogen.«
    »Wie Mary Poppins?« Josie sah sie zweifelnd an.
    Amy zuckte niedergeschlagen mit den Schultern.
    »Wahnsinn! – Was hast du dann denn bloß gemacht?«
    »Es war die schlimmste Nacht meines Lebens. Die Nachbarn haben die Polizei geholt, aber die kam erst am nächsten Morgen. Die hatten ja alle Hände voll zu tun wegen dem Stromausfall. Super Gelegenheit einzubrechen, wenn die Alarmanlagen nicht funktionieren und die Leute ihre Wohnungen verlassen haben. Als sie Entwarnung gegeben haben, bin ich rauf in die Wohnung. Eine Frau aus dem zweiten Stock – ich kenn sie kaum – wollte unbedingt, dass ich bei ihr schlafe. War ja gut gemeint, aber ich wollte daheim sein, falls Edna wieder auftaucht. Hab sowieso kein Auge zugemacht. Am nächsten Tag haben die Cops alles aufgenommen und ich hab eine Vermisstenanzeige aufgegeben. Aber sie haben Edna bis heute nicht gefunden.«
    »Dann bist du ganz allein?«, sagte Josie tonlos.
    »Hast du mal von dem großen Eisenbahnunglück in Alabama gehört?« Josie schüttelte den Kopf. »Dreiundvierzig Tote, Mum und Dad wollten Dads Familie besuchen. Ich war noch ein Baby, Edna sollte die paar Tage auf mich aufpassen – daraus sind dann all die Jahre geworden.«
    »Meine Mum ist auch tot, ein Autounfall, als ich noch ganz klein war«, sagte Josie. »Ich lebe auch bei meiner Großmutter. Ist das nicht eigenartig? All diese Parallelen.«
    Amy nickte langsam. »Ja, es ist mehr als eigenartig. Und noch dazu haben wir dieselbe ausgefallene Augenfarbe. Dann das mit der Musik. Und vor allem die Sache mit der Amsel. – Ich glaube …«
    »Was glaubst du?«
    »Die Amsel ist erst nach Ednas Verschwinden aufgetaucht. Ein paar Tage später saß sie plötzlich am Fenster und zwitscherte diese Melodie. Das fand ich schon seltsam, aber als sie mir dann die Brosche aufs Sims gelegt hat, dachte ich gleich …«
    Josie rann es eiskalt über den Rücken. »Du meinst, Edna hat sie geschickt? – Aber was will die Amsel dann von mir? Ich kenne deine Großmutter doch gar nicht.«
    »Weiß nicht. Edna hat manchmal Kontakt zu Dingen …« Amy schien nach Worten zu suchen. »Zu Dingen, die normale Leute nicht mitkriegen. Sie ist anders … Na ja, ich bin wohl auch irgendwie anders.«
    Josie schob gedankenvoll eine Haarsträhne hinters Ohr. »Das kenn ich! Ich wünschte oft, ich wäre nicht so …«, sie suchte nach dem richtigen Wort, »… nicht so supersensibel. In der Schule finden sie mich wahrscheinlich definitiv uncool.«
    »Geht mir genauso!« Amy verzog den Mund. »Schule!« Dann stand sie auf. »Ich muss jetzt die Hunde zurückbringen.«
    Die Möpse zockelten, müde vom Herumtoben, hinter den Mädchen her. Sie waren schon in der Dearborn Street, als Amy ohne Ankündigung fluchtartig in eine Hofeinfahrt huschte. Josie folgte ihr verwundert. »Was ist?«
    »Der Streifenwagen. Vorn an der Ampel!«
    »Und?«
    »Die dürfen mich auf keinen Fall sehen!«
    »Wieso?« Josie sah sie erschrocken an.
    Amy presste den Rücken an die Betonwand und spähte zur Straße. Eben fuhr der Wagen der Stadtpolizei vorbei. Mit einem Aufatmen zerrte sie ihren Mops hoch, der wie ein Mehlsack auf dem Asphalt lag. Sie warf Josie einen prüfenden Blick zu, als überlege sie, ob sie sich ihrer neuen Freundin anvertrauen sollte.
    »Es ist so«, begann sie, während sie wieder auf den Gehweg traten. »Edna ist vermisst gemeldet und ich bin minderjährig. Das Jugendamt wollte mich unbedingt nach Prattville abschieben. Ein Bruder meines Dads lebt dort mit seiner Familie.«
    »Und was wäre so schlimm daran?«, fragte Josie.
    Amy blieb abrupt stehen. »Schlimm?« Sie verdrehte die Augen. »Gosh! Schlimm ist gar kein Ausdruck! Es wäre das absolut Oberletzte! Ich hatte in den Ferien mal das Vergnügen. Der fette Onkel Ken und Tante Heidi mit ihren fünf

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