Das Vermächtnis der Feen (German Edition)
knapp. »Einer deiner Vorfahren.«
Amy hob die Augenbrauen. »Willst du mich auf den Arm nehmen?«
Arthur grinste schief. »Wenn ich nicht so k.o. wäre …«
»Vielleicht …«, murmelte Josie. »Hört mal!«, rief sie den Elfen zu, die noch immer ausgelassen über den toten Drachen tanzten. »Ihr könntet euch nützlich machen.« Sie deutete auf den Felsen. »Eine von euch fliegt jetzt da hoch und bittet unseren vierbeinigen Freund zu uns herunter. Und die anderen zwei sagen den Trollen Bescheid, dass wir dringend ein Boot brauchen.«
»Es ist uns ein Pläsier, wir sind gleich wieder hier.« Sofort flatterte Tausendzehn los. Und auch die anderen beiden machten sich, glücklich, etwas für ihre Retter tun zu können, umgehend auf den Weg. Wie kleine Silberpunkte schwirrten sie in die Nacht.
Amy sah ihnen traumverloren nach. »Wie sind wir nur in diese seltsame Welt geraten?«
»Das würde ich auch gern wissen«, erwiderte Arthur gedehnt. »Manchmal hab ich fast das Gefühl, ferngesteuert zu werden.«
»Ich denke, der Professor hat recht, Momas und Ednas Geschichten beeinflussen die Dinge hier«, sagte Josie. »Und sicher auch die vielen alten Überlieferungen. Und natürlich auch unsere eigenen Fantasien.«
»Bedenke stets des Wortes Macht, und nutze es nie unbedacht! Edna wusste es«, murmelte Amy vor sich hin.
»Vielleicht hat Onkel Aaron ja recht«, sagte Arthur. »Aber ging es euch nicht auch manchmal so, dass ihr euch gefragt habt: Woher kommt jetzt eigentlich dieser Gedanke, diese Idee …? So, als wäre noch …« Er hielt, nach einem geeigneten Begriff suchend, inne. »Als ob da noch ein anderer … nennen wir es Schöpfer wäre.«
Amy starrte ihn verständnislos an. Arthur winkte ab. »Was soll’s! Man muss nicht alles verstehen. Hauptsache, wir haben unsere Mission erfüllt.«
Gähnend ließ er sich auf einem lang gezogenen Felsbrocken nieder. Josie folgte ihm grübelnd und auch Amy kam ihnen nach.
Über dem Schauplatz der düstersten Geschehnisse lag ein eigentümlicher Friede. Die grimmige Dunkelheit schien auf einmal samten und zahm. Ganz ins Flechtwerk ihrer Gedanken verstrickt lauschten sie dem sanften Plaudern der Wellen. Ein unerwartet milder Lufthauch berührte Josies Stirn und nahm die schrecklichen Erlebnisse mit sich, so wie Moma früher kleine Verletzungen weggepustet hatte. Wohlgefühl umhüllte sie wie eine warme Decke. Wie dankbar war sie, Arthur und Amy unversehrt bei sich zu haben! Arthur röchelte leise. Sie schmunzelte. Er schlief. Sachte sank sein Kopf an ihre Schulter. Vorsichtig rückte sie ein wenig zurück und bettete ihn auf ihren Schoß. Ihr Blick wanderte zärtlich über seine schlafenden Züge. Amy lächelte sie an. Ein Lächeln, in dem eine unausgesprochene Frage lag. Eine Frage, die Josies Herz mit einem freudigen Sprung beantwortete. Am Horizont stand ein goldener Streifen. Er kam ihr jetzt viel breiter und leuchtender vor als zu Beginn ihres Abenteuers. »Narranda«, flüsterte sie.
»Narranda«, wiederholte Amy leise, wie jemand, der sich an etwas fast Vergessenes erinnerte. »Druid Dubh. Warst du da?«
Und während sie warteten, begann Josie zu erzählen.
Amy hing an ihren Lippen, während Josie versuchte, ihr die komplizierten Ereignisse in verständlicher Reihenfolge zu schildern.
So fiel ihnen nicht auf, dass es ziemlich lange dauerte, bis schwere Flügelschläge ihre Aufmerksamkeit nach oben lenkten.
»Wolf!« Josie widerstand dem Impuls aufzuspringen, um Arthur nicht zu erschrecken. Doch der rieb sich bereits benommen die Augen und raffte sich schon auf, bis der große Hund auf der Plattform landete.
Tausendzehn flatterte, entschuldigend mit den Händchen gestikulierend, zwischen Wolfs Ohren hoch. »Verzeiht, ich hab mich wohl verflogen, ich machte einen falschen Bogen, doch hab ich ihn zuletzt gefunden.« Und mit einem verlegenen Lächeln fügte sie noch hinzu: »Es war’n ja nur ein paar Sekunden.« Doch keiner kümmerte sich um das Geplapper der Elfe.
Sichtlich bewegt stand Wolf vor dem gigantischen Kadaver Orcarrachts. Eine Träne quoll aus seinen Bernsteinaugen. »Ihr habt es vollbracht! In dieser dritten Lughnasadhnacht haben die Nachfahren den Frevel des Ahns getilgt. Ach, könnte ich euch nur in die Arme schließen!«
Josie erkannte an Amys verdattertem Gesichtsausdruck, dass sie jedes Wort verstanden hatte. Sie lächelte – auch Amy gehörte schließlich zur Familie.
Tausendzehn, die von dem, was Wolf seinen Gefährten
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