Das Vermächtnis der Feen (German Edition)
aushalten? Ja, es herrschte dicke Luft zwischen Arthur und seinem Vater. Und wie!
»Ryan, das ist Josie – aus Deutschland«, beeilte sich Mrs O’Reardon zu sagen. »Sie und ihre Großmutter sind Gäste deines Onkels.«
Aber mehr als ein grimmiges »Hmm« in ihre Richtung erntete Josie nicht.
Der junge Mann, der kaum mehr Farbe zeigte als das weiße Laken, auf dem er lag, hob müde die Hand. »Hallo – danke, dass ihr gekommen seid.«
Josie hielt sich im Hintergrund, als Arthur und der Professor nun ans Bett traten.
Arthur versetzte seinem Bruder einen sanften Fausthieb an die Schulter. »Na, Alter, wie geht’s?«
»Bestens!« Brian verzog den Mund zu einem zynischen Lächeln. »Jedenfalls bis zum Bauchnabel.«
Arthurs Mutter brach in Schluchzen aus.
»Verdammt!«, stieß Arthur aus. »Und alles wegen diesem Scheißkino!« Er funkelte seinen Vater wütend an. »Sie hatten dich gewarnt!«
»Hör auf mit diesem esoterischen Schwachsinn!«, fauchte sein Vater zurück. »Wir haben jetzt andere Probleme, als uns um das Wohlbefinden von Zwergen zu sorgen.«
Aaron O’Reardon legte beschwichtigend die Hand auf Arthurs Arm. »Lass es!«, sagte er leise. »Es hat ja doch keinen Sinn – und hier am Krankenbett schon gar nicht.«
Doch da fiel ihm sein Neffe scharf ins Wort. »Von dir hat er doch den ganzen Unsinn. Zum Teufel mit deiner idiotischen Bibliothek! Du hast den Jungen mit diesem blödsinnigen Zeug ja geradezu infiltriert.«
Der Professor sandte ihm einen Blick, in dem unmissverständlich zu lesen war, was er dachte, doch er beherrschte sich und schwieg.
»Ryan, hör auf!«, sagte Arthurs Mutter. »Es ist alles schlimm genug. Ich halte diese ewigen Streitereien nicht länger aus! Und außerdem ist es nicht nur Arthur gewesen, der dich gewarnt hat. Es war schließlich nicht der erste schwere Unfall …«
Arthurs Vater starrte sie fassungslos an. Sein Kopf wurde rot wie ein Glas, in das jemand Tomatensaft goss. »Du? – Meine eigene Frau? Fängst du jetzt auch mit Elfen und Feen an? Bin ich denn nur noch von Verrückten umgeben? In welchem Jahrhundert leben wir denn? Es ist furchtbar, was passiert ist. Und keiner bedauert es mehr als ich. Aber es war nichts weiter als verdammtes Pech! Unfälle. Punktum! Und der Bau geht noch heute weiter. Ihr könnt euch drauf verlassen!« Er holte tief Luft, dann richtete er das Wort an Brian. »Ich geh jetzt. Ich komm heute Abend wieder, wenn diese Spinner weg sind!« Mit dem Schnauben eines gereizten Stiers rauschte er aus dem Zimmer.
Josie atmete auf. Obwohl Arthur noch immer unter Dampf stand, wurde augenblicklich die Luft besser.
Arthur stöhnte. »Er kapiert’s einfach nicht! Was muss denn noch alles geschehen?«
Seine Mutter wischte sich über die Augen. »Er ist kein schlechter Mensch, aber er ist eben ein totaler Realist.«
»Das wissen wir doch!« Der Professor legte den Arm um sie.
»Leute!«, sagte Brian schwach. »Dad hat ja auch recht. Es war ein Unfall. Und keiner kann was dafür. Es nervt, dass ihr euch darüber streitet. Ich hab tatsächlich andere Probleme.« Er blickte Josie an, die noch immer weitab vom Bett am Fenster stand. »Kannst schon ein bisschen näher kommen. Bist immerhin mein erster Damenbesuch hier.«
Josie bewunderte ihn wegen der Haltung, die er in seiner schwierigen Situation bewies. Um ein ungezwungenes Lächeln bemüht, folgte sie seiner Aufforderung.
Brian nickte ihr zu. »Habt ihr in Deutschland auch so Verrückte, die noch an Zwerge und Feen glauben?«
Josie räusperte sich. »Ich denke, die gibt es überall«, antwortete sie ausweichend.
Brian verzog spöttisch den Mund. »Na ja, so eine Simsalabim-ich-mach-dich-gesund-Fee könnte ich jetzt wahrscheinlich gut gebrauchen. Leider leben wir nun mal nicht im Märchenland.«
Elvinia!, schoss es Josie durch den Kopf. Ob die heilenden Kräfte der Elfen Brian helfen konnten?
Ein kurzes Klopfen, mit dem auch schon die Tür geöffnet wurde, unterbrach ihre Unterhaltung. Eine füllige Krankenschwester, die in Josie das Bild eines Nilpferds in weißem Kittel wachrief, wälzte sich ins Zimmer.
»So! Dann möchte ich die Besucher mal bitten, rauszugehen.« Mit einer drohenden Geste präsentierte sie eine Spritze. »Und anschließend bring ich den jungen Herrn gleich runter zum Röntgen. Der Chefarzt will ihn sich noch mal persönlich ansehen.«
Brian stöhnte, als sie auf ihn zusteuerte. »Geht lieber!«, sagte er matt. »Sie ist stärker!«
Ein breites Grinsen erhellte
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