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Das Vermächtnis der Feuerelfen

Das Vermächtnis der Feuerelfen

Titel: Das Vermächtnis der Feuerelfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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Vasall des Königs das Zweistromland unbehelligt betreten konntest.« Maeve lächelte. »Der Bann des Elfenkönigs gilt, wie du weißt, nur für die Elfen der Feuerinsel und deren Verbündete. Dass ein verzweifelter und bedrängter König aus Tamoyen versuchen könnte, die Hohepriesterin zu entführen, hat der König der Elfen damals nicht bedacht.«
    »Du willst mir doch nicht erzählen, dass du mich nur deshalb als Knabe zur militärischen Ausbildung an den Hof geschickt hast, damit ich später die Entführung leiten kann?«, fragte Melrem mit einer Mischung aus Bewunderung und Erstaunen.
    »Sagen wir lieber, dass ich alles dafür getan habe, dass du den Posten des obersten Kommandanten erhältst.« Für einen Moment schweifte Maeves Blick in die Ferne. »Du bist noch jung und ungeduldig. Wenn man so viele Winter gesehen hat wie ich, lernt man, für seine Ziele langfristig zu planen.«

    Drei Sonnenaufgänge von der Küste Tamoyens entfernt, lag der Ort, der sich dem Auge des Betrachters durch einen Nebel aus giftigen Rauchschwaden entzog und aus dessen höchstem Berg die Erde ihr Blut in feurigen Strömen in die Wogen des Ozeans der Stürme presste, wo es dampfend zu bizarren Felsformationen erstarrte.
    Hier, in der größten Höhle der Insel, hatte sich ein gutes Hundert derer versammelt, die diese lebensfeindliche Welt bewohnten, um den Worten ihrer Hohepriesterin zu lauschen. Hochgewachsen und von schlankem Wuchs waren sie, gekleidet in zerschlissene Gewänder, deren Farben sich nur unwesentlich von dem allgegenwärtigen Grauschwarz unterschieden. Die hohen Wangenkochen und spitzen Ohren ließen keinen Zweifel daran, welchem Volk sie angehörten, doch anders als ihre Brüder und Schwestern im Zweistromland waren es nicht Grazie und Edelmut, die ihre Erscheinung prägten.
    Jene, die hier zusammengekommen waren, verbanden andere Gefühle. Hass und Verbitterung hatten in den langen Wintern der Verbannung tiefe Spuren in ihren Gesichtern hinterlassen. Ihre Haut war fahl und fleckig, das einst golden glänzende Haar stumpf und von der Farbe heller Asche. Am ungewöhnlichsten aber waren ihre Augen, deren Pupillen so groß waren, dass die Iris nicht mehr zu sehen war. Augen, die es ihnen in ihrer lichtarmen Welt ermöglichten, auch ohne den Feuerschein einer Fackel sehen zu können.
    Ein dumpfer Ton erklang, als einer der Bediensteten einen ledernen Schlägel gegen ein kupfernes Becken schlug. Sofort wurde es still, und die Blicke aller richteten sich auf die Empore, die ein Lavastrom vor tausenden Wintern aus dem porösen Gestein gewaschen hatte. Sie lag eine halbe Mannshöhe über dem Höhlenboden und wurde spärlich von vier Pechfackeln erhellt. In der Wand an der Rückseite klaffte ein natürlicher Durchbruch, der die große Höhle mit anderen Höhlen verband, die zu
betreten allein der Hohepriesterin Nimeye und ihren Vertrauten gestattet war.
    Die gespannte Erwartung der Anwesenden schien mit jedem Atemzug größer zu werden. Viel Zeit war vergangen, seit Nimeye das letzte Mal zu ihnen gesprochen hatte. Was immer es zu berichten gab, musste wahrlich etwas Besonderes sein.
    Ihre Geduld wurde auf eine harte Probe gestellt. Doch gerade als es erneut unruhig wurde in der Höhle, kündete ein Lichtschein hinter dem Durchbruch davon, dass die Hohepriesterin nahte.
    Ein Raunen lief durch die Menge, als Nimeye die Empore betrat. Sie war die Einzige, die sich seit ihrer Ankunft auf der Feuerinsel nicht verändert hatte. Ihre Haltung kündete von ungebrochenem Stolz, ihre Bewegungen waren majestätisch und ihr Blick so durchdringend, dass niemand ihn lange zu ertragen vermochte. Als einzige der Verbannten zeigte Nimeye keine Spuren des Mangels und der Entbehrungen, so wie auch das Rot ihres Gewandes noch so leuchtete wie am Tag ihrer Ankunft.
    »Meine Brüder und Schwestern«, hob sie mit klarer und durchdringender Stimme an. »Es ist so weit. Die Zeit der Verbannung neigt sich dem Ende entgegen. Wenn das Schicksal es will, werden wir diese Insel schon bald verlassen und an der Seite unserer getreuen Verbündeten den Siegeszug ins Zweistromland antreten.«
    Erregtes Gemurmel erfüllte den Raum. Nimeye machte eine wohlbemessene Pause, um ihren Worten mehr Wirkung zu verleihen, und sagte dann: »Heute Morgen kehrte ein Rußrabe mit der Botschaft zurück, dass sich die neue Hohepriesterin des Zweistromlandes auf dem Weg hierher befindet.« Jubel brandete auf, aber Nimeye war noch nicht fertig und hob gebieterisch die Hände.

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