Das Vermächtnis der Feuerelfen
Schluck der rötlichen Flüssigkeit, die ihr immer besser schmeckte, je öfter sie davon trank. »Ich möchte meine Großmutter nicht enttäuschen.«
Wenig später befand sie sich fertig angekleidet und mit kunstvoll aufgestecktem Haar auf dem Weg zu Nimeye, die sie in ihrer Höhle erwartete.
Die langen und luftigen Gewänder, die man ihr gegeben hatte, bestanden aus mehreren Schichten eines hauchdünnen grünen und gelben Stoffes, der mehr von ihrer hellen Haut zeigte, als er verbarg, und kaum zu spüren war. Obwohl es außerordentlich prächtig war, fühlte Caiwen sich nicht richtig wohl darin. Sie war es gewohnt, dicke und warme Kleidung zu tragen, und auch wenn das leichte Gewebe bei der Hitze in den Höhlen viel angenehmer war, wäre ihr ein blickdichter Stoff, wie ihn ihre drei Begleiterinnen trugen, doch lieber gewesen.
Nimeye hingegen war begeistert. »Du bist wunderschön!«, schwärmte sie und kam lächelnd auf Caiwen zu.
»Ich weiß nicht recht.« Verlegen zupfte Caiwen an der lindgrünen Bluse, die unter einem langen, ärmellosen Überwurf in Dunkelgrün und einem gelben Unhang mit langen Ärmeln hervorschaute. »Es ist so... ungewohnt.«
»Es ist einer Hohepriesterin würdig«, erklärte Nimeye bestimmt, die ein ähnliches Gewand in Rot und Orange trug. »Fehlt nur noch der Schmuck.« Sie winkte eine der jungen Elfen herbei und reichte ihr ein funkelndes Diadem aus dünnen Ketten und kostbaren Edelsteinen, das Caiwens Stirn und Haare schmücken sollte. Sie selbst legte Caiwen eine passende Kette um den Hals.
»Perfekt!« Sie trat einen Schritt zurück und betrachtete zufrieden ihr Werk.
»Ich wünschte, ich könnte es sehen.« Vorsichtig betastete Caiwen den Schmuck.
»Oh verzeih, das kannst du natürlich.« Nimeye gab einer jungen Elfe ein Zeichen und befahl: »Bringt einen Spiegel. Schnell.«
Die Elfe huschte davon, da ertönten eilige Schritte und ein Elf in der Uniform der Wachen trat vor die Höhle. Ein tiefes Rot umgab seinen Körper und zeugte von Eile, Sorge und einer unterdrückten Wut. »Herrin!« Er neigte leicht das Haupt und wartete.
»Was gibt es Wichtiges, dass du mich jetzt störst?«, herrschte Nimeye ihn an. »Weißt du nicht, dass die Heimkehrzeremonie gleich beginnt?«
»Verzeiht, Herrin, aber ich bringe beunruhigende Kunde.«
»Und die wäre?« Nimeye schien nicht wirklich interessiert.
»Der Rußrabe Borax ist verschwunden.«
»Was ist daran beunruhigend?«, fragte Nimeye ungehalten. »Vermutlich ist er auf dem Weg zum Festland, um Maeve unsere baldige Ankunft zu verkünden.«
»Das hätte er sein sollen«, erklärte der Elf. »Aber er verschwand in der Nacht, noch ehe er die Reise antreten konnte.«
»Was geht mich das an?«, fauchte Nimeye. »Soll der Rabenmeister nach ihm suchen.«
»Der Rabenmeister bittet...«
»Sag dem Rabenmeister, dass die Rußraben nicht mehr von Bedeutung sind«, fiel Nimeye dem Elfen ins Wort. »Sobald der Bann gebrochen ist, benötigen wir ihre Dienste nicht mehr. Und jetzt geh. Ich habe Wichtigeres zu tun, als mich um das alberne Federvieh zu kümmern.« Damit war die Sache für sie erledigt. Sie wandte sich der jungen Elfe zu, die mit dem Spiegel zurückkehrte.
»Hier, Liebes«, sagte sie lächelnd und reichte Caiwen den Spiegel, während ihre Aura von einem lodernden Rot in das sanftmütige Grün überging. »Nun kannst du sehen, wie schön du bist.«
Caiwen sah in den Spiegel und erstarrte.
»Was ist, Liebes?«, erkundigte sich Nimeye besorgt. »Gefällt dir mein Schmuck nicht?«
»Er ist wunderschön. Aber meine Augen...« Caiwen konnte den Blick nicht von dem Spiegel abwenden. »Sie sind so sonderbar.«
»Sonderbar?« Nimeye nahm den Spiegel fort und schaute Caiwen direkt in die irislosen Augen. »Du irrst dich. Sie sind nicht sonderbar. Du bist jetzt eine von uns.«
DAS BLUT DER ERDE
E ine Unruhe, die nicht allein von der gespannten Erwartung herrührte, hatte die Elfen erfasst, die sich schon früh in der großen Höhle eingefunden hatten.
Das Rumoren im Innern des Vulkans schien sie unsicher zu machen, und obwohl keiner seine Furcht offen zeigte, spürte Finearfin, dass sie in der Höhle allgegenwärtig war. Zusammen mit Heylon und Durin hatte sich die Elfe einen Platz in der Nähe der steinernen Empore gesucht, auf der die lang ersehnte Zeremonie stattfinden sollte. Noch war die Empore leer. Bis auf vier junge Elfen, die im Schatten eines Durchbruchs auf der rückwärtigen Seite des Podestes standen und warteten,
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