Das Vermächtnis der Feuerelfen
Abenteuer verlieren. Mehr konnte, mehr durfte niemand von ihr verlangen. Und doch ließ sich die Stimme nicht zum Schweigen bringen, die ihr zuflüsterte, dass sie versagt hatte.
Ein kühler Luftzug streifte ihr Gesicht und ließ sie neue Zuversicht schöpfen.
Nach rechts!
Der Tunnel führte steil bergauf. Der Windhauch, ein rötlicher Lichtschein sowie ein lautstarkes Brausen kündeten davon, dass ganz in der Nähe ein Ausgang sein musste.
Caiwen beschleunigte ihre Schritte.
Nach der Dunkelheit im Innern des Berges gewöhnten sich ihre Augen nur langsam an das Licht, das ihr vom Ende des Tunnels entgegenflutete. Sie schmerzten, und Caiwen musste sich zwingen, sie offen zu halten, aber das war nahezu unmöglich. Fast wäre ihr das zum Verhängnis geworden.
Viel zu spät erkannte sie das Ende des Tunnels, als die Felswände jäh zurückwichen und sie sich völlig unerwartet auf einem
Felsvorsprung wiederfand, unter dem sich der gähnende Abgrund des Vulkanschlunds auftat. Caiwen prallte zurück und schnappte nach Luft. Es war nicht so sehr die ungeheure Tiefe unter ihren Füßen, die ihr Angst einjagte, sondern der Anblick der glühenden Gesteinsmassen, die wie ein blasenschlagendes rotes Meer unter ohrenbetäubendem Tosen schnell immer höher stiegen.
Langsam tastete sie sich rückwärts. Als sie endlich das poröse Gestein im Rücken spürte, presste sie sich fest an die Felswand und wartete darauf, dass sich ihr hämmernder Herzschlag beruhigte. Sie hatte es geschafft. Sie hatte den Weg nach draußen gefunden. Aber was für ein Weg war das?
Caiwens Herz krampfte sich zusammen, als sie, die Finger in den Fels gekrallt, den Blick nach oben richtete, wo sich ein schmaler Pfad an der Innenwand des Vulkanschlunds emporschraubte. Er war gerade so breit, dass ein Mann darauf gehen konnte, ehe er in schwindelnder Höhe in den breiteren Pfad mündete, den sie auf ihrem Weg in die Höhlen mit Nimeye gegangen war.
Caiwen keuchte auf. Erst jetzt wurde ihr bewusst, wie tief sie auf ihrer Suche ins Innere des Vulkans vorgedrungen war. Und noch etwas ließ ihr den Atem stocken. Durch die rötliche Düsternis nur als Schatten zu erkennen, sah sie, dass sich auf dem Pfad zum Ausgang unzählige Gestalten drängten. Elfen, die in panischer Furcht und ohne Rücksicht auf die anderen versuchten, ins Freie zu gelangen.
Etwas Schwarzes huschte am Rand ihres Blickfelds vorbei und versank lautlos in der Glut. Ein Stein? Kurz darauf stürzten auf der anderen Seite des Schlunds zwei weitere dunkle Punkte in den Abgrund.
Ganz in der Nähe hörte Caiwen den gellenden Schrei einer Frau, die offenbar den Halt verloren hatte und wenige Herzschläge später in der alles versengenden Masse unterging. Sie war erschüttert. Die Punkte waren keine Gesteinstrümmer. Es waren Elfen. Wieder hörte sie einen Schrei. Obwohl sie nicht hinsehen
wollte, konnte sie den Blick nicht abwenden, als erneut ein Elf an ihr vorbei in seinen Tod stürzte. Es mit anzusehen, ohne helfen zu können, war furchtbar, noch schlimmer aber war die Erkenntnis, dass die Glut in nur wenigen Augenblicken ein ganzes Stück höher gestiegen war.
Caiwen wusste, dass sie keine Wahl hatte. Bald würde es für eine Flucht zu spät sein.
Sie zwang sich, den Blick von der brodelnden Glut zu lösen, und schluckte gegen die Angst an. Schon der Gedanke, auch nur einen Fuß auf den Pfad zu setzen, trieb ihr den Schweiß auf die Stirn und ließ sie zittern. Sie wusste, dass sie hier fortmusste, aber sie konnte nicht. Ihre Füße schienen mit dem Fels verwachsen, während sich ihre blutenden Finger in das poröse Gestein krallten, das eine trügerische Sicherheit verhieß.
Lauf, Caiwen, lauf!
Wie aus weiter Ferne glaubte sie in Gedanken noch einmal die Stimme ihres Vaters zu hören, der sie anspornte, jetzt nicht aufzugeben.
Lauf, Caiwen, lauf!
Caiwen straffte sich. Ihr Vater hatte recht. Wenn sie nicht bald den ersten Schritt tat, war sie verloren. Schon spürte sie die Hitze der Glut unter ihren Füßen. Nicht mehr lange, und das Feuer würde den Sims verschlucken. Der Gedanke an einen grausamen Tod war es, der ihre Starre löste. Zögernd tastete sie sich mit den Fingern an den Felsen entlang und ging los.
DIE SCHLANGENKRIEGERIN
C aiwen rannte wie noch nie in ihrem Leben. Ihr Atem ging stoßweise. Ihr Kopf dröhnte und in den Ohren rauschte das Blut im pulsierenden Takt ihres Herzens. Klebriger, von Staub und Ruß durchsetzter Schweiß bedeckte ihr Gesicht und ihren
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