Das Vermächtnis der Feuerelfen
Streich spielen wollen? Auch wenn er nie an den Spuk auf dem Riff geglaubt und Saphrax bei seinem Erkundungsflug nichts Ungewöhnliches bemerkt hatte, umfasste seine Hand das Heft des Kurzschwerts ein wenig fester.
Es war wärmer geworden. Der Wind hatte weiter nachgelassen, und obwohl seine Kleidung noch immer nicht trocken war, zitterte er nicht mehr. Er schloss die Augen gerade so weit, dass er die beiden weiter im Blick hatte, und atmete tief und gleichmäßig. Wie schon bei dem ersten Zusammentreffen mit dem Jungen würde er sich auch diesmal wieder bewusstlos stellen.
Dem ersten Eindruck nach waren die beiden unbewaffnet und schienen mehr Angst vor ihm zu haben als er vor ihnen. Zögernd kamen sie auf ihn zu. Dabei schien sie die Mutigere zu sein, denn der Junge blieb immer zwei Schritte hinter ihr. »Er hat ja gar keine Haare.« Sichtlich verunsichert blieb das Mädchen in ein paar Schritten Entfernung stehen. Ein leichter Windzug fuhr durch ihre Haare und enthüllte ein ungewöhnlich spitz zulaufendes Ohr. Der Anblick ließ Durin innerlich triumphieren. Er hatte richtig vermutet. Das Mädchen war die Elfe, nach der er suchen sollte.
»Und diese Zeichen auf der Haut. Unheimlich. Findest du nicht?«, hörte er den Jungen fragen.
»Sahen die anderen auch so aus?«, wollte das Mädchen wissen.
»Nein!« Der Junge schüttelte den Kopf. Eine Weile standen die beiden schweigend da, offenbar unschlüssig, was sie tun sollten. Dann fragte das Mädchen: »Du sagtest, sein Bein ist verletzt?«
»Ja. Da ist Blut im Sand, kannst du es sehen?«
»Ja, aber ich habe weder einen Verband noch heilende Salbe bei mir.« Das Mädchen spitzte nachdenklich die Lippen. »Egal«, sagte sie schließlich. »Zuerst müssen wir ihn von hier fortschaffen. Die anderen dürfen ihn nicht finden.«
»Und wie willst du das anstellen?«, fragte der Junge. »Er ist besinnungslos. Sein Gewand ist nass und er ist viel zu schwer. Ohne seine Mithilfe werden wir nicht weit kommen.«
»Dann wecken wir ihn eben auf.« Das Mädchen bückte sich und streckte die Hand aus.
Durin beschloss, ihr zuvorzukommen. Stöhnend drehte er sich auf den Rücken und stieß ein heiseres Husten aus.
»Er wacht auf!« Das Mädchen wich erschrocken zurück.
»Was machen wir jetzt?«, raunte der Junge ihr zu. Ehe sie antworten konnte, öffnete Durin unter übertrieben qualvollem Stöhnen die Augen. »Ah... oh... verdammt! Wo bin ich?« Verwirrt schaute er sich um, bis sein Blick die beiden Riffbewohner traf. »Bei den Toren der Anderwelt, wer seid ihr?«
Die beiden zögerten sichtlich. Dann trat die Elfe vor. »Ich bin …«
»Nein, Caiwen!«, fiel der Junge ihr erschrocken ins Wort. »Verrat es ihm nicht!« Sie drehte sich kurz zu ihm um, seufzte und richtete das Wort dann wieder an Durin. »Ich bin Caiwen«, sagte sie lachend und fügte hinzu: »Heylon möchte seinen Namen lieber für sich behalten.« Durin sah, wie Heylon eine Grimasse schnitt, den Kopf schüttelte und die Arme vor der Brust verschränkte. Caiwen achtete nicht auf ihn. »Und wer bist du?«, fragte sie geradeheraus.
»Durin.« Durins Kehle war wie ausgedörrt. »Wasser«, krächzte er, und diesmal musste er sich nicht einmal besonders anstrengen, um wie ein Verdurstender zu klingen.
Heylon warf Caiwen wortlos einen Wasserschlauch zu, den diese öffnete und an Durin weiterreichte. »Danke.« Die wenigen Bewegungen, die nötig waren, um sich zum Sitzen aufzurichten, erforderten von ihm nicht nur unendlich viel Kraft, sie weckten auch den Schmerz in seinem verletzten Bein und brachten ihm ein heftiges Schwindelgefühl ein. Ein paar Herzschläge lang saß er einfach nur da, die Augen geschlossen und die
Zähne fest zusammengepresst, und wartete darauf, dass der Anfall nachließ.
»Du hast Schmerzen«, stellte Caiwen fest.
»Es geht schon wieder«, stöhnte er.
»Dein Bein?« Caiwen wartete nicht auf eine Antwort. Ehe Heylon sie davon abhalten konnte, kniete sie neben Durin im Sand und legte die Wunde mit geübten Bewegungen frei. Durin hörte, wie Heylon scharf die Luft einsog, und ahnte, dass der Anblick alles andere als erfreulich war.
»Das sieht nicht gut aus.« Tiefe Sorge schwang in Caiwens Stimme mit. »Du hast viel Blut verloren.«
»Ich habe schon Schlimmeres überlebt.« Durin ächzte, leerte den Wasserschlauch mit wenigen Schlucken bis zur Hälfte und wischte sich den Mund mit dem Handrücken ab.
»Ich muss das Bein abbinden, um die Blutung zu stoppen, bis wir die Klippen
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