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Das Vermächtnis der Feuerelfen

Das Vermächtnis der Feuerelfen

Titel: Das Vermächtnis der Feuerelfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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herauszuhören, als er hinzufügte: »Sie ist tot, Schwester.«
    »Aber das ist unmöglich!« Finearfin schüttelte energisch den Kopf. »Wäre sie tot, wäre ihre Macht erloschen und das Zweistromland schon vor vielen Wintern dem Ansturm des Eises erlegen. Aber noch sind wir nicht ganz bezwungen. Sie lebt, eine andere Erklärung gibt es nicht.«
    »Nicht sie, aber etwas von ihr.« Der Schwarze hob erneut die Hand, um Finearfin die Finger auf die Stirn zu legen. »Sieh selbst!«
    Finearfin schloss die Augen und versuchte, sich zu sammeln. Es dauerte einige Herzschläge, bis sie sich so weit beruhigt hatte, dass sie die Bilder erkennen konnte. Doch kaum dass sie das erste Bild erblickte, nahm es sie so sehr gefangen, dass sie an nichts anderes mehr denken konnte:
    Da war ein Kind, ein Mädchen, das, im Halbdunkel unter Tauen und Holztrümmern verborgen, im Sand lag. Fest in ein dunkles Öltuch gewickelt, lag es etwas oberhalb der Hohepriesterin, ganz so, als hätte sie versucht, es noch weiter den Strand hinaufzuschieben, ehe die Wellen sie unter den Überresten der Takelage begruben. Die schlanken bleichen Finger der Elfe umklammerten noch immer einen Zipfel des Öltuchs. Das Kind war wach. Es weinte. Ein Sonnenstrahl fiel auf das pausbackige Gesicht ...
    Finearfin erschauderte - und verstand. Es war das Kind, das die Hohepriesterin nur wenige Sonnenaufgänge vor ihrer Entführung zur Welt gebracht hatte.
    Und als ob das Mädchen Finearfins Nähe spürte, hörte es in diesem Augenblick zu weinen auf und streckte ihr die kleine Hand entgegen.
    Das Bild erlosch und Finearfin kehrte in die Wirklichkeit des düsteren Lagerschuppens zurück. Der Schwarze ließ ihr Zeit, das
Gesehene zu überdenken, dann fragte er: »Verstehst du nun, warum Schnee und Eis das Zweistromland noch nicht erobern konnten?«
    »Aber sie ist noch ein Kind!« Finearfin schüttelte den Kopf. »Sie hat keine Ausbildung erfahren und die Weihen nicht empfangen. Sie wächst ohne...«
    »... und doch wohnt ihr eine Macht inne, die der ihrer Mutter in nichts nachsteht.« Wieder ließ der Schwarze Finearfin nicht ausreden. »Als die Hohepriesterin erkannte, dass sie dem Tod geweiht war, ihre Tochter aber überleben würde, übertrug sie all ihr Wissen und ihre Magie auf das Kind.« Er seufzte. »Es war eine mutige und selbstlose Tat, die in der Geschichte der Elfen ihresgleichen sucht. Die Hohepriesterin gab ihr gesamtes Wissen mit einem Schlag an ihre Tochter weiter, damit sie es bewahre, bis die Zeit gekommen sei, ihr Erbe anzutreten und ihr Volk zu schützen.« Er verstummte und für eine Weile blieben die Geräusche des geschäftigen Hafenviertels die einzigen Laute in dem Lagerschuppen.
    »Warum?« Finearfins Frage löste den Bann, den Stille und Beklemmung gewoben hatten. »Warum erzählst du mir das jetzt? Warum bist du nicht schon vor fünfzehn Wintern in das Zweistromland gekommen und hast dem König erzählt, was geschehen ist? Ist dir klar, dass du damit den Krieg und alles, was daraus folgte, hättest verhindern können? Bist du dir bewusst, was du mit deinem Schweigen angerichtet hast? Kannst du dir nicht vorstellen, wie sehr wir …?« Finearfin brach ab, weil sie spürte, dass die Wut ihre Worte vergiftete. Was geschehen war, konnte nicht geändert werden. Vorwürfe brachten niemanden weiter. Sie mussten nach vorn sehen.
    »Ich verstehe deinen Zorn.« Die Worte des Schwarzen klangen sanft, fast traurig. »Aber selbst wenn ich es gewollt hätte, ich hätte nicht anders handeln können.«
    »Warum?«, herrschte Finearfin ihn an. »Du hast es mir erzählt. Wo liegt der Unterschied?«
    »Du bist gekommen, um etwas über das Schicksal der Hohepriesterin
zu erfahren«, erwiderte der Schwarze scharf. »Ich habe mein Wissen mit dir geteilt und werde dir sagen, wo du ihre Tochter finden kannst. Nicht mehr und nicht weniger.«
    »Oh, dann bin ich wohl etwas ganz Besonderes, dass mir diese Ehre zuteil wird.«
    »Nein. Das bist du nicht.« Der Elf seufzte betrübt und schüttelte den Kopf, als behage ihm die Wendung, die das Gespräch genommen hatte, nicht. »Aber du kommst zur rechten Zeit. Die Tochter der Hohepriesterin ist in großer Gefahr. Die Handlanger der Feuerelfen wurden auf sie aufmerksam und suchen nach ihr. Wenn du ihr helfen willst, muss du dich beeilen.«
    »Wie ist das möglich?« Finearfin riss ungläubig die Augen auf. »Hast du...?«
    »Ich habe gar nichts!«, herrschte der Schwarze sie an. »Ich habe all die Winter geschwiegen, um

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