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Das Vermächtnis der Kandari (German Edition)

Das Vermächtnis der Kandari (German Edition)

Titel: Das Vermächtnis der Kandari (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Tracy Schoch
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sind auf einer diplomatischen Mission. Lasst uns ziehen und wir werden euch nicht verfolgen.“
    Er wusste, dass seine Worte nur leeres Gerede waren. Fieberhaft suchte er nach einem Ausweg, doch fiel ihm das denkbar schwer bei dem Gelächter der Gesetzlosen.
    „Herr, das ist kein Knappe. Das ist ein Mädchen.“
    Einer der Banditen musterte Larenia von Kopf bis Fuß und auch der Anführer konzentrierte sich jetzt auf sie. Er bedachte sie mit einem lüsternen Blick, den sie mit solcher Kälte erwiderte, dass Julius davongerannt wäre, hätte sie ihn so angesehen. Der Befehlshaber der Gesetzlosen jedoch bemerkte nichts.
    „Oh ja, und ein hübsches dazu“, er wandte sich an Julius, „sagt, ist das jetzt üblich bei euch, mit euren Mätressen zu reisen?“ Wäre die Situation nicht zu ernst gewesen, hätte Julius sich gut amüsiert. Es gab kein Wesen in ganz Metargia, das man weniger als Mätresse bezeichnen konnte. Aber jede Spur von Belustigung verging bei den nächsten Worten des Anführers.
    „Wir töten ihn und behalten das Mädchen.“
    Er zog sein Schwert und holte zu einem vernichtenden Hieb aus. Julius schloss unwillkürlich die Augen.
    Aber der tödliche Schlag kam nicht. Stattdessen erklang ein schrilles, klirrendes Geräusch, der Aufprall von Metall gegen Metall. Vorsichtig öffnete er die Augen. Vor ihm stand Larenia. Sie hatte den ihm geltenden Angriff mit ihrem eigenen Schwert pariert.
    In diesem Augenblick erhaschte Julius zum ersten Mal einen Blick auf ihre wirkliche Macht. Die Kapuze ihres Mantels war ihr vom Kopf gerutscht und ihr weißgoldenes Haar strahlte förmlich. Sie stand vollkommen bewegungslos mit erhobener Waffe vor ihm. Die Luft um sie herum war aufgeladen mit Energie und schien zu knistern. Sie war eingehüllt in blaues, blendend helles Licht und ihre Aura, die Magie, die sie stets wie ein Mantel umgab, hatte sich um ein Hundertfaches verstärkt. In diesem Moment glich sie keinem sterblichen Wesen, weder Elf noch Mensch. Aber sie war schön, entsetzlich schön. Und furchterregend.
    Der Anführer der Gesetzlosen wich entsetzt zurück. Das Schwert entglitt seiner plötzlich kraftlosen Hand und in seinen Augen schimmerte der Wahnsinn.
    Dann flohen sie. Als Julius endlich begriff, dass er gerettet und in Sicherheit war, waren die Gesetzlosen bereits verschwunden.
    „Was tust du denn!? Wir müssen sie verfolgen!“, verblüfft beobachtete Julius, wie Larenia, jetzt wieder eine kleine, schlanke Elfe, seelenruhig auf ihr Pferd stieg. „Diese Männer hätten mich umgebracht und du lässt sie einfach entkommen!“
    „Es gibt keinen Grund, sie zu verfolgen. Diese Männer werden weder uns noch anderen etwas tun.“
    „Aber diese Männer sind verurteilte Verbrecher, vielleicht sogar Mörder.“
    Seufzend drehte sie sich zu ihm um: „Was weißt du über sie? Sie sind Gesetzlose, ja, aber es war die Gesellschaft, die sie dazu gemacht hat. Das einzige Verbrechen der meisten Vogelfreien besteht in Armut.“
    Fassungslos starrte Julius sie an: „Das glaube ich nicht. Sie hätten uns getötet und du suchst Entschuldigungen für sie.“
    In hilfloser Wut schüttelte er den Kopf, „sie haben den Tod verdient.“
    „Darüber steht uns kein Urteil zu. Und ich werde meine Kräfte nicht einsetzen, um zu töten.“
    Sie sagte das in einem so endgültigen Ton, dass Julius die Diskussion aufgab. Aber er verstand es nicht, er würde es niemals verstehen.
    Schweigend ritten sie weiter. Der Nachmittag schritt fort und die Schatten wurden länger. Es war bereits später Abend, als sie ihr Ziel erreichten.

Julius erzählt:
     
     
    Dieses Ereignis im Wald war für mich traumatisierend gewesen. Jetzt verstand ich, was Todesangst wirklich bedeutete. Mehr muss ich über dieses Erlebnis wohl nicht sagen. Allerdings hatte es mir einige Dinge klargemacht.
    Zum einen: Larenia. Ich hatte geglaubt, sie in den letzten Tagen besser kennengelernt zu haben. Für mich war sie jemand gewesen, der seine Ziele verfolgt, mit allen Mittel und einer gewissen Skrupellosigkeit, sollte es erforderlich sein. Sie hatte Cameon in den Tod geschickt, um den Rat zu überzeugen. Sie hatte eine tobende Menge allein durch die Kraft ihres Geistes zum Schweigen gebracht und sie hatte ihre Kräfte ohne Zögern eingesetzt, um mein Leben zu retten. Und dann weigerte sie sich, einem Verbrecher seine gerechte Strafe zuteilwerden zu lassen? Das war mir unbegreiflich. Jetzt weiß ich mehr über sie. Und obwohl ich immer noch weit davon entfernt

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