Das Vermächtnis der Kandari (German Edition)
Druiden ausgelöst hatte, zu teilen. Zurück blieb das Gefühl, dass es so enden würde. Dass sie ihr Leben wegwerfen würde, um ihn und ihr Volk zu retten. Er würde es nicht ertragen, sie zu verlieren …
„Wach auf!“
Die leise Stimme gemeinsam mit der schlanken Hand, die ihn an der Schulter schüttelte, riss ihn aus seinem Traum. Erschrocken und rein instinktiv sprang er auf und verdrehte das schmale Handgelenk seines vermeintlichen Angreifers. Erst dann erinnerte er sich an seine Umgebung. Blinzelnd sah er in Larenias verwirrtes Gesicht, bevor er sich mit einem tiefen Ausatmen wieder auf die Bank sinken ließ.
„Oh verdammt“, flüsterte er und fuhr sich mit seiner leicht zitternden Linken durch sein silbriges Haar. Erst dann wurde ihm bewusst, dass er Larenias Arm noch immer umklammerte. Hastig lockerte er seinen Griff, ohne sie jedoch loszulassen. Er hatte das Gefühl, sich an ihr festhalten zu müssen, als könne er sich nur so davon überzeugen, dass sie tatsächlich da war. Nach kurzem Zögern setzte sie sich neben ihn.
„Es ist alles in Ordnung“, murmelte sie, „es war nur ein Traum.“
Sie sprach Asana’dra-Dialekt mit einer sonderbar zärtlichen Betonung, die nicht zu ihrem sonst sehr zurückhaltenden Wesen passen wollte.
„Albtraum trifft es eher“, noch immer etwas verstört zog er sie näher an sich heran, „wie spät ist es?“
„Kurz nach Mitternacht. Du hast nicht lange geschlafen.“
Sie lächelte und stand auf. Einen Augenblick lang stand sie barfuß auf dem mit Fellen belegten Boden und Arthenius hielt noch immer ihre Hand in der seinen. Dann zog er sie wieder an sich.
„Bitte“, er sah zu ihr auf, „bleib hier.“
Für einen kurzen Moment schien es, als wolle sie sich losreißen und davonlaufen. In ihrem Gesicht sah er deutlich den Widerstreit zwischen ihren Wünschen und dem, was sie für ihre Pflicht hielt. Dann änderte sich ihr Blick, wurde intensiver und ihre dunklen blauen Augen, wunderschöne Augen, in denen sich weder das Feuer noch seine eigene Gestalt widerspiegelte und die dennoch von Licht erfüllt zu sein schienen, fesselten ihn. Er hatte vergessen, wie betörend und verwirrend ihr Lächeln war, wie sinnlich ihr Blick sein konnte. Jetzt kniete sie neben ihm und da war es wieder, dieses vollkommene, rückhaltlose Vertrauen, das er nie ganz verstanden hatte. Behutsam strich er durch ihr seidiges weißes Haar, seine Finger schmiegten sich um ihren Hinterkopf und dann küsste er sie. Mit mildem Erstaunen registrierte er, dass sie nicht zurückwich, dass sie ihm im Gegenteil entgegenkam. Er hielt sie in den Armen, klein, zierlich und ganz und gar lebendig. Langsam schwanden Schock und Entsetzen, sein Albtraum begann, sich aufzulösen. Dennoch schob er sie ein Stück von sich und sah sie ernst an: „Bist du sicher, dass du das möchtest? Ich will dich nicht bedrängen.“
Atemlos lächelnd sah sie ihn an. „Du warst schon immer zu rücksichtsvoll“, aber es lag kein Vorwurf in ihren Worten. Und Arthenius wusste, dass sie ihn, seine Nähe und Liebe, brauchte, dass sie nicht länger allein sein wollte. Und so widersprach er nicht, als sie aufstand und ihn neben sich auf den Boden nahe am Kamin zog.
Das Feuer war beinahe heruntergebrannt. Bald würde es dämmern, doch noch war alles dunkel und still. Im flackernden rötlichen Licht der langsam ersterbenden Flammen betrachtete Arthenius Larenias schmales Gesicht. Sie lag auf der Seite, den Kopf an seine Schulter gebettet, und ein sanftes, selbstvergessenes Lächeln umspielte ihre Lippen. Voll losgelöster Zärtlichkeit zeichnete er mit seinen Fingerspitzen die Konturen ihres Gesichtes nach, er strich über ihr weiches Haar, ihren Nacken, ihre schmale bloße Schulter. Sie sah sehr verändert aus, ohne die mühsam aufgebaute, undurchdringliche Kälte und den durch nichts zu erschütternden Gleichmut, nicht länger übermächtig, sondern sehr zart, beinahe zerbrechlich, wie sie an ihn gekuschelt unter seinem Mantel in seinen Armen lag. Und gleichzeitig fühlte er die Kraft und Energie, die in ihr steckte, diese absolute Kompromisslosigkeit, die all ihre Handlungen auszeichnete. Unwillkürlich drückte er sie fester an sich, denn da war sie wieder, die Angst, sie zu verlieren. Für kurze Zeit hatte er seine Furcht verdrängt, sie in der Leidenschaft des Augenblicks vergessen. Doch nun …
Vielleicht fühlte Larenia seine wachsende Unruhe. Sie bewegte sich im Halbschlaf, schlug die Augen auf und blinzelte
Weitere Kostenlose Bücher