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Das Vermächtnis der Kandari (German Edition)

Das Vermächtnis der Kandari (German Edition)

Titel: Das Vermächtnis der Kandari (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Tracy Schoch
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konnte er sie nicht daran hindern. Daher schwieg er. Stattdessen sah er sich noch einmal um und jetzt, da er wusste, wonach er suchen musste, erkannte er mehr als zwanzig Tote, die, auf den ersten Blick unsichtbar, unter der Schneedecke lagen.
    „Wie lange ist es her? Drei Tage?“, er drehte sich wieder zu Larenia um, die noch immer dastand, ohne sich zu bewegen. Jetzt blinzelte sie, bevor sie seinen Blick kühl und leidenschaftslos erwiderte: „Länger. Der Sturm vor fünf Tagen hat alle Spuren des Kampfes verwischt und wir hätten sie nicht gefunden, hätte es nicht angefangen, zu tauen.“
    Sie wandte sich ab und führte ihr Pferd zurück auf den Weg. Arthenius folgte ihr. Hier konnten sie nichts mehr tun und die Zeit drängte. Als sie schließlich weiter ritten, begann es bereits zu dämmern.
    „Die Brochonier haben sich also mit den Gesetzlosen verbündet“, bemerkte Arthenius nach einiger Zeit vorsichtig, „hast du das gewusst?“
    Mit einem eisigen Lächeln schüttelte sie den Kopf: „Nein, aber ich hätte es mir denken können. Malicius selbst hat es angedeutet, oder? Er kann nicht für das Verhalten jedes Einzelnen garantieren“, ihr Lächeln wurde sarkastisch, „jetzt weiß ich, wie er das gemeint hat. Erstaunlich ist nur, dass sie uns erst jetzt angreifen.“
    Arthenius runzelte nachdenklich die Stirn. Er erinnerte sich noch gut an das, was ihm Larenia über den brochonischen Druiden erzählt hatte. Allerdings war er sich nicht sicher, dass dies der erste Angriff war. Er sprach es nicht aus, doch das war auch nicht notwendig, denn Larenia folgte seinen Gedanken mühelos.
    „Der Überfall auf Felicius und die Flüchtlinge?“
    „Es erscheint naheliegend.“
    Eine Weile dachte sie darüber nach, aber dann schüttelte sie langsam den Kopf: „Ich glaube nicht, dass dies von den Brochoniern veranlasst wurde, wenn es auch ihren Zwecken gedient haben mag. Es ist nicht mehr wichtig. Wir können es nicht ungeschehen machen.“
    Sie versank in ihren eigenen Gedanken und sprach für lange Zeit kein Wort mehr. Auch Arthenius schwieg, aber immer wieder sah er zu Larenia, die in sich gekehrt und gequält wirkte. Seine Anwesenheit hatte sie vergessen.
    Arthenius war beunruhigt. Inzwischen erschien ihm ihre Situation mit jedem Tag, der verging, erdrückender und auswegloser. Ihre Zeit wurde sehr knapp. In den letzten Tagen war es wärmer geworden und es begann zu tauen. Damit schwand ihre Hoffnung auf einen langen Winter. Und wenn die Brochonier jetzt die Waldläufer, ihre Verbündeten, angriffen, würde die letzte, entscheidende Schlacht eher stattfinden, als sie gefürchtet hatten. Noch wusste er nicht, wie sie ihre Feinde besiegen sollten, egal, wie optimistisch er und die anderen Gildemitglieder auftraten.
    Er drehte sich zu Larenia um und seufzte. Manchmal hatte er das Gefühl, einer Fremden gegenüberzustehen. Er wusste, dass ihre Gleichgültigkeit und eisige Kälte nur gespielt waren, dennoch gab es Momente, in denen es ihm beinahe Angst machte. All ihre Handlungen während des letzten Jahres waren von einer an Wahnsinn grenzenden Verbissenheit geprägt gewesen. Nun aber haftete ihr etwas Selbstzerstörerisches an, das er nicht verstand und das sie von allem und jedem entfremdete. Auch jetzt schien sie mehr zu trennen als ein paar Schritte. In ihren sonderbaren, blauen Augen stand ein Ausdruck, den er gut kannte und den er nicht zu deuten vermochte.
    „Larenia?“
    Sie hob den Kopf und ihre Blicke begegneten sich. Für einen Augenblick, die Dauer eines Herzschlages, war sie wieder da, ihre alte Verbundenheit. Und Arthenius fühlte …
    … ein tief sitzendes Schuldgefühl, vermischt mit bitterer Entschlossenheit. Und dahinter lag unermessliche Verzweiflung, die nichts mit Resignation zu tun hatte …
    Die Verbindung zerriss und zurück blieb das Gefühl, dass er irgendetwas tun, etwas sagen müsste. Gleichzeitig wusste er, dass er bereits zu viel gesehen hatte. Und trotzdem, er konnte dieses ewige, angespannte Schweigen nicht mehr ertragen.
    „Ich habe es dir schon einmal gesagt“, flüsterte er sanft, beinahe zärtlich, „hierfür trägst du keine Verantwortung.“
    „Ich habe so viel falsch gemacht, zu viele Fehler …“, sie verstummte. Es wäre so einfach, jetzt aufzugeben und darauf zu vertrauen, dass es einen anderen Weg geben würde. Aber das durfte sie nicht, wenn sie Arthenius’ Leben retten wollte. Hatte sie wirklich geglaubt, es wäre leicht? Sie hatte alle getäuscht, nicht nur

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