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Das Vermächtnis der Kandari (German Edition)

Das Vermächtnis der Kandari (German Edition)

Titel: Das Vermächtnis der Kandari (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Tracy Schoch
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den beiden Soldaten schritt er den Gang entlang und verließ den Palast.
    Aufatmend drehte sich Philipus zu den drei anderen um. „Dies war eine Kriegserklärung“, dann sah er Arthenius an und fügte leise und mit deutlicher Sorge in der Stimme hinzu: „Seid froh, dass Larenia nicht hier ist.“
    Ohne diese letzte Bemerkung weiter zu erklären, wandte er sich um, hastete den Gang entlang und verließ das Schloss.
     
    Die Brochonier erklärten Anoria am vierten Tag des Quintéa, des fünften Monats, den Krieg. Die Nachricht verbreitete sich wie ein Lauffeuer durch die Stadt. Allerdings reagierten die meisten Menschen mit Verwirrung. Niemand, einmal abgesehen von den Gildemitgliedern, konnte ganz ermessen, was diese Bedrohung für Anoria bedeutete. Sicher, alle hatten Angst und die meisten waren nun auch bereit, zu fliehen, doch seit mehr als hundert Jahren hatte es keinen Krieg mehr gegeben. Für die Anorianer war es nur noch ein Wort in alten Geschichten oder eine Vorstellung, um ungehorsame Kinder zu erschrecken.
    König Julien schien seit der Verhandlung mit dem brochonischen Druiden erstarrt zu sein. Er hielt keine öffentliche Ansprache, wie er es früher in Notzeiten getan hatte, er leitete nicht den Aufbau einer Verteidigung, er verließ noch nicht einmal den Palast. Alles, was er tat, war, auf seinem Thron zu sitzen und an die Wand zu starren. Somit lag der Schutz des Landes vollkommen in den Händen der Gilde. Diese Aufgabe war alles andere als einfach, denn anders als Askana, der Stammsitz der Fürsten von Aquanien, verfügte Arida über keine Verteidigungsanlage. Die Stadtmauer diente mehr der Zierde und der Hafen war offen und nur schwer zu kontrollieren. Dennoch wäre es vielleicht möglich gewesen, die Stadt zu halten, doch viele der Menschen, die zur Verteidigung des Landes verpflichtet worden waren, hatten noch nie ein Schwert angefasst und alle hatten entsetzliche Angst. Jeder wusste, dass die Brochonier zuerst Arida angreifen würden. Dabei ging es für sie nicht um Sieg oder Niederlage. Vielmehr war es eine Demonstration ihrer Macht und ein Abschätzen von Anorias Stärke. Diese Schlacht, das war jedem in Arida klar, konnte nicht mit Waffengewalt gewonnen werden. Manche sprachen von Magie und der Gilde der Zauberer, doch stets nur hinter vorgehaltener Hand.
    Unter Felicius’ Führung verließen die Flüchtlinge in großen Scharen die Stadt. Die meisten zogen nach Askana oder in Richtung Gebirge, denn dort wähnten sie sich in Sicherheit. Aber einige Familien weigerten sich, Arida den Rücken zu kehren. Und so blieben sie zurück und beobachteten, wie sich die einst so gepflegte und fröhliche Stadt der Könige in ein Heerlager verwandelte.
     
    Verborgen hinter einer Säule hatte Patricia das Kommen und Gehen des brochonischen Botschafters beobachtet. Bis zu diesem Augenblick hatte sie an der Existenz dieses neuen Feindes gezweifelt. Sie hatte es für eine Erfindung der Gilde der Zauberer gehalten, eine Möglichkeit für die Elfen, ihre Machtposition in Anoria zu sichern. Zwar löschte der Anblick der Brochonier jeden Zweifel an der Realität der Bedrohung aus, doch Juliens Einstellung konnte sie nicht teilen. Seit ihrer ersten Begegnung mit den Kandari misstraute die Königin der Anorianer ihnen. Doch niemand, nicht einmal Ciaran, ihr Vetter, verstand ihren Argwohn.
    Von ihrem Versteck aus beobachtete Patricia, wie kurz nach den Brochoniern auch die vier Elfen den Palast verließen. Dann lief sie eilig durch den Säulengang und betrat den Thronsaal.
    Julien saß auf seinem Thron, doch außer ihm war niemand in der großen Halle zu sehen. Er schien ihr Eintreten nicht zu bemerken, obwohl er in Richtung Tür blickte. Leise trat Patricia näher. Seit der Ratssitzung waren sie sich nicht mehr so nahe gekommen und seit diesem Tag war Julien um viele Jahre gealtert. Sein dunkles Haar war beinahe über Nacht grau geworden und seine ganze Haltung drückte Verzweiflung und Resignation aus. Aber Patricia brachte jede Spur von Mitgefühl, die sie bei diesem Anblick empfand, schnell zum Schweigen. Es war seine eigene Schuld. Er hatte sich in diesen Konflikt hineinziehen lassen. Julien hatte sich gegen den ausdrücklichen Willen des Rates entschieden, den Kandari die Treue zu halten, und das noch vor Cameons Tod. Patricia hatte zu viele Jahre im Schatten der Gilde gelebt, um jetzt Mitleid zeigen zu können.
    „Was ist hier geschehen?“
    Der kalte Klang ihrer Stimme rief Julien wieder zurück in die

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