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Das Vermächtnis der Kandari (German Edition)

Das Vermächtnis der Kandari (German Edition)

Titel: Das Vermächtnis der Kandari (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Tracy Schoch
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König gekrönt wurde, und Zarillia gab es mir. Es wird dir helfen auf deinem Weg“, zögernd nahm Merla die Kette entgegen. Julius in seinem Versteck beobachtete die Szene mit immer größer werdender Verwirrung.
    „Sollte Laurent nicht bereit sein, zu helfen, dann nimm mit Sibelius oder Roxana Kontakt auf. Sie haben den letzten Krieg miterlebt und werden die Situation verstehen. Und sie haben die Macht, im Notfall eigenständig zu handeln.“
    „Wie soll ich dich benachrichtigen, wenn ich Erfolg habe?“
    „Ich werde es wissen. Geh jetzt! Der Weg ist weit und die Zeit drängt.“
    Merla wandte sich um und ging, doch kurz bevor sie den gegenüberliegenden Waldrand erreichte, drehte sie sich noch einmal um: „Vergiss nicht, ich tue das für die Kandari und nicht für dich.“
    „Tu es für die Zukunft Metargias. Und nun geh!“
     

Julius erzählt:
     
     
    Ich erinnere mich noch gut an diesen Tag. Ich will nicht behaupten, dass er mein Leben entscheidend beeinflusst oder mein Weltbild erschüttert hätte, aber er öffnete mir die Augen. Zum ersten Mal wurde mir wirklich bewusst, dass es noch andere Schicksale neben dem meinen gab. Obwohl mich die Gilde der Zauberer stets fasziniert hatte, hatte ich mir nie darüber Gedanken gemacht, was sie zu dem gemacht hatte, was sie heute waren. Oder warum sie ihre Heimat verlassen hatten. Und wenn ich darüber nachgedacht hatte, wer sie wirklich waren, hatte ich an Namen gedacht, Titel, eventuell Geburtsdaten, doch nie war ich auf die Idee gekommen, über ihre Geschichte nachzudenken. Jetzt aber war ich neugierig. Merla war kaum im Schatten der Bäume verschwunden, als ich auch schon aus meinem Versteck trat und Larenia mit Fragen bestürmte. Doch sie antwortete mir nur mit einem ihrer sonderbaren, schwer zu deutenden Blicke. Und als ich noch immer keine Ruhe gab, sagte sie: „Es war ein Aufstand, vor langer Zeit. Damals wurden viele verbannt, die in Kontakt mit den Rebellen standen, so auch ich. Frage nicht weiter, du würdest es nicht verstehen.“
    Ich war alles andere als zufrieden, doch Larenia ging schon weiter, sodass ich mich beeilen musste, um sie einzuholen. Wir erreichten noch am gleichen Abend das Gebirge, ohne ein weiteres Wort miteinander zu sprechen.
     
    Es war noch kühl, als sich die Kandari in den Straßen Anaiedoros sammelten. Tausende waren gekommen. Manche trugen Schwerter, aber die meisten hatten sich mit Knüppeln und Dolchen bewaffnet. Schweigend standen sie vor den Mauern der Akademie, doch unter der gefasst scheinenden Fassade brodelte die Wut. Wut über hundert Jahre der Unterdrückung, der skrupellosen Ausbeutung, in denen die Herrscher des Elfenreiches keinen zweiten Gedanken an ihr Volk verschwendet hatten. Und Angst vor den Konsequenzen ihres Handelns. Doch über allem schwebte die vorsichtige Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Diese Hoffnung konnte auch das Auftauchen der Bewahrer nicht zerstören, die sich jetzt weiß gekleidet und majestätisch auf den Mauern zeigten. Nicht einmal die undurchdringlich scheinenden Reihen der Palastgarde konnten die Rebellen entmutigen.
    Und dann geschah … etwas. Hoffnung schlug in Hass um, gerechte Wut wurde zu unbarmherzigem Zorn, Gewaltbereitschaft und dem Willen, zu verletzen. Blind und fatalistisch stürmten die Kandari auf die Soldaten zu …
    Schreie, Schmerzen, Schock bei jenen, die niedergeschlagen wurden, und das plötzliche Aufflammen von Feuer. Sengende Hitze. Chaos …
     
    Dreihundert Jahre waren seit dem Aufstand vergangen, dreihundert Jahre im Exil, und kein Tag verstrich, an dem sie nicht an die Rebellion dachte. Sie hatte nicht glauben wollen, dass die Bewahrer so weit gehen würden, aber sie hatten von Anfang an von dem Aufstand gewusst und sie wollten diese Gelegenheit nutzen, um jeden Gedanken an Widerstand im Keim zu ersticken. Sie hatten die Emotionen der Menge manipuliert und so aus dem Protest einen Straßenkampf gemacht. Vielleicht hätte sie sich nicht einmischen sollen. Letztendlich hatte sie es nur noch schlimmer gemacht. Und dennoch, wie hätte sie es zulassen können, all das Leid, Angst, Schmerz, Qual …
    Mühsam verdrängte Larenia die alten Erinnerungen. Es war weit nach Mitternacht. Der Mond war längst untergegangen, nur ein paar Sterne standen noch kühl und blass am Himmel. Larenia sah sich um. Ein kleines Stück entfernt schlief Julius zusammengerollt unter seinem Mantel. Nein, es war kein Fehler gewesen, das Reich der Kandari zu verlassen. Es stimmte, was

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