Das Vermächtnis der Montignacs
weitermachen, bin ich in einer Stunde betrunken.«
»Wann hat man denn schon mal tausend Pfund, die einem in den Fingern jucken«, sagte Montignac. »Der Abend soll uns doch in Erinnerung bleiben, oder finden Sie nicht?«
Gareth schwankte. Zu trinken war keine gute Idee, das wusste er, schon gar nicht in diesem ÃbermaÃ, doch dann schüttelte er die Sorge ab und verbannte sie in den hintersten Winkel seines Gehirns. Ab morgen würde er wieder abstinent sein, entschied er. Abstinent, reich, mit einer Arbeitsstelle und einer groÃartigen Zukunft entgegenblickend. Einer groÃartigen Zukunft und einem groÃartigen Freund. Er hob sein Glas.
»Auf die Zukunft.«
»Auf die Zukunft«, bekräftige Montignac. »Sie möge uns alles geben, was uns zusteht â und noch mehr.«
Zwei Tage später befand Montignac sich in dem Hotelzimmer, das er sich am Vorabend genommen hatte, stand in aller Früh auf und fühlte sich sowohl erleichtert als auch angespannt. Der mörderische Kater, unter dem er am Vortag gelitten hatte, hatte sich über Nacht gelegt; jetzt musste er nur doch darauf warten, dass die Zeitungen die Nachricht brachten, die er sich erhoffte. Die ihm sagen würde, ob alles nach Plan verlaufen war. Er rasierte sich eilig, jedoch sorgfältig, nahm rasch ein Bad, kleidete sich wie an jedem anderen Arbeitstag auch und verlieà das Hotel. DrauÃen schlug er einen gemächlichen Schritt an und erreichte den Eckladen einige StraÃen weiter. Dort besorgte er sich eine Ausgabeder Times und zwang sich mit aller Willenskraft, nicht auf die Titelseite zu schauen. Das würde er erst tun, wenn er wieder im Hotelzimmer war und die Tür fest geschlossen hatte.
Als er zurück in seinem Zimmer war, breitete er die Zeitung auf dem Schreibtisch aus. Sofort sprang ihm die Schlagzeile entgegen. Er rang nach Atem und spürte seine Erregung, vermischt mit Panik, denn da stand schwarz auf weiÃ, dass aus dem Erhofften Wirklichkeit geworden war. Er hatte seinen Plan tatsächlich ausgeführt, und die Folgen zeichneten sich bereits ab.
Richtersohn des Mordes verdächtig
So lautete die Schlagzeile, die sich wie ein Balken oben über die Seite zog. Montignac lieà sich auf den Stuhl nieder und überflog den ersten Absatz.
Der Sohn eines prominenten Richters des Obersten Gerichtshofs wurde gestern im Zusammenhang mit der Ermordung des Gartenbaumeisters Raymond Davis (28) festgenommen. Gareth Bentley (24), der kürzlich sein Jurastudium beendet hat, wurde in Haft genommen, nachdem man den Ermordeten in der Wohnung fand, in der sich der Beschuldigte aufhielt. Wie es heiÃt, wurde Davisâ Kopf mit einem Kerzenständer eingeschlagen. Bentley ist der Sohn von Sir Roderick Bentley, der als Richter im Prozess gegen Henry Domson, einem Cousin dritten Grades Seiner Majestät, König Edward VIII., Berühmtheit erlangt hat. Für seine Entscheidung, Domson, der des Mordes an einem Polizisten schuldig gesprochen worden war, zum Tode zu verurteilen, war der Richter sowohl gepriesen als auch kritisiert worden. Seinem Sohn, dem ein ähnliches Kapitalverbrechen wie Domson vorgeworfen wird, steht nun dasselbe Urteil bevor, doch zu einem Kommentar stand Richter Bentley gestern Abend nicht zur Verfügung. Das Opfer, Mr Davis, ein Mitglied der Königlichen Gartenbaugesellschaft, wurde Minuten nach seiner Entdeckung auf schnellstem Weg ins Charing Cross Hospital gebracht, doch bei der Ankunft konnte nur noch sein Tod festgestellt werden. Die Familie wurde gestern Abend benachrichtigt.
Montignac legte die Zeitung auf den Tisch, schloss einen Moment lang die Augen und atmete tief durch. Dann hob er die ausgestreckten Hände und erkannte zufrieden, dass sie vollkommen ruhig waren, ohne die kleinste nervöse Zuckung.
KAPITEL 5
1
Zu guter Letzt erhielt er eine Einzelzelle. Sie war das Einzige, was seine Lage eine Spur erträglicher machte. In den ersten drei Tagen war er kaum fähig gewesen, sich an seinen Namen zu erinnern, geschweige denn an das, was in der fraglichen Nacht geschehen war. In diesen ersten Tagen hatte Gareth sich eine Zelle mit zwei anderen teilen müssen, die beide um einiges älter als er gewesen waren. Er hatte sich still auf eine der unteren Pritschen verkrochen, voller Angst und Entsetzen angesichts der Tat, derer er beschuldigt worden war. Wenn er die raue Steinwand berührte, fühlte sie sich feucht an, obwohl
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