Das Vermächtnis der Montignacs
sollen. Aber wenn ich einmal angefangen habe, scheint mich nichts mehr aufhalten zu können.«
Montignac schaute sich um. Die Aufseher, die entweder an den Wänden standen oder zwischen den Tischen auf und ab liefen, sahen stur geradeaus, als wollten sie nicht, dass jemand glaubte, sie würden den Gesprächen lauschen. Doch irgendetwas an ihrer Haltung verriet, dass sie jedes Wort mitbekamen und bereit waren, einzuschreiten, falls es irgendwo Probleme gab.
»Eines sollten Sie wissen«, begann Montignac, beugte sich vor und senkte die Stimme. »Für mich ist das sehr schwierig. Hier zu sein, meine ich. Raymond war immerhin â der Verlobte meiner Cousine. Und Stella ist für mich wie eine Schwester.«
»Das weià ich, Owen, und es tut mir schrecklich leid. Haben Sie ihn gut gekannt?«
»Ja. Er war ein groÃartiger Mensch.«
Gareth senkte den Kopf und nagte an seiner Unterlippe. »Ich kann mich nicht einmal mehr an seinen Besuch erinnern. Wie auch, ich weià ja nicht einmal, wie ich in Ihre Wohnung gekommen bin.«
»Ich hatte dem Taxifahrer meine Adresse angegeben«, sagte Montignac. »Das hat er der Polizei gegenüber bestätigt.«
»Warum sind Sie nicht mitgefahren? Warum haben Sie mich allein gelassen?«
»Herrgott noch mal, Gareth, es war noch nicht einmal halb zehn, und Sie waren schon auf einem anderen Stern. Ich hatte noch nicht viel getrunken und wollte noch ein wenig feiern. Das hatten wir ja beide vorgehabt. Ich mochte den Abend noch nicht beenden. Und wer hätte denn ahnen können, dass â dass so etwas passieren würde. Meinen Sie, ich hätte Sie allein gelassen, wenn ich mir so etwas hätte vorstellen können? Ich wollte Ihnen einen Gefallen tun, denn mir war klar, wenn Sie in Ihrem Zustand zu Hause erschienen wären, wäre die Hölle losgewesen. Ich dachte, dann würde ich Sie nie wiedersehen, dass Sie bis zu Ihrer Abschiedsfeier in vierzig Jahren in der Kanzlei Ihres Vaters eingesperrt blieben. Deshalb habe ich Sie zum Bedford Place geschickt und mich noch mit einigen Freunden getroffen. Mit ihnen habe ich den Rest des Abends verbracht. Es ist sogar so spät geworden, dass ich bei einem von ihnen übernachtete und am nächsten Morgen geradewegs in die Galerie gegangen bin. Nachmittags ist dann die Polizei zu mir gekommen.«
»Es war ein absoluter Albtraum«, sagte Gareth. »Ich wurde wach â und wusste nicht, wo ich war.«
»Für mich war es auch kein Spaziergang«, zischte Montignac und sah sich nach den Aufsehern um. »Himmel noch mal, Gareth, wie konnten Sie Ihr Leben nur derart aufs Spiel setzen? Wissen Sie, dass man sagt, Sie werden dafür hängen?«
Gareth stöhnte leise. Der Laut klang so schmerzerfüllt und gequält, als käme er von einem todgeweihten Tier.
»Sind Sie sicher, dass Sie Raymond Davis nicht gekannt haben?«, erkundigte sich Montignac.
»Selbstverständlich. Woher hätte ich ihn denn kennen sollen? Ich beschäftige mich nicht mit der Gartenbaukunst. Das war doch sein Metier, oder? Ich war weder jemals in der Königlichen Gartenbaugesellschaft noch in Kew Gardens oder an sonst einem dieser Orte. Sie interessieren mich nicht. Und warum hätte ich ihn überhaupt töten sollen? Ich habe ja gar kein Motiv.«
»Das weià ich nicht, aber das ist etwas, was die Polizei im Moment zu ergründen sucht. Ebenso wie die Journalisten.«
»Die Zeitungen schreiben über mich?«, fragte Gareth, Tränen in den Augen. Im Gefängnis hatte er keinen Zugang zu Zeitungen, obwohl er täglich darum bat.
»Was denn sonst«, sagte Montignac und lachte leise, als seien die Zeitungsberichte das Natürlichste der Welt. »Vergessen Sie nicht, wer Ihr Vater ist. Und dass er vor einigen Monaten diesen Domson verurteilt hat, obwohl jedermann annahm, er käme dank seiner Beziehungen frei. Seinerzeit erklärte Ihr Vater, Gesetz sei Gesetz. Jetzt wird ihn dieser Spruch verfolgen, man wird ihm seine eigenen Worte unter die Nase reiben. Es heiÃt, nur weil sein eigener Sohn im Gefängnis sitze, könne er nicht anderen Sinnes werden und â«
»Aber ich habe es nicht getan«, unterbrach Gareth ihn.
»Gareth, bitte. Sie wurden neben Raymonds Leiche entdeckt, waren blutverschmiert und allein in der Wohnung. Auf dem Kerzenständer sind Ihre Fingerabdrücke. Alles spricht gegen Sie.«
»Wenn
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