Das Vermächtnis der Montignacs
Partner, Lord Keaton, im Griff. Dennoch wäre es besser, mit ihm zu reden, um sicherzugehen, dass nichts schieflief.
4
Sir Quentin Lawrence war ein mürrischer, aber im Grunde recht liebenswerter Mensch Anfang sechzig, der sein Leben der Jurisprudenz gewidmet hatte. Um jede Ablenkung zu vermeiden, hatte er weder geheiratet noch Kinder in die Welt gesetzt und war bereits im Alter von dreiunddreiÃig Jahren Kronanwalt geworden. Aus unerklärlichen Gründen waren diesem vielversprechenden Auftakt jedoch nur wenige berufliche Triumphe gefolgt. Stattdessen war er in durchschnittlichen Strafprozessen aufgetreten und hatte auf den Fall gewartet, der seinen Namen bekannt machen würde.
Vor fünfzehn Jahren hatte Roderick Bentley ihn im Kampf um die Leitung der Kanzlei Rice geschlagen. Das hatte Sir Quentin ihm noch immer nicht ganz verziehen. Dabei war er damals gegen einen anderen Kandidaten angetreten, und Roderick Bentley war von den Partnern als Kompromisslösung gewählt worden, doch Sir Quentin hatte ein Gefühl der Bitterkeit zurückbehalten. Als Roderick ihn vor einigen Monaten gebeten hatte, seinen Sohn Gareth als Referendar anzunehmen, was das Schicksal verhindert hatte, war es ihm wie eine längst überfällige Entschuldigung erschienen. Jetzt, im Wohnzimmer des Hauses am Tavistock Square, musste er daran denken, wie anders alles gekommen wäre, hätte Gareth den Rat seines Vater befolgt und sich mit ihm, Lawrence Quentin, zu dem Betrugsverfahren in Newcastle aufgemacht.
»Danke«, sagte er, als Jane ihm eine Tasse Tee reichte, ehe sie sich auf dem Sofa gegenüber neben Roderick niederlieÃ.
»Wir müssen uns bei Ihnen bedanken«, entgegnete Jane unterwürfig. »Als Roderick mir gesagt hat, dass Sie bereit sind, Gareth zu vertreten, ist uns beiden ein Stein vom Herzen gefallen.«
»Ach wirklich?«, fragte Sir Quentin, der nach Komplimenten gierte. »Wie schmeichelhaft.«
»Ja, Roderick hat von jeher betont, dass Sie ein brillanter Anwalt sind. Ihr Name war mit so vielen berühmten Fällen verbunden.«
»Womit wir bei unserer unerfreulichen Geschichte wären.« Sir Quentin stellte seine Tasse auf den Couchtisch und zog Block und Stift aus seiner Aktentasche hervor. »Die Zeitungen veranstalten schon ein ziemliches Theater.«
»Diese Schweine«, sagte Roderick grimmig. Er wurde nur selten ausfällig, doch seit der jüngsten Pressekampagne gegen seine Familie fiel es ihm zunehmend schwer, Haltung zu bewahren. »Ich dachte, nach dem Fall Domson hätte ich diesen Ãrger hinter mir â Reporter, die vor dem Haus campieren und einen anschreien, wenn man zur Arbeit geht. Die Nachbarn sind kurz davor, auf die Barrikaden zu steigen. Wieder einmal.«
»Tatsächlich?«, fragte Sir Quentin. Die Berühmtheit, die Roderick dank seiner Fälle erlangt hatte, machte ihn eher neidisch als mitleidig. »Als ich hier ankam, habe ich weder Reporter noch Fotografen entdeckt.«
»Sie scheinen uns einen Tag freizugeben«, sagte Jane. »Wahrscheinlich finden sie sich später wieder ein. Würde ich jetzt aus irgendeinem Grund das Haus verlassen, würden sie vermutlich aus den Büschen springen und mich mit Fragen bombardieren. Man könnte meinen, sie kennen meine Gewohnheiten besser als ich.«
»Sie dürfen nie ein Wort sagen«, befahl Sir Quentin streng. »Die Presse wiederholt zwar nie das, was man sagt, aber es ist trotzdem besser, zu schweigen.«
»Das habe ich Jane schon erklärt«, sagte Roderick.
»Dasselbe gilt für Sie.« Sir Quentin deutete mit dem Zeigefinger auf Roderick. »Kein Sterbenswörtchen, ganz gleich, wie sehr es Sie drängt, die Leute zusammenzustauchen und ihnen zu sagen, wohin sie ihre Blöcke und Bleistifte stecken können.«
Roderick wusste selbst, wie man sich der Presse gegenüber verhalten musste, aber wenn er beim Verlassen des Hauses die gebrüllten Kommentare über Gareth hörte, brauchte er alle Kraft, um ruhig zu bleiben.
»Also dann.« Als wäre er selbst Reporter, zückte Sir Quentin seinen Stift. »Wie wäre es, wenn Sie mir zuerst etwas über Gareth erzählen?«
»Das gibt es nur eines zu sagen«, erklärte Jane und versuchte, so bestimmt und unerschütterlich wie nur möglich zu klingen. »Er hat es nicht getan.«
»Sicher.« Sir Quentin lachte auf. »Ich fürchte nur, das
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