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Das Vermächtnis der Montignacs

Das Vermächtnis der Montignacs

Titel: Das Vermächtnis der Montignacs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Boyne
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Margarets Miene sah, wusste sie, dass etwas vorgefallen war.
    Â»Was ist passiert?«, fragte sie, trat auf Margaret zu, sah, wie bleich sie war und dass sie die Hände rang wie immer, wenn sie eine schlechte Nachricht hatte. »Liebe Güte, Margaret, du bist weiß wie die Wand. Was ist denn?«
    Â»Es ist besser, wenn du dich setzt.« Margaret führte Stella zu einem Stuhl.
    Â»Sag es einfach.« Stella umfasste Margarets Hände und wollte keine Sekunde länger im Ungewissen bleiben. »Ihm ist etwas zugestoßen, oder?«
    Margaret nickte langsam. Fast die ganze letzte Stunde hatte sie damit verbracht, sich schonende Worte zurechtzulegen. Es war bereits schlimm genug, jemandem mitteilen zu müssen, dass ein geliebter Mensch gestorben war, und es so bedächtig und behutsam zu formulieren, dass der Empfänger der schrecklichen Nachricht den Eindruck erhielt, es sei ein friedlicher Tod gewesen. Doch für eine Situation wie diese – bei einem Mord – gab es keine schonenden Worte. Es gab nicht einmal passende. Margaret beschloss, zu schweigen und es Stella selbst erraten zu lassen.
    Â»Er ist tot, nicht wahr?«, fragte Stella nach einem Moment, mit steinerner Miene.
    Margaret nickte noch einmal. »Es tut mir so leid, Stella. Ich habe einen Anruf erhalten. Als du weg warst. Er kam von der Polizei. Eine furchtbare Nachricht.«
    Stella wandte den Blick ab und rang nach Luft. Im Kindesalter hatte sie zu Asthmaanfällen geneigt, doch später hatte diese Schwäche sich verloren. Als Stella sechzehn Jahre alt war, hatte Margaret sie zum letzten Mal derart nach Atem ringen sehen, und machte sich Sorgen.
    Â»Versuch, ruhig zu bleiben, Stella«, bat sie und rieb ihr den Rücken. »Atme langsam ein und aus.«
    Stella fiel in sich zusammen und barg ihr Gesicht in den Händen. »Aber wie?«, fragte sie nach einer Weile, zitterte und kämpfte gegen die Tränen an. »Wie ist es passiert?«
    Â»Das weiß man noch nicht genau«, erwiderte Margaret. »Die Polizei konnte mir noch nicht viel erzählen. Wenn ich es dir sage, musst du sehr stark sein, fürchte ich.«
    Stella sah auf. Sie wusste, dass sie es sich noch nicht leisten konnte, zusammenzubrechen. Zuvor musste sie sämtliche Details erfahren. Dann und erst dann würde sie ihr Schicksal beklagen. »Sag es.«
    Â»Es ist Folgendes«, begann Margaret. Für einen Moment wusste sie nicht, wie sie etwas derart Entsetzliches beschreiben sollte. »Ich muss dir sagen, dass er ermordet worden ist.«
    Â»Ermordet?«, fragte Stella keuchend und spürte, wie sich ihr Magen umdrehte. »Wie? Warum? Von wem?«
    Â»Darüber ist die Polizei sich noch nicht im Klaren. Es ist alles noch etwas rätselhaft. Um mehr herauszufinden, müssen wir wahrscheinlich nach London fahren. Die Polizei hat mit Owen gesprochen, Gott sei Dank, und –«
    Â»Was?« Stella hatte ihr Gesicht abgewandt, während sie versuchte, das Gehörte zu verkraften. »Was hast du gerade gesagt?«
    Â»Die Polizei hat Owen kontaktiert. Er hat die Leiche identifiziert und –«
    Â»Er hat –« Stella starrte Margaret an. Ihr schwirrte der Kopf, als ginge es um ein kompliziertes Puzzle, das sie nicht zusammensetzen konnte. »Owen hat die Leiche –« Sie verstummte und dachte nach. »Dann war es also nicht Owen, der –«
    Margaret unterbrach sie. »Offenbar hatte Raymond Owen besuchen wollen, doch er war nicht zu Hause. Er war an dem Abend mit Freunden ausgegangen, und ein Angestellter seiner Galerie hatte in seiner Wohnung übernachtet. Wie es scheint, war der Kerl betrunken, und als Raymond erschien, da –«
    Â»Raymond«, sagte Stella seufzend, schloss die Augen und versuchte, ihre Gedanken in eine andere Richtung zu lenken. »Raymond ist tot«, sagte sie leise.
    Â»Es tut mir so leid, Stella.«
    Später hatten sie die ganze Geschichte erfahren. Owen hatte einen jungen Mann namens Gareth Bentley angestellt, und da er gute Arbeit geleistet hatte, war Owen mit ihm zum Abendessen gegangen. Dabei, so Owen, hatte Gareth sich in Windeseile betrunken. Owen hatte ihm die Schlüssel zu seiner Wohnung am Bedford Square gegeben und ihn mit einem Taxi dorthin geschickt, damit er seinen Rausch ausschlafen konnte. Danach hatte Owen sich mit anderen Freunden in deren Wohnung getroffen und die Nacht dort mit ihnen verbracht. Am nächsten

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