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Das Vermächtnis der Montignacs

Das Vermächtnis der Montignacs

Titel: Das Vermächtnis der Montignacs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Boyne
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Abteil für sich haben würden.
    Er ließ sich ihnen gegenüber nieder, sah die Liverpool Street Station in der Ferne entschwinden und zog die Zeitung aus seiner Reisetasche hervor. Zwei Überschriften fielen ihm auf. Eine, in fetten schwarzen Lettern, lautete:
Richtersohn mit gewalttätiger Vergangenheit
    Er begann, den Bericht zu lesen.
    Wie sich in der gestrigen Gerichtsverhandlung herausstellte, hat Gareth Bentley, der Sohn des ehrwürdigen Obersten Richters Roderick Bentley, bereits in der Vergangenheit gewalttätiges Verhalten gezeigt, das durch unmäßigen Alkoholkonsum hervorgerufen wurde. Bentley steht wegen des Mordes an Raymond Davis, Mitglied der Königlichen Gartenbaugesellschaft, im August dieses Jahres vor Gericht. Mit ausdrucksloser Miene saß er auf der Anklagebank und hörte zu, wie Mr Harkman, als Vertreter der Anklage, Aidan Higgins verhörte, einen früheren Schulfreund des Angeklagten, der seinerzeit bei einem Angriff Bentleys ernstlich verletzt wurde. Higgins sagte aus, dass er zu einer Gruppe von Harrow-Schülern gehört habe, die im Alter von fünfzehn Jahren einen feuchtfröhlichen Abend verbracht hatten, und dass es später zu einem Streit kam, bei dem Bentley ihm mehrfach den Arm gebrochen und die Schulter ausgerenkt habe. Der Staatsanwalt fragte nach, warum Bentley nicht festgenommen worden sei, doch darauf wusste Higgins keine Antwort. Ein anderer Schulfreund, Paul O’Neill, sagte aus, dass Bentley am nächsten Tag behauptet habe, sich an nichts erinnern zu können, und dass der Gewaltausbruch eine Folge seines exzessiven Alkoholkonsums am Vorabend gewesen sei. Staatsanwalt Harkman erklärte dem Gericht, am Abend des Mordes an Raymond Davis sei in einem Lokal namens Bullirag auf der Air Street beobachtet worden, wie Bentley etwa zwölf große Gläser Bier und dazu mehrere Gläser Whisky getrunken habe.
    Danach wurden weitere Einzelheiten der Verhandlung am Nachmittag beschrieben, die Montignac nicht interessierten. Ihm war klar, dass es in Bezug auf Gareths Schuld keine Zweifel mehr gab, woraufhin er sich sagte, dass es besser gewesen wäre, sein Verteidiger hätte ihn überredet, auf schuldig zu plädieren, denn dann gäbe es wenigstens die Chance, dass das Urteil weniger hart ausfallen würde.
    Weiter unten befand sich ein kurzer Artikel mit der Überschrift:
Der Fall Simpson geht weiter
    Noch mehr Tratsch, dachte Montignac und überflog die Zeilen.
    Durch die Londoner Gesellschaft schwirren Gerüchte, dass noch vor Weihnachten mit einer Erklärung über eine mögliche Heirat seiner Majestät, König Edward VIII., und Mrs Wallis Simpson, einer geschiedenen Amerikanerin, zu rechnen sei. Obwohl es in der Öffentlichkeit Stimmen gibt, die sich für die Verbindung der beiden aussprechen, heißt es, dass Premierminister Baldwin entschlossen dagegen votiert und ein Komitee aus führenden Mitgliedern der Justiz ermächtigt hat, die jeweiligen Standpunkte zu diskutieren und über ihre Gesetzmäßigkeit zu entscheiden.
    Â»Entschuldigung«, sagte eine Stimme. Montignac sah auf. Es war die junge Frau ihm gegenüber, die ihn angesprochen hatte. Er musterte sie und schätzte sie auf nicht älter als zwanzig Jahre. »Steht da vielleicht etwas über den König?«, fragte sie.
    Â»Ja, das habe ich gerade gelesen«, entgegnete Montignac.
    Â»Und was steht da?«, fragte sie begierig. »Man kommt ja kaum an Informationen heran, dabei ist es doch so faszinierend. Im Radio wird überhaupt nicht darüber gesprochen.«
    Montignac las den Artikel vor. Wie gebannt hörten die beiden ihm zu und schüttelten die Köpfe.
    Â»Richtig ist das ja nicht, oder?«, fragte sie, als er geendet hatte. »Der König, der hinter einer Hure her ist. Man darf gar nicht daran denken.«
    Â»Wir haben gestern erst geheiratet«, erklärte der junge Mann und hob die Hand seiner Frau hoch, um zur Bestätigung ihrer legitimen Verbindung ihren Ehering vorzuzeigen. Montignac wusste nicht, ob er schon jemals einen dermaßen winzigen Brillanten gesehen hatte, falls es überhaupt einer war. »Soll er doch tun, was ihm gefällt. Ich begreife gar nicht, weshalb Jenny so dagegen ist. Warum dem Mann nicht auch ein bisschen Glück gönnen? Das ist jedenfalls meine Meinung.«
    Â»O nein, Jack, der Ansicht bin ich nicht«, sagte Jenny. »Es gibt ja wohl genügend

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