Das Vermächtnis der Montignacs
ein Entschuldigungsschreiben seines Onkels, verlieà die Schule über ein Wochenende und traf sich mit Stella, die ebenfalls die Schule schwänzte. Den Samstag verbrachten sie in Brighton am Strand und verkrochen sich in Höhlen, wo sie sich heimlich liebten. Sie waren voneinander bezaubert, genossen die körperliche Beziehung und die Lust auf den anderen. Morgens wurde Montignac in der Gewissheit wach, dass Stella das Einzige auf der Welt war, das seinem Leben Bedeutung verlieh. Er liebte sie leidenschaftlich, eine Liebe, die ihn innerlich schwächte und ihn elektrisierte, wenn sie einen Raum betrat. Er wollte sie immerzu anschauen, ihre Anwesenheit spüren, die Aufregung, wenn sie sich zu ihm umwandte und lächelte oder ihn an sich zog und küsste.
Sie sagte, sie sei von ihm betört, ein Wort, das in seiner Seele vibrierte und das sie einander über ein Jahr lang sagten. Es war das einzige Wort, mit dem sie ihre Beziehung beschrieben. Betört. Immerzu betört.
»Natürlich dachten alle, wir wären verrückt, so früh zu heiraten«, sagte Jenny.
»Wir kennen uns erst seit ein paar Monaten«, ergänzte Jack.
»Aber wir haben uns gesagt, wenn man den richtigen Menschen getroffen hat, dann weià man es. Dann weià man, dass kein anderer an ihn heranreichen kann. Weshalb also noch weitersuchen. Sind Sie verheiratet, Mr â«
»Montignac. Ja«, fügte er hinzu, »das bin ich.«
»Ach, wie schön. Seit wann?«
»Schon seit etlichen Jahren.«
»Und wie heiÃt sie?«
»Stella.«
»Ein vornehmer Name«, bemerkte Jenny. »Wo ist sie denn? Reist sie nicht mit Ihnen?«
»Nein, aber ich bin auf dem Weg zu ihr nach Hause«, antwortete Montignac und fragte sich, ob es überhaupt noch sein Zuhause war. Um Jenny von weiteren Nachfragen abzuhalten, schaute er aus dem Fenster und wünschte, er hätte sich ein anderes Abteil ausgesucht. Die beiden jungen Leute waren auch voneinander betört, wohingegen ihn der Gedanke quälte, dass er die einzige Frau verloren hatte, die er jemals geliebt hatte und immer lieben würde.
Natürlich hatte er damals gewusst, dass ihre Beziehung keine Chance hatte. Doch dass sie auf eine solch dramatische Weise endete, machte die Erinnerung daran noch schmerzhafter. Zuerst jener schreckliche Morgen, der schlimmste seines Lebens â er musste die Augen schlieÃen, um gegen die Flut der Erinnerungen anzukämpfen â als Andrew â Andrew â¦
Er schüttelte den Kopf, um die Bilder loszuwerden. Er hatte in seinem Leben einige unschöne Dinge getan, aber daran zu denken war nicht gestattet. Wie er vor Jahren erkannt hatte, schadeten solche Gedanken seiner seelischen Gesundheit.
Und dann, ein oder zwei Monate später, hatte Stella ihm die entsetzliche Wahrheit anvertraut, und sie hatten nicht gewusst, was sie tun sollten, hatten weder einen Ort noch einen Menschen, zu dem sie Zuflucht nehmen konnten. SchlieÃlich ging Stella das Wagnis ein, bat Margaret Richmond in ihr Zimmer und gestand ihr alles, nahezu hysterisch vor Panik. Margaret saà da und wurde im Verlauf der Beichte blasser und blasser. Sie bekannten, was sie getan hatten, was sie nie hätten tun dürfen und was daraus entstanden war.
Margaret war schockiert, wie auch nicht? Ihr fehlten die Worte. Sie stand auf und begann, im Zimmer auf und ab zu laufen, angewidert und fassungslos zugleich. Nach einer Weile ging sie ins Bad und benetzte ihr Gesicht mit Wasser. Doch zu guter Letzt willigte sie ein, ihnen zu helfen, den Kindern, die sie nie gehabt hatte. Margaret war diejenige, die bei Peter und Ann Montignac die ersten Zweifel über die Schule weckte, die Stella seinerzeit besuchte, und die als Erste auf das Internat in der Schweiz zu sprechen kam. Sie nannte die Namen der aristokratischen Familien, die ihre Töchter dorthin geschickt hatten. Das gab den Ausschlag, damit hatte sie Stellas Eltern überzeugt. Wenig später, ehe man etwas sehen konnte, verlieà Stella Leyville und kehrte erst nach zwei Jahren wieder zurück.
Sie reiste ab, ohne sich von Montignac verabschiedet zu haben, hatte ihm nicht einmal gesagt, dass sie fortgehen würde. Wie üblich war es an Margaret, ihm die Einzelheiten schonend beizubringen: Dass Stella in der Schweiz gut aufgehoben sei und dort eine Zeit lang bleibe, bis das Problem aus der Welt sei; dass es kein Kind gäbe und er die Sache
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