Das Vermächtnis der Montignacs
»Was kann ich für Sie tun? Vermutlich sind Sie nicht hergekommen, um sich meine Probleme anzuhören.«
»In gewisser Weise schon«, erwiderte Keaton. »Allerdings wollte ich auch über diese andere Sache reden.«
»Ãber den König?«
»Ãber genau den.«
»Aber das ist doch erst in ein paar Tagen, oder? Ich meine, unsere Sitzung steht doch noch bevor.« Roderick blätterte in seinem Kalender.
»Ja, aber ich dachte, es könnte sich lohnen, wenn wir vorher ein wenig plaudern. Mir scheint, wir beide sind die Standartenführer zweier Armeen, von denen die eine links und die andere rechts steht.«
»Sagen wir lieber, der eine von uns steht hinter dem König und der andere hinter York.«
»Genau. Und Monckton ist eindeutig auf der Seite des Königs, die beiden sind unzertrennlich. Altringham dagegen steht meiner Position näher. Hailsham wird seine Stimme nur bei einem Patt zwischen den beiden Parteien abgeben und für den König plädieren. Was bedeutet, dass Sie die entscheidende Stimme haben. Die wichtigste Stimme von allen, könnte man sagen.«
»Daran kann ich wenig ändern«, entgegnete Roderick und runzelte die Stirn. »Ich habe mir alles noch einmal durch den Kopf gehen lassen und bin zu dem Schluss gekommen, dass ich ebenso unverrückbar für den König bin, wie Sie gegen ihn sind, und ich glaube nicht, dass ich mich umstimmen lassen werde.«
»Wirklich nicht?«
»Nein. Sicher, Ihre Argumente neulich waren eindrucksvoll, die Bilder zweier Armeen, die sich wie in alten Zeiten auf dem Schlachtfeld begegnen, aber irgendwie kann ich mir das nicht vorstellen. Unsere Welt ist nicht mehr die des vierzehnten oder fünfzehnten Jahrhunderts. Ein parlamentarisches Gesetz würde festlegen, wer der rechtmäÃige Erbe ist, und die Sache wäre erledigt. Es würde nicht zum Bürgerkrieg kommen. Schauen Sie sich doch nur um. Glauben Sie tatsächlich, die Leute würden einem Waffenaufruf folgen und gegeneinander kämpfen? So selbstlos ist das Volk heute nicht mehr.«
Keaton lächelte. »Da bin ich anderer Ansicht. Aber wie Sie schon sagten, würde es dazu nicht mehr zu unseren Lebzeiten kommen. Folglich bleibt die Frage, wer dem britischen Volk heutzutage am besten dient. Ein verschwenderischer Lebemann, der nur an sein Vergnügen denkt und die gesamte Zukunft unseres Empire gefährdet, oder â«
»Keaton, Sie gehen zu weit.«
»Oder ein ruhiger, anständiger Mann der Familie, der bereits zwei Erben hat und die Pflicht ausnahmslos vor sein â persönliches Vergnügen stellt?«
»König bleibt König«, sagte Roderick gereizt und spürte, wie sein Unmut stieg, da Keaton ihn zu dieser Diskussion zwang, während Gareth vor Gericht stand. »Wir haben kein Recht, ihn zu entthronen. Sie sagen, meine Stimme sei ausschlaggebend, und bürden mir damit die Verantwortung für sein Schicksal auf. Ebenso könnte ich sagen, Ihre Stimme sei ausschlaggebend, und Sie bitten, auf meine Seite zu wechseln.«
»Das ist unmöglich.« Keaton lachte.
»Für mich ist es ebenfalls unmöglich, meine Meinung zu ändern«, erklärte Roderick abschlieÃend. »Ich stehe nach wie vor hinter ihm. Nicht, weil ich diese Ehe gutheiÃe, denn das tue ich nicht. Ich kenne diese Frau zwar nicht, aber ich halte nichts von ihr. Doch mein vorherrschendes Gefühl ist, dass es mich nichts angeht. Wer bin ich denn, dass ich jemandem vorschreibe, in wen er sich verlieben darf und in wen nicht. Deshalb werde ich für ihn stimmen. Tut mir leid, Keaton, aber das ist mein letztes Wort.«
Keaton schürzte die Lippen. Er hatte gehofft, er könnte Bentley umstimmen, doch offenbar stand dessen Meinung ebenso fest wie seine eigene. Daher blieb ihm nichts anderes übrig, als die Karten offen auf den Tisch legen.
»Na schön«, begann er, »offen gestanden überrascht es mich ein wenig, dass sie ihn unterstützen. Immerhin haben Sie seinen Cousin noch vor wenigen Monaten an den Galgen gebracht.«
»Henry Domson war sein Cousin dritten Grades«, korrigierte Roderick ihn verbissen. »Das kann man wohl kaum als enge Verwandtschaft bezeichnen.«
»Sicher nicht, trotzdem hat mich Ihre Entscheidung seinerzeit beeindruckt.«
»Tatsächlich?«
»Natürlich« antwortete Keaton aufrichtig, »ich habe die Verhandlung ziemlich
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